Von unserem Redakteur
Claus Jotzo
Der Schaden ist unstrittig. Er beträgt über 50.000 Euro. Das hat die Gewobau selbst dem Landesrechnungshof schriftlich dargelegt. Und auch die Schuldige steht in den Augen der Gewobau fest. Es ist die “Hauptgesellschafterin”. Also die Stadt Bad Kreuznach. Die habe versäumt die Gewobau “rechtzeitig über das anhängige Verfahren zu informieren”. Dort verantwortlich: Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer.
Gewobau nicht informiert
Es ging um einen letztlich erfolgreichen Normenkontrollantrag gegen den Bebaungsplan “In den Weingärten”. In dessen Unkenntnis verkaufte die Gewobau 2015 rund 16.000 m² Bauland an einen Immobilienentwickler. Damit sollte “der Gebietsentwicklung des 2. Bauabschnitts “In den Weingärten” neuen Schwung verliehen” werden. Die “ganz erheblichen Kosten” seien im Nachgang zu diesem Vertrag angefallen.
Eigenschadenversicherung eingeschaltet?
Allein die Kosten für Änderungsverträge mit dem Investor lägen bei über 50.000 Euro netto, teilte die Gewobau den Prüfern mit. Unzufrieden ist der LRH damit, dass er keinen Beleg dafür finden konnte, dass die Gewobau “gegebenenfalls erwachsene Ersatzansprüche geprüft und geltend gemacht” hat. Gegen die Stadt. Die Prüfer weisen darauf hin, dass “für fehlerhaftes Verwaltungshandeln von kommunalen Vertretern und Mitarbeitern bei Kommunen und kommunalen Unternehmen regelmäßig Versicherungsschutz (z. B. Eigenschadenversicherung)” besteht.
LRH regt Prüfung an
Dazu müßte es allerdings zu der vom LRH angeregten Prüfung kommen. Diese Frage richtet sich an Dr. Heike Kaster-Meurer. Sie stünde aufgrund ihrer Ämterfülle im Fokus der Ermittlungen. Zum einen ist sie Aufsichtsratsvorsitzende der Gewobau. Und ist schon daher in Grundstücksgeschäfte informativ eingebunden, auch wenn Sie persönlich nichts unterschreibt. Verantwortung trägt Dr. Kaster-Meurer aber auch als Baudezernentin. Im Planungsamt wurde der vor dem OVG angegriffene Bebauungsplan verwaltet.
Dr. Kaster-Meurers Ämterfülle
Als Oberbürgermeisterin ist Dr. Kaster-Meurer zusätzlich Vorsitzende des Stadtrechtsausschusses. Und sie ist für das Rechtsamt verantwortlich, das für die Stadt vor den Verwaltungsgerichten auftritt (siehe Auszug aus dem Dezernatsverteilungsplan). Sowohl wegen ihrer Zuständigkeit fürs Planungs- als auch für das Rechtsamt ist Dr. Kaster-Meurer über Normenkontrollanträge gegen Bebauungspläne aus erster Hand infomiert. Und als Oberbürgermeisterin hat sie persönlich die Organisationsgewalt.
Wissen nicht weitergegeben
Die Frage, warum hat sie ihr Wissen um den Normenkontrollantrag der Gewobau-Geschäftsführung vorenthalten hat, liegt auf dem Tisch. Und natürlich die zweite, warum Sie als langjährige Oberbürgermeisterin nicht durch Dienstananweisung sichergestellt hat, dass städtische Gesellschaften mindestens über die unstrittig öffentlichen Sachverhalte (zu denen Normenkontrollverfahren zählen) von der Stadtverwaltung automatisch umfassend informiert werden, sobald eine der Gesellschaften betroffen ist.
Organisationsverschulden prüfen
Juristen prüfen in solchen Fällen gern, ob ein sogenanntes Organisationsverschulden vorliegt. Das führt nämlich – abweichend von der deliktischen Haftung – dazu, dass die Haftende “bei mangelhafter Organisation in der Regel auch dann haftet, wenn den im Einzelfall handelnden Mitarbeiter”, beispielsweise die Sachbearbeiter im Planungs- oder Rechtsamt, kein Verschulden trifft. Für die Organisation innerhalb der Stadtverwaltung seit vielen Jahren hauptverantwortlich: Dr. Heike Kaster-Meurer.
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