Landesrechnungshof: Gewobau zahlte 7.100 Euro für Oktoberfestbesuch

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Am 6. Juni ist wieder Firmenlauf. Schirmherrin ist die Oberbürgermeisterin. Im vergangenen Jahr mit dabei: ein Team der Stadtverwaltung. Dessen Mitglieder mußten sich ihre Laufausrüstung selbst kaufen. Vor Jahren nahm auch ein Team der Gewobau teil. Heute ist Dr. Heike Kaster-Meurer anders als damals dort Aufsichtsratsvorsitzende. Schuhe, Shorts und Shirts für den Firmenlauf zahlte seinerzeit die GmbH.

Mitarbeiterveranstaltungen für 26.000 Euro

Das hat der Landesrechnungshof (LRH) im Rahmen seiner Prüfung ermittelt. “Die Gesellschaft wendete im Prüfungszeitraum nachweislich mindestens 26.000 Euro für Mitarbeiterveranstaltungen auf”, stellten die Prüfer fest. Allein ein dreitägiger Ausflug zum Oktoberfest 2013 nach München war mit Aufwendungen von mindestens 7.100 Euro verbunden.

Fasching, Jahrmarkt und Fischerstechen

Weitere Ausgaben wurden getätigt für “Verköstigungen, Taxi- und Fahrtkosten, Eintrittsgelder anläßlich der Teilnahme an diversen externen Festivitäten (Fasching, Jahrmarkt, Fischerstechen, Weihnachtsmarkt etc). Dokumentiert sind diese Ausgaben und weitere im Unterpunkt “Freiwillige Leistungen”. Fasching auf Firmenkosten ist da nur eine seitliche Arabeske. Denn die Gewobau zahlte etwa 2015 eine echte “Leistungsgratifikation”.

62.955 Euro Gratifikationen

Genau vor vier Jahren erhielten deren bis “zum 31.12.2013 unbefristet Beschäftigte jeweils ein Bruttomonatsgehalt von 1.145 Euro bis 8.492 Euro als einmalige Gratifikation”. Anlaß: Würdigung der Leistung der Mitarbeiter für die vergangenen Geschäftsjahre. “Insgesamt wurden 62.955 Euro aufgewendet”. Kritik des LRH: “Die gewährte Gratifikation ist hinsichtlich Verfahren sowie dem Grunde und der Höhe nach … nicht ausreichend transparent”.

8.000 Euro Überschreitung

Konkret bemängeln die Prüfer, dass “dem Ermächtigungsbeschluß eine Kostenangabe der Geschäftsführung über 55.000 Euro einschließlich Lohnnebenkosten zugrunde lag”. Diese Ermächtigung sei um fast 8.000 Euro überschritten worden. “Eine diesbezügliche Information an die Beschlußgremien war nicht belegt”. Was den Landesrechnungshof besonders ärgert ist die darin sich ausdrückende Besserstellung der Gewobaumitarbeiter im Vergleich zu denen der Stadtverwaltung.

Kein Anlaß für Übertarifliches

“Beschäftigte der kommunalen Kernverwaltungen erhalten für ihre Leistungen ausschließlich Tarifvergütungen. Deren Aufgabenwahrnehmung unterscheidet sich bei Gesamtbetrachtung weder der Wertigkeit, Güte noch Qualität von den erbrachten Mitarbeiterleistungen bei der Gewobau”. Und dann die Schlußfolgerung: “Für übertarifliche pauschale Leistungs- oder Sondervergütungen besteht kein Anlaß”.

Leistungsdefinition fehlt

Auch die Gremien bekommen in diesem Zusammenhang kein gutes Zeugnis ausgestellt. “Für die Gremien war den mehrfachen Beratungsniederschriften nach selbst nicht eindeutig klar, für welche Leistungen eine Gratifikation dem Grunde nach erfolgen soll. Nachdem zunächst das “Geschäftsjahr 2013 im Fokus stand, waren Gegenstand des Beschlusses die Leistungen der “vergangenen Jahre”. Der LRH vermißt in diesem Zusammenhang “eine Leistungsdefinition als Entscheidungsgrundlage”.

“Zu hoch und nicht mehr angemessen”

Diese sei weder in den Beschlußvorlagen noch in den maßgeblichen Sitzungsprotokollen enthalten gewesen. Auch das Fazit des LRH zu den von der Gewobau bezahlten “Festivitäten” ist unmißverständlich: “die in diesem Zusammenhang an die Beschäftigten gewährten Leistungen sind insgesamt zu hoch und nicht mehr angemessen”.

Nachversteuert

Weiterer Minuspunkt: “Darüber hinaus wurden steuerpflichtige Leistungen stets erst aufgrund durchgeführter Lohnsteuerprüfungen nachversteuert”. Und nochmals ziehen die Prüfer einen Vergleich zwischen Gewobau und anderen kommunalen Gesellschaften. Dort würden “solche Veranstaltungen in der Regel vollständig oder überwiegend von den Beschäftigten finanziert”.

Zielvereinbarung fehlt

Ein andere Regelabweichung, die die Prüfer aufgedeckt haben, bezieht sich auf die “tarifrechtlich konforme Auszahlung des Leistungsentgeltes”. Seit 2007 erhalten die Gewobau-Beschäftigten zusätzlich zum Tabellenentgelt ein Leistungsentgelt. “Die hierfür erforderliche Zielvereinbarung über Leistungsziele … lagen bei der Gewobau bis zum Abschluss der örtlichen Erhebung nicht vor”, hat der LRH festgehalten.

17,47% bis 28,64% statt 6%

Trotzdem habe die Gesellschaft 2011 bis 2015 pauschal ein Leistungsentgelt zwischen 17,47% und 28,64% des jeweils zustehenden Tabellenentgeltes für den Monat September (insgesamt rund 49.650 Euro) gezahlt. Weil keine Regelung vorlag hätten aber ab 2008 nur 6% gezahlt werden dürfen. Klartext der Prüfer:

Schadensersatzansprüche

“Die Geschäftsführung hat die tarifrechtlichen Regelungen zu beachten. Ohne betriebliches System dürfen – wie für 2016 aufgrund der Prüfungshinweise erfolgt – allenfalls 6% des zustehenden Monatstabellenlohns gezahlt werden”. Und dann ganz unmißverständlich: “Hiervon (bewusst) abweichendes Verhalten kann ggf Haftungs- und Schadensersatzansprüche gegenüber der Geschäftsführung begründen”.

“Stets in voller Höhe”

Auch die Abrechnung der Reisekosten ist bei der Gewobau so erfolgt, dass die Prüfer Feststellungen für nötig halten. So wurden Verpflegungsmehraufwendungen “stets in voller Höhe” erstattet. Obwohl bei unentgeltlicher Verpflegung gemäß § 9 Abs. 4a S. 8 EStG die pauschalierten Sätze um mindestens 20% zu kürzen waren. Zweiter Kritikpunkt:

Tipp: Vordrucke nutzen

“Beginn und Ende der Dienstreisen (Datum und Uhrzeit) wurden bei der Abrechnung festgelegt, ohne dass ein Nachweis oder eine rechtsverbindliche Angabe des Beschäftigten den Buchhaltungsunterlagen beigefügt war”. Diese Angaben seien aber zwingend erforderlich, um eine korrekt angesetzte Verpflegungspauschale zu belegen. Tipp des LRH für die Gewobau: “Andere Reisekostenstellen nutzen hierfür Vordrucke”.

Erstattungen über die Barkasse

Auch der Umstand, dass Erstattungen regelmäßig über die Barkasse erfolgten, gefällt den Prüfern nicht. “Die bare Erstattung von Reisekosten ist unüblich und sollte über die Gehaltskonten abgewickelt werden”. Schließlich gerieten die Abrechnungen des Geschäftsführers und des kaufmännischen Prokuristen unter die Lupe. Diese bestätigten bei Abrechnungen den Erhalt der jeweiligen Barauszahlung. “Beide zusammen ordneten zuvor gemeinsam die entsprechenden Zahlungen an”.

“Zahlungsempfänger nicht involvieren”

Den LRH veranlaßte das zu dem Hinweis, “der Gesellschaft stehen ausreichend Kräfte zur Verfügung, um eine eindeutige Funktionstrennung sicherstellen zu können. Insbesondere bei der Anordnung und Verbuchung von Zahlungen sollte der jeweilige Zahlungsempfänger nicht involviert werden”. Zumindest für die Abrechnung der Verpflegungsmehraufwendungen und die Barzahlungen herrscht mittlerweile Einigkeit. Erste werden künftig um 20% gekürzt. Und statt Bargeld lacht künftig die Lohnabrechung.

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