CDU schmückt sich mit fremden Federn

Beobachtet und kommentiert von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Als Dr. Herbert Drumm MdL Anfang diesen Monats per Presseerklärung den neuen Kreisvorstand der Freien Wähler vorstellte, da schauten alle gebannt auf Wolfgang Kleudgen (diese Seite berichtete). Der hatte sein politisches Interesse schon als Jugendlicher entdeckt. Und gehörte jahrelang dem von mir persönlich geführten Stadtverband der Jungen Union (JU) Bad Kreuznach an. Anders als bei den Jusos (Jungsozialisten in der SPD), zu denen er dann wechselte, musste man als JU-Mitglied nicht gleichzeitig auch in der CDU sein. Dieser Wechsel von der JU zur SPD war, wie wir heute wissen, nur der erste von vielen parteipolitischen Brüchen des politischen Freigeistes.

Dr. Herbert Drumm präsentierte vor vier Wochen spektakuläre Neuzugänge: Wolfgang Kleudgen (links), Reinhold Merten (zweiter von rechts) und Heinz-Jürgen Braun (rechts) .

In der SPD blieb er zwar lange Jahre. Aber nur, um von dort zur Linkspartei zu wechseln. Für die errang er dann ein Stadtratsmandat. Um sich nicht sehr lange danach in der Kommunalwahlperiode 2014 bis 2019 von seinem Fraktionskollegen Jürgen Locher zu trennen. Und sich der damals von Werner Klopfer geführten CDU-Stadtratsfraktion anzuschliessen. Die favorisierte bei der Stadt-Beigeordnetenwahl 2018 dann allerdings Markus Schlosser. Was Wolfgang Kleudgen durchaus als Mißtrauenserklärung verstehen durfte. Weshalb er sich unter erneuter Mitnahme des Mandates und des wichtigen Platzes im Finanzausschuss der von Karl-Heinz Delaveaux geführten FWG anschloss.

(Screen vom 28.10.2023)

Kleudgen und Delaveaux hatten dann zwar ein inhaltlich beispiellos erfolgreiches gemeinsames Jahr im Stadtrat (u.a. begrenzte der von der FWG eingebrachte Antrag zum Tourismusbeitrag diesen auf das Jahr 2017). Aber bei der Kommunalwahl am 26. Mai 2019 sprang nur ein Stadtratsmandat für die FWG heraus. Das gewann Karl-Heinz Delaveaux. Und Wolfgang Kleudgen konzentrierte sich fortan auf seine Tätigkeit als Lehrer. Bis vor einigen Wochen dann wieder das kommunalpolitische Interesse entflammte. Und er seinen Austritt aus der FWG und den Eintritt in die Freien Wähler (FW) erklärte. Dort reüssierte er gleich erst mal als stellvertretender Kreisvorsitzender.

Aus dem CDU-Kreisverband, dem er jahrzehntelang angehörte, ist Heinz-Jürgen Braun schon seit Monaten ausgetreten. Nicht einmal seine Wahl in den Kreisvorstand der Freien Wähler veranlasste die CDU, ihn auf ihrer Funktionärsliste zu streichen (Screen vom 28.10.2023).

Soweit der Prolog. Der – auch für viele Mandatsträger*Innen – deutlich macht, wieso der Austritt bei den Linken und der Eintritt bei der CDU gar nicht soooo unverständlich waren, wie es damals schien. Warum ich das berichte? Weil t-s-n viele Leser*Innen hat, die sich aufgrund unserer Inhalte erstmals mit Kommunalpolitik beschäftigen. Und für die diese Irrungen und Wirrungen von Interesse sind. Zumal dann, wenn man in diesem Zusammenhang auch noch Zaubertricks erklären kann. Wenn Sie sich jetzt fragen, was hat Zauberei mit Kommunalpolitik zu tun – sehr viel. Einer der an seiner Leistung gemessen großen Bad Kreuznacher Oberbürgermeister hat das schon sehr früh erkannt.

Mit Zylinder und Zauberstab hatte Rolf Ebbeke mehr Tricks drauf, als als Vorsitzender des Finanzausschusses. Eine seiner magischen Stärken: er wusste um die Möglichkeiten, die sich aus der Rolle einer bedacht ausgewählten Assistentin ergeben. Um den Ablenkungseffekt, den diese Person bewirken kann. Und hinter dem dann einiges möglich ist, was vom Publikum nicht wahrgenommen wird. Dr. Herbert Drumm hat sich in seiner politischen Vergangenheit nicht als Zauberer hervorgetan. Aber der Ablenkungstrick ist ihm gelungen. Bei seiner Vorstellung des neuen Kreisvorstandes schauten alle auf Wolfgang Kleudgen. Heinz-Jürgen Braun aus Norheim wurde so übersehen.

Der war über Jahrzehnte im Vorstand und Vorsitzender des Kreisverbandes des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) der CDU. Und gab sein christdemokratisches Parteibuch im Sommer diesen Jahres zurück. Um sich den Freien Wählern anzuschliessen. Das hindert weder den CDU-Stadtverband noch die CDU-Kreispartei daran, Heinz-Jürgen Braun auf ihren Internetseiten weiterhin als einen der ihren zu präsentieren. Für die Wähler*Innen ergeben sich daraus zwei Fragen: 1. Was ist das für ein Saftladen, der am 28.10.2023 eine bereits vier Wochen zuvor öffentlich als Vorstandsmitglied der Konkurrenzpartei gewählte Person als eigenen Funktionär wahrheitswidrig vorstellt? Und was ist von inhaltlichen Zusagen der CDU zu halten, wenn die nicht einmal das Eingemachte auf die Reihe bekommen?