Heinrich kämpft für einen genehmigungsfähigen Haushalt

Schon bei der Begrüssung deutete sich gestern erfahrenen Ausschußmitgliedern an, dass der zweite Tag der Etatberatungen nicht so friedlich verlaufen würde, wie der erste. Mit dem Hinweis, “Sie haben es geschafft den Investitionshaushalt um 1 Millionen Euro aufzublasen”, machte Bürgermeister Heinrich deutlich, was er von der Zustimmungsfreudigkeit der ehrenamtlichen Kommunalpolitiker hält.

“Nicht mit Pessimismus ins Jahr starten”

“Nur zur Information und ganz wertungsfrei” stellte der Kämmerer zusätzlich klar, was das für die Umsetzungsquote bedeutet: “Bis 8 Millionen Euro kann die Verwaltung eine hohe erreichen, bei fast dem Doppelten ist nur 60% möglich, wenn es hoch kommt”. Werner Klopfer beantwortete diese Eröffnungsworte rhetorisch milde mit dem an Heinrich gerichteten Wunsch, “nicht mit Pessimismus ins Jahr zu starten”. Und damit sich positive Perspektiven auch in Zahlen ausdrücken, beantragte der CDU-Fraktionschef mehr finanziellen Spielraum beim Kauf von Grundstücken und Ausübung des Vorkaufsrechtes durch die Stadt.

Einstimmig für Planiger Grundschule

Nach einer ausführlichen Diskussion, in der abermals deutlich wurde, dass viele verwaltungsinterne Überlegungen und Entscheidungen selbst für Stadtratsmitglieder intransparent sind, setzte die CDU ihre Vorstellungen mit grosser Mehrheit durch. Lediglich Dr. Herbert Drumm (Freie) und Holger Grumbach und Günter Meurer (beide SPD) stimmten dagegen. Einstimmig wurde dem Wunsch von Beigeordneten Markus Schlosser für die Finanzierung der Baumaßnahme bei der Planiger Grundschule entsprochen.

Verwaltungsintern grössere Dissonanzen

Aber feine Spitzen Schlossers gegen die von der Kämmerei bevorzugte Vorgehensweise bezüglich nicht übertragener und neuer Haushaltsansätze machte deutlich, dass verwaltungsintern grössere Dissonanzen bestehen. Deren Dimension wurde etwas deutlicher, als die CDU mit dem Hinweis darauf, “der Sportdezernent hat uns motiviert zu dem Antrag” einen sechsstelligen Betrag für ein MTV-Projekt eingestellt sehen wollte. Der wurde zwar mit grosser Mehrheit angenommen, weil Günter Meurer zum Ausdruck brachte, seine SPD sei “froh über den einmütigen politischen Willen den Verein mit 10% zu unterstützen”.

Positiver Förderbescheid für MTV möglich

Aber die verbalen Warnungen des Bürgermeisters wurden schon zu diesem Zeitpunkt mehr als deutlich: “Die Haushaltsgenehmigung rückt in weite Ferne”. Er bat den Finanzausschuß an die “Gesamthöhe der Verpflichtungsermächtigungen zu denken”. Diesen Hinweis konterte Beigeordneter Schlosser mit der Behauptung, diese seien nur dann genehmigungsbedürftig durch die ADD, wenn Kredite aufgenommen werden. Im Fall MTV ginge es aber nur darum einen positiven Förderbescheid ausstellen zu dürfen. Derartige Belehrungen von den Katzentischen an den Saalseiten kamen am Verwaltungstisch vorn nicht gut an.

Fremdberatungen hinterfragt

Eine erste Pause ermöglichte einen Spannungsabbau. Und eine vollkommene Neuausrichtung der Konfliktlinien. Denn dann kam der Personalhaushalt dran. Und die Diskussion darüber entwickelte sich schnell zu unverhohlener Kritik an der Oberbürgermeisterin. In deren Verantwortungsbereich liegende Verwaltungsausgaben für Fremdberatung, Rechtsstreitigkeiten und Weiterbildung wurden in bisher nicht erlebter Detailgenauigkeit und Klarheit hinterfragt. Dabei wurde deutlich, dass von dieser Seite seit Monaten geübte Kritik zB am Rechtsamt quer durch viele Fraktionen geteilt wird (gesonderter Bericht folgt).

Kritik an Beratungsaufträgen

Angestossen wurde die Diskussion erneut von einem Antrag der CDU. Werner Klopfer schlug vor die Ausgaben für Fremdberatungen zu senken. Um diesen Antrag und weitergehende Vorschläge abzublocken, mußte Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer immer mehr Angaben machen und Erklärungen abgeben. Diese wiederum führten zu weiteren Widerworten und noch mehr Kritik. In deren Zentrum stand sehr schnell der von der Stadt an Kienbaum erteilte Beratungsauftrag an Kienbaum und dessen Abwicklung durch die Verwaltung.

Unbehagen mit dem Kienbaum-Projekt

Auf die sachbezogene Kritik Klopfers, der auf einen fehlenden Abschlußbericht hinwies und bekannte, seine Fraktion könne nicht überblicken, was die Stadt durch die 450.000-Euro-Beratung erreicht habe, antwortete die von Bürgermeister Heinrich zur Stellungnahme gebetene Oberbürgermeisterin ausweichend. “Es gibt keinen Abschluß, es ist eine Entwicklung”, führte Dr. Kaster-Meurer aus und gab weiter an, es werde eine Talentschmiede zur Personalentwicklung subsumiert, um Dinge zu verstetigen und zu verfestigen. Nach dieser Antwort war im Sitzungssaal ein von Minute zu Minute wachsendes Unbehagen mit dem Kienbaum-Projekt spürbar.

“Dafür brauche ich kein Consulting”

Beigeordneter Markus Schlosser fasste seine Ablehnung als direkte Replik auf die Verwaltungschefin in zwei Worten zusammen: “bringt nichts”. Und wurde dann deutlich. Er bekannte eine “kritische Sicht” auf den sein Dezernat betreffenden Teil des internen Berichtes und informierte den Ausschuß freimütig darüber, dass ihm die vollständige Fassung nicht zur Einsicht zur Verfügung stand. Und zu dem Teil, den er lesen durfte, fiel sein Urteil unmissverständlich aus: “Das was Kienbaum auf die Beine gestellt hat ist das, was jede Verwaltung aus sich heraus selbst kann. Dafür brauche ich kein Consulting”.

Keine Sitzungen mit Dinkelkeksen

Wolfgang Kleudgen von der FWG griff die Hinweise des Beigeordneten auf und beantragte eine Herabsetzung der entsprechenden Ausgaben. Wieder bat Bürgermeister Heinrich die Oberbürgermeisterin zur Stellungnahme. Die flüchtete sich bereits zu diesem Zeitpukt in Sarkamus und erklärte, man treffe sich “nicht zu Sitzungen mit Dinkelkeksen”. Ihr Ehemann erhielt unmittelbar anschließend das Wort und kam seinen Pflichten vollumfänglich nach. Er griff den Beigeordneten Schlosser und andere OBin-kritische Vorredner wortreich an und erweckte den Eindruck, als ob diese sich gegen Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für Mitarbeiter*Innen der Stadtverwaltung ausgesprochen hätten.

Wettbewerb um Mitarbeiter*Innen

In einem sich über viele Minuten hinziehenden Redeschwall mit einigen Wiederholungsschleifen erklärte er “Fortbildung als das Allerwichtigste in Unternehmen” und “den Stopp eines erfolgreichen Konzeptes für fragwürdig”. Darauf wollte Schlosser zwar antworten, das Wort bekam aber wieder die Oberbürgermeisterin. Die wies darauf hin, dass nur etwa 80 bis 100 Euro je Mitarbeiter*In im Jahr für Fortbildung aufgewendet werde “ich würde mir mehr wünschen”. Und sie führte eine “enorme Konkurrenz” an, der sich die Stadtverwaltung im Wettbewerb um leistungsfähige Mitarbeiter*Innen zu stellen habe.

“Die Ministerien werben ab wie Sau”

Diesen Ansatz unterstützte der Bürgermeister mit eigenen Erfahrungen: “Die Ministerien werben ab wie Sau”. Nach diesem Exkurs in das Fortbildungswesen führte Lothar Bastian (Grüne) die Diskussion auf deren eigentliches Anliegen zurück. Dabei konnte er sich den Seitenhieb auf die Eheleute Meurer, “ich bewundere, wie es Ihnen gelungen ist, den Diskussionschwerpunkt zu verschieben”, nicht verkneifen. Er erinnerte daran, dass der Ausgangspunkt nicht Weiterbildung, sondern die erheblichen Aufwendungen für die Durchleuchtung von Organisationstrukturen und der Kienbaum-Auftrag waren.

“Wo ist der Bericht von Kienbaum?”

Fortbildungsangebote gebe es weitaus mehr, als nachgefragt würden. “Es kann keinen Automatismus geben, das Kienbaum vom Organisations- zum Fortbildungsberater wird”. Der Stadtrat habe Kienbaum mit der Überprüfung der internen Arbeitsabläufe beauftragt, “eine Verschiebung hätte eines Stadtratsbeschlusses bedurft”. Und dann fragte er konkret: “Wo ist der Bericht von Kienbaum?” In der nachfolgenden gespannten Stille klang die Antwort der Oberbürgermeisterin besonders schrill: “Den können wir nicht vorlegen, weil das personenbezogen ist”.

“Berater sind wie Kraken”

Diese Aussage löste Kopfschütteln und Widerspruch im Ausschußrund aus. Sehr sachlich stieg Jürgen Eitel (FDP) in die Diskussion ein. “Solche Firmen erwarten einen Dauerauftrag, das ist gefährlich”. Der geschäftserfahrene Ex-Michelin-Manager riet dazu einen Schlußstrich zu ziehen, weil “die sonst immer was finden”. Dem pflichtete Wolfgang Heinrich erkennbar aus vollem Herzen bei “Berater sind wie Kraken und fragen als erstes: was können wir sonst noch machen?”. Reinhold Nühlen (BüFEP) unterstützte die Forderung und Hinweise Eitels: “Wir müssen das stoppen”.

Beratungsaufträge lösten Probleme nicht

Der Behauptung Dr. Kaster Meurers widersprach er: “Der Bericht muß vorgelegt werden, persönliche Daten sind selbstverständlich zu schwärzen”. Dann kam – aus seiner Sicht endlich – Markus Schlosser zu Wort. Er verwahrte sich gegen den Versuch Günter Meurers, seine Aussagen “zu vermischen und vermengen. Dass gelingt Ihnen bei mir nicht”. Aus langjähriger Verwaltungserfahrung berichtete er, “aus der Organisationseinheit heraus mit den Leuten etwas zu entwickeln ist allemal besser, als etwas von aussen überzustülpen”. Selbstbewusste Verwaltungfrauen und -männer seien sehr wohl in der Lage sich konstruktiv einzubringen. Und Schlosser verwies auf die Bundesebene, wo Beratungsaufträge in Milliardenhöhe die Probleme eben nicht gelöst hätten.

Berater-Kauderwelsch

Auch Wolfgang Kleudgen verwahrte sich gegen den Vorwurf aus der SPD, er lehne Fortbildung ab. Aber er bestand auf einer Erklärung für den erheblichen Anstieg der Aufwendungen. Die erhielt er nicht. Werner Klopfer fasste die Diskussion daraufhin zusammen, erkannte in dem Umgang mit der Organisationsuntersuchung eine Irreführung, kritisierte das Berater-Kauderwelsch, verlangte einen Schnitt samt finanzieller Deckelung auf 50.000 Euro und einen “umfassenden Abschlußbericht von Kienbaum”. Nach einer weiteren Rechtsfertigungserklärung der Oberbürgermeisterin, die betonte, nicht nur Kienbaum würde beauftragt, sondern auch andere, rief Prof. Dr. Rüddel (SPD) die Ausschußkollegen zu mehr Disziplin auf und wies darauf hin, dass im Klopfer-Antrag “viel Weisheit” stecke.

Menger verlangt Aufgliederung

Erich Menger (SPD) verlangte eine “klare Aufgliederung zur Fortbildung” inklusive Aufschlüsselung, wer für was bezahlt wurde. Menger bedauerte, dass der Arbeitskreis Haushaltskonsolidierung leider nicht mehr so wie in den Vorjahren tätig werden konnte und bezeichnete es als “schlimm, die Informationen hinter den Zahlen nicht zu kennen”. Der Klopfer-Antrag wurde dann mit grosser Mehrheit gegen die Stimmen von Dr. Drumm, der Verwaltung und einem Teil der SPD angenommen.

Ansatz Personalkosten um 1,5 Mio gesenkt

Und auch mit einem weiteren wichtigen Antrag setzte sich die von der CDU angeführte “Ausschußmehrheit der Vernuft” mit Grünen, Erich Menger (SPD), FWG, FDP und BüFEP durch: mit zehn zu neun Stimmen wurden der Ansatz für die Personalkosten um 1,5 Millionen Euro von 39,9 auf 38,4 Millionen Euro gesenkt. Bürgermeister Heinrich hatte sich gegen diese Absenkung ausgesprochen, da man “damit allen in der Verwaltung keine Wertschätzung zeigt” (Anmerkung der Redaktion: über die in der Sitzung nachfolgenden Streitpunkte werden wir gesondert berichten).

FWG protestiert gegen Ausgabensteigerung

Eigentlich hätten nun eine Reihe von Einsparungsvorschlägen der FWG behandelt werden müssen, die Wolfgang Kleudgen und Karl-Heinz Delaveaux und ihre Truppe mit erheblichen Aufwand erarbeitet hatten. Aber die beiden Stadtratsmitglieder entschieden sich dafür an diesem Punkt ihre politische Reissleine zu ziehen. Weil CDU und SPD – auch gegen den ausdrücklichen Widerstand des Bürgermeisters – zuvor über 300.000 Euro für die Sanierung eines Kunstrasenplatzes bereitstellten (siehe unser gesonderter Bericht “Schlosser setzt Kunstrasenplatz-Sanierung durch”), sahen sie keinen Sinn mehr darin, Punkt für Punkt “Kleinbeträge von einigen zehntausend Euro” einzusparen.

Heinrich dankt der FWG

Und zogen sämtliche Anträge einfach zurück. Kleudgen kündigte an, die FWG werde dem Etat nicht zustimmen. Erkennbar betroffen reagierte Bürgermeister Heinrich. Er dankte der FWG für deren Anträge und hielt für das Protokoll fest, dass die FWG die einzige Fraktion gewesen sei, von der Vorschläge zur Einsparung bei den freiwilligen Leistungen der Stadt gekommen seien. An die ausgabefreudige Mehrheit der Ausschußmitglieder richtet er die Botschaft: “Sie glauben doch wohl nicht im ernst, dass dieser Entwurf genehmigungsfähig ist, so geht es nicht”.

“Sie drücken sich vor dem Einsparen”

Um fortzufahren: “Sie drücken sich vor dem Einsparen”, dies sei “unverantwortlich”. Heinrich bat die Fraktionen darum “maßvoll zu bleiben, auch angesichts der Kommunalwahl”. Es könne nicht im Interesse der Bürger*Innen sein, denen für die Zukunft alle Gestaltungsmöglichkeiten zu nehmen. Der Ausschuß müsse “im Endspurt daran denken zu einer Konsolidierung zu kommen”. “Halten Sie Maß, dann haben Sie noch eine Chance. Das ist keine Drohung sondern ein Hinweis”. Die Stadt habe von Land und ADD jede Menge Hilfestellungen bekommen.

“Warum machen Sie keine Vorschläge?”

Die ihm persönlich bekannten Mitarbeiter der ADD seien “moderate und angenehme Menschen”. Er riet “diese nicht zu überstrapazieren und ihnen nicht die Zornesröte ins Gesicht zu treiben”. Für Werner Klopfer war der Vorwurf des Bürgermeisters zu den fehlenden Einsparvorschlägen bei den freiwilligen Leistungen “zu leicht”. Er fragte Heinrich: “Warum machen Sie keine Vorschläge?” Der Konter des Bürgermeisters kam sofort. Er erinnerte daran, dass er in der Ausschußsitzung im Oktober 2018 “alle 6,7 Millionen Euro als dispositiv erklärt hatte” (diese Seite berichtete am 22.10.18 unter der Überschrift “Ich stelle alles zur Diskussion”).

“Zu feige die zu streichen”

Und wurde dann deutlich: “Sie haben nicht den Arsch in der Hose, weil sie zu feige sind, die zu streichen”. Dem widersprach Jürgen Locher (Linke) mit dem Hinweis darauf “wir sind ein gewähltes Gremium und selbstständig”. Er lasse seine Tätigkeit von den Wähler*Innen beurteilen. Tiefenentspannt kam dann Karl-Heinz Delaveaux zu Wort. Er wolle die lustige Vorstellung nicht unterbrechen, sondern zur Sachlichkeit zurückführen. Auch Delaveaux warb für einen “genehmigungsfähigen Etat”. Aber Sparen sei in diesem Jahr wohl nicht gewünscht. “Wenn wir keine Genehmigung bekommen gehts mit der Stadt erst ab dem Jahrmarkt weiter”.

CDU und Linke Seit an Seit

Beim nächsten Punkt kam es zu einer – im Ergebnis erfolglosen – Zusammenarbeit zwischen CDU und Linken. Jürgen Locher wollte den Ansatz für Gehweg-Erhaltungsmaßnahmen um 250.000 Euro erhöhen, die CDU um 100.000 Euro. Locher schloß sich schließlich dem CDU-Antrag an, aber die Allianz schwarz-grün-tiefrot scheiterte am Block aus SPD, Verwaltung und Kleingruppen. Beim Haushaltsansatz für die Grünflächenpflege gabs dann die nächste ungewöhnliche “Koalition”. Wiederum die CDU stellte den Antrag auf Erhöhung des Ansatzes um 100.000 Euro “für ein schöneres Stadtbild”.

“Ein halbes Jahr einen Nothaushalt fahren”

Das wurde von der Oberbürgermeisterin begrüsst (“hört sich nach Luxus an, ist es aber nicht”), die darauf hinwies, dass dadurch aber lediglich Mehrausgaben abgedeckt würden. Günter Meurer brachte zu diesem Zeitpunkt den Abbruch der Beratungen und eine Vertagung auf heute ins Gespräch, da eine Pause allen gut tun könnte, “weil das uns alle nicht zufrieden stellt”. Davon wollte der Bürgermeister ebensowenig wissen, wie von der Mehrausgabe. Er sprach erstmals davon, die Stadt müsse wohl “ein halbes Jahr einen Nothaushalt fahren”. Der Antrag wurde schließlich bei Stimmengleichstand von 10 zu 10 abgelehnt.

Streit um Gewerbesteuer

Und dann kam es zum inhaltlichen Höhepunkt des Beratungstages. Die Grünen hatten beantragt den Ansatz der Gewerbesteuer-Einnahmen von 28 auf 29 Millionen Euro zu erhöhen. Die CDU wollte sogar auf über 30 Millionen gehen. Diesmal zitierte der Bürgermeister eine Vielzahl von haushaltsrechtlichen Vorschriften, die nach seiner Bewertung allesamt für den Vorschlag der Verwaltung und gegen jede Erhöhung sprechen. Die minutenlange Paragrafen-Parade erinnerte ein bißchen an lateinische Exorzismus-Gebete. Ebenso unverständlich und wirkungslos.

Heinrich verweigerte Abstimmung

Aber darauf war Wolfgang Heinrich vorbereitet. Er hatte erkannt, dass die Mehrheit mit höheren Ansätzen von Steuereinnahmen den Haushalt schönen wollte. Und stellte fest: “Ich lasse darüber nicht abstimmen. Sie können sich gern bei der ADD beschweren”. Auch den Einwand des Beigeordneten Schlosser, der darauf hinwies, das der Stadtrat das Haushaltsbewilligungsrecht habe, ließ der Kämmerer nicht gelten. Dies zu beurteilen sei seine Sache “und nicht die einer A 16 Stelle”. Auch Werner Klopfers Wunsch, die Anteile der Einkommens- und Vergnügungssteuer leicht unter bereits kassenwirksam erzielte Werte der Vorjahre hochzusetzen, scheiterte am Veto Heinrichs.

Grüne verärgert

Lothar Bastian ärgerte sich über den in der Gegenrede des Bürgermeisters implizierten “Vorwurf der Disqualifikation”. Immerhin hätten die Grünen vorsichtiger als die CDU nur eine kleine Anhebung beantragt und es gebe ebensoviel Argumente dafür, wie sie die Verwaltung dagegen anführen könne. “Aber die Stimmung ist heute eben nicht so, dass man darüber diskutieren kann”. SPD-Fraktionchef Andreas Henschel wies darauf hin, dass der Streit möglicherweise ohne zwingenden Grund ausgetragen werde.

Nicht in Ansätze verbeissen

“Die Notwendigkeit, sich in die Ansätze zu verbeißen, ist gar nicht gegeben”. Denn da auch Ausgabenminderungen beschlossen worden seien benötige man buchungstechnische Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer gar nicht. Diesen lösungsorientierten Hinweis griff der Bürgermeister nicht auf. Er betonte, “wir haben nicht das Interesse uns schlechter darzustellen, als wir sind”. Die ADD werde diese Vorgehensweise (Erhöhung bei Steuereinnahmen) sehr genau von sich aus prüfen “und nicht weil ich petze”. Er sei “fuchtig” geworden, weil der Argumentations- und Vorgehensansatz falsch sei.

Bürgermeister bestellte Pizzen

Wie gut er es mit den Ausschußmitgliedern tatsächlich meint, machte Heinrich mit einer Großbestellung Pizzen zur Stärkung deutlich. Als diese geliefert wurden sah sich Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer verpflichtet der Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiter*Innen nachzukommen. Trotzdem die vom Bürgermeister georderte Stärkung schon duftend auf der Theke im Feuerwehrsaal vor sich hin abkühlte (Günter Meurer: “ich rieche da was”), bat sie um eine abschließende Beratung des Teilhaushaltes 1, “damit diese Mitarbeiter morgen nicht noch einmal kommen müssen”.

Google Earth reicht nicht

Dem kam der Finanzausschuß gern nach. Und so wurden nur noch auf Wunsch von Werrner Klopfer der Ausgabenposten von 50.000 Euro für die Erfassung von “stadtbildprägenden Bäumen” und ein Betrag von 200.000 Euro, der im Zusammenhang von Bebauungsplanverfahren für Fremdaufträge ausgegeben werden soll, hinterfragt. Während Klopfers Hinweis bezogen auf die Bäume, das könne doch kostengünstig mit Google Earth erledigt werden, noch mit einer kurzen Erklärung der Verwaltungschefin und herzlichen Lachern erledigt werden konnte, mußte Stadtplaner Hans Gagliani um “seine” 200.000 Euro schon mehr kämpfen.

Keine 100.000 Euro für Sifft

Er bekannte “kein Experte für Fledermäuse” zu sein und versicherte Ansätze so sehr reduziert zu haben, dass eine weitere Streichung einfach nicht möglich sei. Der Stadtplaner sorgte dann auch noch für einen versöhnlichen inhaltlichen Abschluß des zweiten Beratungstages. Nachdem Werner Klopfer (erneut erfolglos) halb im Ernst halb im Spaß versuchte, dem von Hans Georg Sifft verantworteten Grünflächenamt 100.000 Euro mehr zuzuweisen, meldet sich Gagliani ungefragt zu Wort: “Ich würde die 100.000 Euro auch gern nehmen für den Eiermarkt”. Da war es 19.44 Uhr. Alle konnten noch einmal herzlich und entspannend lachen. Und die nun schon abgekühlten Pizzen verzehren.