ZuhörerInnen, die der Autolobby kritisch gegenüberstehen, wollten ihren Ohren nicht trauen. Ausgerechnet Werner Klopfer, der jahrezehntelang als Inkarnation eines Pkw-Schutzheiligen in den städtischen Gremien angesehen wurde, forderte gestern Abend im Planungsausschuß eine Verdopplung der jährlichen Investitionen fürs Radfahren auf 100.000 Euro. Die CDU werde für die Etatberatungen 2019 einen entsprechenden Antrag stellen.
Als er die Verwaltung dann auch noch fragte, wo in deren Sachstandsbericht zur Radverkehrsinfrastruktur die Projekte aus dem “Fischer-Papier” (benannt nach dem Radwegeplaner Thomas Fischer vom Bauamt) zu finden sind, brach ungläubiges Staunen aus. Im zweiten Teil seiner Ausführungen wurde der “alte” Klopfer dann aber wieder erkennbar. “Muss das wirklich sein?” fragte er bezogen auf die von der Stadt vorgesehene Öffnung der Einbahnstrassen “Beinde” (unser Bild oben) und “Gymnasialstrasse” (unser Bild unten) für den Radfahr-Gegenverkehr.
Wegen der Enge in beiden Stadtstrassen sieht Klopfer hier Risiken und bat um eine Prüfung. Zuvor hatte Hermann Bläsius von den Grünen seine Freude darüber zum Ausdruck gebracht, dass “der Radverkehr mehr in den Blickpunkt der Verwaltung gerät”. Während er das “sehr schön” fand, kritisierte er am Erledigungsbericht für 2018, dass “bisher nur Schilder und ein paar Eimer Farbe” eingesetzt worden seien, aber “keine wesentlichen Investitionen” getätigt wurden.
Von der Kreuzkirche bis zur Nahe
Lobende Worte fand Bläsius für den Verhandlungserfolg der Verwaltung mit dem Landesbetrieb Mobilität (LBM), der sich damit einverstanden erklärt hatte, die neuen Radfahr-Angebotsstreifen auf der Wilhelmstrasse von der Kreuzkirche nicht nur bis zur Viktoriastrasse, sondern bis zur Nahe zu genehmigen. Die Grünen möchten diese allerdings “auf beiden Seiten als abgegrenzte Radwege” ausgeführt sehen, “auch wenn das vielleicht ein wenig teurer wird”.
Tempo 30 in der Wilhelmstrasse
Deutlicher wurde Michael Henke: “wir wollen keinen Weg mehr, wo Fußgänger und Radfahrer zusammen kommen”, sondern “seperate Wege”. Henke griff damit die Argumentation auf, die Lothar Bastian in einem Exklusivbeitrag für die LeserInnen dieser Seite am 16.1.19 ausführlich dargelegt hatte. Stadtplaner Bettino Hans Gagliani verteidigte die Fahrstreifen-Lösung und wies darauf hin, dass zur Erhöhung der Sicherheit Tempo 30 vorgeschrieben werde.
Auch Kohl für seperate Spuren
Der Winzenheimer Ortsvorsteher Mirko Kohl (CDU) steht der Entflechtung von Fußgänger- und Radverkehr aufgeschlossen gegenüber. Er wünschte sich für seinen Stadtteil die Verbesserung der Radwegeanbindung “zeitlich vorzuziehen” und dabei für die zu Fuß und die auf dem Rad getrennte Verkehrsflächen. Seine Kollegin aus Bad Münster, Dr. Bettina Mackeprang, vermißte in den städtischen Planungen die Verlegung der Radwegeführung längs der Nahe von der Münsterer auf die Ebernburger Seite. Diese ist erforderlich, weil das Brückengeländer nicht hoch genug ist (um die mit einem höheren Schwerpunkt ausgestatteten RadfahrerInnen vor einem Sturz nach ganz weit unten zu bewahren).