Kindeswohlgefährdung: 4 Kinder auf eigenen Wunsch in Obhut genommen

In den rund 25 Jahren beim Jugendamt hat Ingrid Pfeifer-Hoecker das nach eigenen Angaben noch nicht erlebt. In der ersten Juniwoche mußte die für Kindeswohlgefährdungen zuständige Abteilungsleiterin fünf Inobhutnahmen vornehmen. Darunter ein Baby und vier Kinder zwischen 11 und 16 Jahren. Letzte auf eigenen Wunsch. “Ich brauche eine Pause von zuhause”, habe ein Kind als Begründung angegeben. Im ganzen Jahr 2019 habe es 172 beim Stadtjugendamt bekannt gewordene Kindeswohlgefährdungen gegeben. Davon mußten Kinder in 20 Fällen in Obhut der Behörde genommen werden, um sie vor den eigenen Familien zu schützen.

Und in 12 Fällen handelte es sich um Babyschutzmaßnahmen. Statistisch kommen, so Pfeifer-Hoecker gestern Abend vor dem städtischen Jugendhilfeausschuß, in Bad Kreuznach auf 500 Geburten etwa 28 gefährdete Babys. Während der Coronakrise habe es keinen Anstieg der Kindeswohlgefährdungen gegeben. Davon müsse das Jugendamt durchschnittlich zwei bis drei pro Woche bearbeiten – ein vergleichsweise hoher Wert. Den veraltungsinternen Aufwand bei den Kindeswohlgefährdungen beschrieb Ingrid Pfeifer-Hoecker als erheblich. Die Prüfung der Sachlage und die Entscheidung erfolge in einem Dreierteam. Die Inobhutnahmen selbst würden dann jeweils von zwei Mitarbeitenden durchgeführt: “es braucht schon sehr viel Zeit, um das Abzuarbeiten”.

300 Verfahren wegen Corona-Verstössen

Bezüglich der praktischen Umsetzung von Umgangsrechten getrennt lebender Eltern gab es in den ersten Tagen und Wochen der Coronazeit eine große Verunsicherung”. Erziehungsberechtigte, die den anderen Elternteil schon vor Corona ohnehin nur ungern einbeziehen wollten, nutzten das Virus, um noch stärker Abzublocken. Tatsächliche Beschränkungen habe es bei Kontakten der leiblichen Eltern mit in Pflegefamilien untergebrachten Kindern gegeben. Mehrarbeit bereiteten rund 300 Fälle, in denen Kinder oder Jugendliche gegen Coronaschutzauflagen verstoßen hatten. In diesen Fällen leiteten die Kontrollkräfte Strafvefahren ein, in denen die früher so genannte “Jugendgerichtshilfe” des Jugendamtes tätig werden mußte.