Grüne scheitern knapp mit Antrag für mehr Nachtruhe in der Neustadt

Bis 3 Uhr morgens dürfen Neustadt-Wirte derzeit Gäste bewirten. Dabei dringt mitunter laute Musik aus geöffneten Türen und Fenstern. Und einige der auf dem Hin- und Rückweg befindlichen Gäste nehmen keine Rücksicht auf die Nachtruhe. Dadurch werden die Menschen, die im historischen Stadtteil leben, massiv gestört. Die Grünen haben daher beantragt die Sperrzeit unter der Woche von 3 Uhr auf 1 Uhr vorzuziehen. Der Vorstoss für mehr Nachtruhe wurde am vergangenen Donnerstag im Stadtrat behandelt.

Bläsius: “Nachtruhe für die Leute”

“Die Neustadt als Lebensraum schützen” führte dazu Hermann Bläsius als Motiv an. Die Verwaltungsinformation, dernach kaum Beschwerden von Einwohner*innen bei Polizei und Ordnungsamt eingehen, kritisierte Bläsius scharf. “Die ist das Papier nicht wert, auf dem sie steht”. Knapp 400 Betroffene hätten eine Pedition für mehr Lebensqualität unterschrieben. “Es geht ganz einfach um die Nachtruhe für die Leute, die da leben” fasste der Grüne die Position seiner Fraktion zusammen. Er wies darauf hin, dass es schwer würde Investoren für die Neustadt zu finden, wenn die Menschen vor Ort dort nicht leben wollten, weil sie keine Nachtruhe finden.

Häußermann: “starker Tobak”

Die insbesondere vom Rechtsamt vertretenen rechtlichen Bedenken widerlegte Bläsius mit dem Hinweis auf die juristisch mehrfach bestätigte Regelung für die Mainzer Altstadt. “Dort darf am Wochenende sogar nur bis 2 Uhr geöffnet werden und kein Gericht verbietet das”. Dies zeige, dass es “überhaupt kein rechtliches Problem gäbe”. Die vom Grünen-Stadtrat persönlich angesprochene Stadtrechtsdirektorin verwahrte sich gegen den Vorwurf “lieber nichts zu tun”. Dies sei “starker Tobak”, stellte sie fest.

“Extrem hohe Anforderungen”

Heiderose Häußermann betonte, das Gegenteil sei der Fall. “Der Schutz der Wohnbevölkerung ist vorrrangig”. An die Verlängerung der Sperrzeit gäbe es “extrem hohe Anforderungen von der gesetzlichen Regelung”. Sie formulierte: “Wir haben zu wenig Material, um eine Verordnung zu machen, die Stand hält”. Man könne nicht sagen, dass keiner sich gegen eine Verordnung wehre. Häußermann gab zu, dass es “richtig schlimm ist, wenn man nachts nicht schlafen kann”. Trotzdem sei sie froh gewesen, als nach Erlaß der geltenden Verordnung das Jahr, in dem diese hätte angefochten werden können, rum war.

Delaveaux: “reine Wahlkampfrede”

Da ist “nichts von mir erfunden, die Anforderungen sind in der Rechtsprechung so gesetzt”, führte sie aus. Und zum Beleg ihrer Argumentation erinnerte sie daran: “Wir hatten vor Gericht ein Eilverfahren, das ist nur gescheitert, weil es unzulässig war, sonst wegen nichts”. Als “reine Wahlkampfrede” verstand Karl-Heinz Delaveaux (FWG) den Grünen-Antrag. Zum Glück gebe es mit der Neustadt noch ein “Ausgehviertel auch für ältere Leute, das klappt nur noch dort”. Schon noch diesen Worten kam Heiterkeit im Ratsrund auf.

Mikro-Schulung

Die verstärkte sich noch, als die zu diesem Punkt zahlreich anwesenden Zuhörer*Innen sich lautstark bemerkbar machten, weil sie aufgrund der regelmässigen Fehlbedienung der Mikrophonanlage nichts hören konnten. Die Oberbürgermeisterin sah sich daher veranlaßt, die zu Sitzungsbeginn unterlassene Mikro-Schulung nachzuholen. Die von ihr gegebene Bedienungsanleitung ist eigentlich ganz einfach: “alle die gesprochen haben, sollen bitte die Taste mit dem durchgestrichenen Lautsprecher drücken”. Werde dies unterlassen reduziere sich die Lautstärke automatisch mit jedem einzelnen nicht ausgeschalteten Mikro immer mehr.

Keiner in der Kneipe um 1 Uhr …

Der lebenserfahrene FWG-Vorsitzende ließ sich von diesen technischen Problemen nicht aus dem Konzept bringen. Um Ratskolleg*Innen und Zuhörer*Innen wieder nah dran ans Thema zu bringen, legte er ein Geständnis ab: “Ich bin eben ein Kreuznacher Bürger, der auch gern etwas länger ausgeht abends”. Dabei hatte er die Lacher auf seiner Seite. Aus dieser intensiven persönlichen Erfahrung wisse er, dass “so oft in der Woche gar keine Leute noch um 1 Uhr in den Kneipen anzutreffen sind”. Daher sei eine Neuregelung “nicht dringlich”.

… ausser dem Wirt

Und Delaveaux wusste, wieder unter dem Feixen einiger Ratskolleg*Innen, zu berichten, dass es “früher da viel länger ging”. Heute sei oft schon um Mitternacht keiner mehr da ausser dem Wirt. “Nachts ist nicht viel los, auch nicht im HalliGalli”. Nach Einschätzung des FWG-Fraktionsvorsitzenden “wäre der Stadtteil ohne Gastronomie längst tot”. Der Vorsitzenden des Neustadt-Fördervereines, Beate Bruns, warf Delaveaux vor “die lebt am Ellerbach” und bekomme gar nichts mit. Diese Bemerkung löste hörbare Unruhe im Publkum aus. Das rief wiederum die Sitzungsleiterin auf den Plan.

Ablehnung mit Patt

Dr. Kaster-Meurer stellte klar: “es geht nicht, dass Zuhörerinnen sich zu Wort melden”. Delaveaux brachte danach seine Ausführungen zum Ende mit der Ansage: “Eine Wirtschaftslichkeitsbeschneidung wird abgelehnt”. So kam es dann zwar bei der Abstimmung auch. Aber mit dem denkbar knappsten Ergebnis. 16 Ratsmitglieder stimmten für den Grünen-Antrag, darunter auch viele von der SPD und Wilhelm Zimmerlin (BüFEP). Ebenfalls 16 votierten dagegen, darunter viele von der CDU und Jürgen Eitel (FDP). Bei fünf Enthaltungen war der Antrag daher abgelehnt.

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