Vorbemerkung: die dreitägigen Etatberatungen des städtischen Finanzausschusses für 2019 waren ein Lehrstück für Ursachen und Hintergründe, die die Stadtpolitik daran hindern das vor Ort zweifelsohne vorhandene, in jeder Beziehung riesige Potential auch nur teilweise auszuschöpfen. Leider haben die Einwohner*Innen von der gesetzlichen Möglichkeit dies live zu verfolgen, keinen Gebrauch gemacht.
Und leider hat es der Rat der Stadt bis heute nicht geschafft eine Übertragungen der Gremiensitzungen zu ermöglichen. Auch wenn die Live-Wahrnehmung durch nichts zu ersetzen ist, wird diese Seite einzelne Beratungspunkte dokumentieren, damit zu einem späteren Zeitpunkt wenigstens noch rudimentäre Faktenreste vorhanden sind, um die Erklärung dafür zu finden, warum aus so vielen Möglichkeiten so wenig gemacht wurde.
Sanierung plus LED-Flutlicht
Als sich Helmut Kreis zu Wort meldete deutete nichts auf den sich später ergebenden Spannungaufbau hin. Der CDU-Fraktionsgeschäftsführer beantragte die Sanierung eines Kunstrasenplatzes im Salinental. Samt Umstellung des Flutlichtes auf LED. Für 445.000 Euro. Bürgermeister Heinrich hätte den ab liebsten gleich wieder vom Tisch gehabt.
Fessner: Vereine finanziell einzubeziehen
Er wies unwirsch auf die bis 2026 beschlossene Budgetierung hin. Da sich sofort Wortmeldungen ergaben, rief er die auf. Heike Fessner sprach gegen den Antrag. Zunächst wies die Grüne auf die Mikroplastikbelastung hin, die mit dieser Art Platz verbunden ist. Und dann machte sie deutlich, dass die Vereine “finanziell einzubeziehen sind”, weil sich die Stadt die Menge an Kunstrasenplätzen nicht leisten könne.
“Dummes Geschwätz von gestern”
Durch diesen Beitrag gestützt erinnerte Heinrich daran, dass die Vereine 2012 verpflichtet worden seien Rücklagen zu bilden. Offensichtlich sei trotz dieses Stadtratsbeschlusses auch im Sportausschuß nichts passiert. Bei den Vereinen und bei einigen Verantwortlichen werde nach dem Motto gehandelt, “was interessiert mich mein dummes Geschwätz von gestern”. Einige hätten sich zu sehr daran gewöhnt, dass der Steuerzahler alles bezahlt.
“Die kommen vor den Wahlen”
Die Taktik der Vereine hat der Bürgermeister durchschaut: “Die kommen vor den Wahlen, obwohl seit Jahren klar war, dass sie selbst was machen sollen. Es findet eine Veräppelung der Bevölkerung statt und eine Verhohnepipelung der ADD”. Den Mandatsträgern warf er vor, es so zu drehen, “wie man es gerade braucht, um ein paar Wählerstimmen zu bekommen”. Das sei keine Finanzpolitik, sondern Glücksspiel. “Und wir können dann über den Schwachsinn abstimmen”.
“Froh, dass die CDU diesen Antrag gestellt hat”
Nach der Philippika des Kämmerers kam Holger Grumbach (SPD) zu Wort. Er hatte sich viele Jahre beim VfL und beim Kreuznacher Hockey Club engagiert und zeigte sich “froh, dass die CDU diesen Antrag gestellt hat”. Er wies darauf hin, dass die Sportvereine und der Sportausschuß das Projekt unterstützten. Dieser Hinweis rief wieder Wolfgang Heinrich auf den Plan. Er berichtete von “nicht ausgelasteten Sportplätzen” und bat den Sportausschuß nicht nur “Lobby für die Vereine”, sondern auch Interessensvertreter der Stadt zu sein. “Es gibt mehrere Perspektiven, auch das Gesamtwohl und nicht nur das Vereinswohl”.
“Verkehrssicherungspflicht gegeben”
Prof. Dr. Rüddel (SPD) merkte dazu an, “hier ist über Jahre versäumt worden, die Vereine einzubinden”. Aber jetzt sei die “Verkehrssicherungspflicht gegeben, daher muß Geld fließen”. Dem pflichtete Sportdezernent Schlosser bei. Er widersprach den Ausführungen des Bürgermeisters “natürlich komplett”. Und führte an, dass “da Tourismus dahinter steckt”. Die Sanierung sei eine “Notmaßnahme, ganz klar”. Ein Mitarbeiter eilte Schlosser verbal zur Seite und stellte fest, die Vereine hätten 2012 die Entsorgung eines anderen alten Kunstrasens übernommen.
“Sportvereine höhere Lobby, als die Kulturtreibenden”
Worauf der Bürgermeister sofort nachfragte: “Ist das die Eigenleistung der Vereine, die den Platz kaputtmachen?”. Dann wollte er den Wert der Entsorgung wissen. Zunächst erhielt er keine Antwort. Dann rief Amtsleiterin Grit Gigga “60.000 Euro” in das Stimmengewirr aus Fragen und Kommentaren. Eine Zuhörerin hatte die Frage zwischenzeitlich gegoogelt und konnte Angebote zwischen 13.000 bis 20.000 Euro vorweisen. Dann kam Wolfgang Kleudgen (FWG) zu Wort. Er drückte seinen Eindruck aus, “das die Sportvereine eine höhere Lobby haben, als die Kulturtreibenden”
“Wollen Sie, dass ich weine?”
Er warb dafür den Blick auf alle Gruppen auszuweiten und nicht nur die Sportler in den Vordergrund zu stellen. “Vielen Dank, Herr Kleudgen, Sie sprechen mir aus dem Herzen”, kommentierte der Bürgermeister. Zu diesem Zeitpunkt ereichte Heinrich die Information von “Dr. Google” zu den Entsorgungskosten. Seine Reaktion: “wollen Sie, dass ich weine?”. Und dann warf er, den Blick auf Holger Grumbach gerichtet, die Frage auf, warum die Leute, die sich in Vereinen engagieren, nicht einfach eine grosse Spende machen.
“Sie sind jetzt ruhig oder ich schmeisse sie raus”
Weiter führte Heinrich aus, es sei die Aufgabe des Sportausschusses gewesen, die Vereine einzubinden, statt dessen sei aber die ganzen Jahre nichts geschehen und die Sache vor die Wand gefahren worden. Auf der von Kämmereiamtsleiter geführten Rednerliste hatten sich noch eine Reihe der Anwesenden eingefunden, was Erich Menger (SPD) zu einem Antrag auf Abstimmung motivierte. Vom Seitentisch bat Amtsleiterin Grit Gigga ums Wort. Heinrich lehnte das ab. Weil Gigga hartnäckig auf ihrem Rederecht bestand, rief der Bürgermeister sie zur Ordnung: “Sie sind jetzt ruhig oder ich schmeisse sie raus. Wenn Sie die Sitzung stören, gehen sie raus”.
“Vorschlag zur Güte”
Das Wort erteilte Wolfgang Heinrich dann Günter Meurer. Der gratulierte Heinrich zu seinem Vortrag, der “2012 nötig gewesen wäre”. Schon damals hätte Klarheit darüber geherrscht, dass in “5 bis 7 Jahren der zweite Kunstrasen auch fällig” ist. Trotzdem sei seinerzeit der Beschluß gefaßt worden, “so kam die Stiftung ins Gespräch”. Das alles helfe jetzt aber nichts. Der SPD-Ortsvorsitzende machte “einen Vorschlag zur Güte”. Der Finanzausschuß habe sich am Vortag darauf verständigt eine Prioritätenliste festzulegen.
“Den Vorsitz führe ich und nicht Sie”
Und auf der müsse der Kunstrasen nur ganz noch oben und andere Vorhaben eben zurückgesetzt werden. Dann sei es auch finanziell zu stemmen. Weil auch nach Meurers längerem Redebeitrag noch immer nicht über den Geschäftsordnungsantrag Mengers abgestimmt worden war, wurde dieser mißlaunig. Was Heinrich mit dem Hinweis graderückte “den Vorsitz führe ich und nicht Sie”. Jürgen Locher (Linke) war danach sichtlich bemüht zur Sache zu sprechen. Er bezeichnete es “als eine Spur zu hart”, dass erst am 11. Januar “so ein Riesenprojekt plötzlich aufgetaucht ist. Die Vereine und die Sportverwaltung hätten wissen müssen, dass da ein Brocken liegt”.
“Verwaltungsleute haben gepennt”
Es müsse in diesem Jahr auch ohne die Sanierung gehen, “und wenn sie eben ausweichen auf andere Plätze”. Er befürwortete “einen ordentlichen Vorschlag für den nächsten Haushalt” und weigerte sich aus der hohlen Hand zu entscheiden, “wenn die Verwaltungsleute gepennt haben”. Dieser Argumentation stimmte Reinhold Nühlen (BüFEP) zu. “Vereine und Verwaltung” seien sehenden Auges in die Katastrophe reingelaufen, “entweder unfähig oder dreist und frech”. Auch Dr. Herbert Drumm (Freie) erkannte “zwei Seiten, die nichts getan haben”.
“Auf Mittelansparung drängen müssen”
Das zuständige Sportamt hätte “auf die Mittelansparung drängen müssen”. Es könne nicht sein, dass die Allgemeinheit nun alles bezahle. Jetzt griff Heinrich den Menger-Vorschlag in Form eines Schlußstriches für die Rednerliste auf. Beigeordneter Schlosser verlangte die Sanierung in senem Teilhaushalt 3 zu veranschlagen. Dies wies der Bürgermeister mit der Erklärung zurück, eine solche Vorgehensweise “verstößt gegen die Systematik”. Als Schlosser auf seiner Forderung bestand beschied er ihn mit der Erklärung “Sie können in Ihrem Bereich weiter Unsinn reden. Die Sache bleibt im Teilhaushalt 1”.
CDU-Antrag angenommen
Heinrich ergänzte den CDU-Antrag dann um den Zusatz “Die Budgetierung wird für dieses Projekt aufgehoben” und stellte ihn dann zur Abstimmung. Mit 12 Jastimmen von CDU, SPD und FDP gegen 8 Neinstimmen bei einer Enthaltung wurde er angenommen. Schlußbemerkung Wolfgang Heinrich zu diesem Beschluß: “Sie rücken immer weiter weg von der Genehmigungsfähigkeit des Haushaltes”.