Leserbrief des Dr. Andreas Popp zum Rathauskauf

Leserbrief von
Dr. Andreas Popp

Wozu brauchen wir ein neues Rathaus? Es war einmal vor vielen Jahren, da beschloß der Rat der Stadt, dass man unbedingt ein neues, großes und schönes Rathaus bräuchte, eines, wo alle Mitarbeiter reinpassen. Damals hat man noch Sch0riftstücke auf einer sog Schreibmaschine geschrieben, sie in einen Aktenordner eingeheftet, und hat den dann z B von Zimmer 215 eine Stockwerk höher ins Zimmer 345 getragen. Was aber nun, wenn 345 drei Kilometer entfernt ist und es regnet? Siehste, deshalb die Idee mit dem großen Rathaus, wo alle reinpassen und man nur eine Treppe höher gehen muss. Man nannte diese Zeit die „analoge“ Zeit.

Heute ist die digitale Zeit. Da gibt es diese Computer, es gibt Videokonferenzen und man verschickt Nachrichten nicht nur ins drei Kilometer entfernte Zimmer 345, sondern um die ganze Welt. Und zwar ratzfatz! Echt jetzt. Warum also ein schönes neues Rathaus? Kostet nur Geld,was die Stadt, wie man weiß, nicht hat. Könnte man sagen. Wie es der Zufall nun aber will, hat da die Sparkasse gerade eine passende Immobilie zur Hand, mit der sie sonst nichts Rechtes anzufangen weiß. Potzblitz, jubelt da der Stadtrat, und bittet den Kämmerer um die Rechnung. Der macht das auch sehr schön, pendelt bei zunehmendem Mond die Fördergelder aus, und man einigt sich auf 15 Mio plus ein paar das Stadtbild prägender Gebäude.

Die diese Sparkasse schweren Herzens übernimmt, und für deren Verwendung sie sich was einfallen lassen muß. „Ach, das kriegen wir schon hin“, sagt man sich, „denken wir doch z B an dieses Diebold-Haus “. Kein Problem also, und hoch die Tassen. Im selben Atemzug klärt uns nun der neue OB über den Sinn der Aktion auf:“ Wir wollen den Bürgerinnen und Bürgern eine zentrale Anlaufstelle bieten, und auch für unsere Mitarbeiter eine gute Arbeitsumgebung schaffen.“ Wir können nun also im Einwohnermeldeamt eine Nummer ziehen und während der Wartezeit kurz auf dem Bauamt vorbeischauen. Und die MitarbeiterInnen kommen endlich aus ihren ungeheizten Rattenlöchern raus. Außerdem ist Weihnachten.