Gastbeitrag von
Hansjörg Rehbein
Was braucht es, um den Kindern eine gute Erzieherin oder Erzieher zu sein? Empathie, Flexibilität und Leidenschaft. Was ist am allerwichtigsten neben der fachlichen Kompetenz? „Die Empathie für die Kinder“, nennen alle neun Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Gesprächsrunde zum Thema „Kindestagesstätten in Bad Kreuznach“ aus Anlass des Jubiläums „100 Jahre Jugendamt“. Der Kreis ist bunt gemischt: eine Kita-Köchin, zwei Leitungen von Kitas, zwei Kita-Sozialarbeiterinnen, zwei Erzieherinnen mit der Zusatzqualifikation „Fachkraft für Kinderperspektiven“, eine Mitarbeiterin aus der Kita-Verwaltung und der Leiter der Abteilung Kindertagesstätten Nils Wachner.
Weitere Stichworte, die in dem Gespräch fallen sind Offenheit, Flexibilität, gutes Zeitmanagement und sogar Leidenschaft, wenn es darum geht, die Interessen der Kinder im Kreis der Kolleginnen und Kollegen zu vertreten. Das ist die Aufgabe für die Fachkräfte mit Blick auf die Kinderperspektiven (FaKiP). Die Spielregeln einer Demokratie, indem man über Wünsche für einen Ausflug oder einen Spielnachmittag abstimmen lässt, werden geübt, ebenso das Verhalten bei einem Streit.
Das Essen muss nicht nur schmecken, sondern auch gesund sein. Das ist in den Kita-Küchen, in denen frisch für die Kinder gekocht wird, kein Widerspruch. Auch die Qualität des Essens, das von Cateringbetrieben geliefert wird, ist gut. Der Wochenplan sieht einmal Fisch, einmal Fleisch und viel Gemüse vor. Gerichte wie Linsen-Bolognese kommen bei den Kindern gut an. Zum Frühstück gibt es z.B. türkische Speisen wie Sucuk mit Simit oder schwedisches Knäckebroten. Die Kinder lernen rund um das Essen auch etwas über die Nachhaltigkeit und über den Wert der Lebensmittel, die häufig regional produziert sind. Wünsche der Kinder nach den beliebten Nudelgerichten werden natürlich auch berücksichtigt.
Mit einem Oktopus, der mit seinen Tentakeln überall sein muss, oder mit einem Feuerwehrmann, der da hilft wo es „brennt“, vergleichen die beiden Leitungen der Kitas ihre Aufgabe. Jeden Tag aufs Neue gilt es den Alltag mit Kindern, Eltern, Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, und der Verwaltung zu gestalten. Für alle jene sind sie stets verlässliche Ansprechpartner. Vor allem die Personalführung in Einrichtungen mit teilweise bis zu 35 Mitarbeitenden gestaltet sich als große Herausforderung, die von den Einrichtungsleitungen jedoch gerne angenommen wird. Mit ihren Sorgen wenden sich auch Eltern an die Buchhaltung, die für alle 19 Kitas zuständig ist.
Dort werden unter anderem die Kita- und Essensbeiträge berechnet, Anträge auf Übernahme der Kosten bearbeitet und die Rechnungen der Kitas angewiesen. Da geht es nicht nur um die Zahlen, sondern auch um die Menschen, die dahinterstehen. Durch die Einführung des neuen Kita-Gesetzes verfügen die rheinland-pfälzischen Jugendämter über die Möglichkeit, Kita-Sozialarbeit in einzelnen Einrichtungen zu etablieren. Dabei besteht die Besonderheit in Bad Kreuznach darin, dass die Kita-Sozialarbeit direkt in den einzelnen Kitas verortet wird und jede Kita-Sozialarbeiterin für eine Kita zuständig ist. Die konkrete Aufgabe der Kita-Sozialarbeit besteht unter anderem in der Beratung der Familien bei Erziehungsfragen.
Und in der Begleitung und Anbindung zu anderen Institutionen und der Unterstützung bei Anträgen. Der Schwerpunkt der Kita-Sozialarbeit, die ein freiwilliges und Kita-ergänzendes Angebot darstellt, liegt auf der Elternarbeit. Neben der Beratung und Unterstützung der Familien und des pädagogischen Fachpersonals bei Fragen zu einzelnen Kindern, können auch Elterncafés, Familienwanderungen oder Eltern-Kind-Angebote für die einzelne Kita oder in Kooperation mit anderen Kitas im Sozialraum zur Vernetzung und zum Kennenlernen der Familien untereinander, angeboten werden. Gestik, Mimik und Gebärden – alle möglichen Kommunikationsmittel werden im Umgang mit Kindern aus anderen Ländern und Kulturen eingesetzt.
Vielfach hilft, dass wegen der multikulturellen Herkunft der Erzieherinnen und Erziehern Mehrsprachigkeit schon Alltag ist. In nahezu allen Kitas werden Kinder aus mehr als 20 Nationen betreut. Spitzenreiter sind 26 Nationen in einer Kita. Die Sprachförderung findet in den Kindertagesstätten alltagsintegriert statt, sodass alle Kinder von zum Teil extra dafür ausgebildeten Fachkräften dort abgeholt werden, wo sie geradestehen. Fachkräftemangel oder stark belastetes Personal, immer höhere Anforderungen, sind Herausforderungen mit denen nahezu alle Kitas in Deutschland zu kämpfen haben. Hinzu kommt eine große Erwartungshaltung der Eltern. Der Kontakt mit den Eltern, sei es direkt oder über den Elternausschuss oder den Kita-Beirat, ist von großer Bedeutung und beansprucht daher auch viel Zeit.
„Im Vergleich zu einigen anderen Kommunen in Rheinland-Pfalz sind wir gut aufgestellt“, sagt Nils Wachner, Leiter der Abteilung Kindertagesstätten. Die Warteliste für Kindergartenplätze ist gut gefüllt. Ziel ist, in Bad Kreuznach zwei weitere Einrichtungen zu bauen. Aktuell sind es 19 städtische Kitas mit rund 1600 Kindern. Hinzu kommen 13 weitere Kitas in freier oder kirchlicher Trägerschaft. „Wir nutzen alle Möglichkeiten der Fachkräfte-Kampagne des Landes, sei es als Materialauslage in den Kitas, bei unseren Besuchen der weiterführenden Schulen / den Berufsinformationsmessen oder dem Kita-Finder.
Wir möchten die jungen Leute bereits in der Schulzeit für die Arbeit in den Kitas begeistern, damit wir sie später zu Fachkräften selbst ausbilden und eine langfristige Perspektive bei uns anbieten können.“ Aktuell sind es 65 Azubis in den Kitas der Stadt. Nils Wachner schätzt seine abwechslungsreiche Arbeit. „Der wichtigste Aspekt der Arbeit für die Kindertagesstätten der Stadt Bad Kreuznach ist das Interesse am Gegenüber und der Respekt vor den Menschen; mit einer positiven Grundeinstellung zugunsten aller Beteiligten lassen sich die vielfältigen Aufgaben rund um die Kitas gemeinsam gut bewerkstelligen.
Autor und Fotograf Hansjörg Rehbein ist beim Hauptamt der Stadtverwaltung Bad Kreuznach beschäftigt