Stadt will Aufwand da und dort geltend machen

Um so mehr Fachpersonen sich mit dem hiesigen Tourismusbeitrag beschäftigen, um so grösser werden die Zweifel und Bedenken gegen die in Bad Kreuznach gewählte Vorgehensweise. Das Verwaltungsgericht hatte die Vollstreckung der Bescheide für 2016 und 2017 gegen Antonio Valentino u.a. mit der Begründung gestoppt, die Stadt sei ihrer Verpflichtung zur Vorlage einer Kalkulation nicht nachgekommen und somit sei nicht ausgeschlossen, dass insgesamt mehr Beiträge kassiert würden, als an Defizit tatsächlich entstanden ist (“Aufwandsüberschreitung”).

 

GuT “gemeinwirtschaftlich”

Auf dieses Risiko hatte Steuerberater Martin Reiber bereits mit Schriftsatz vom 7. Mai 2018 hingewiesen. Und dies vollkommen zu recht, wie die zwischenzeitlich auf der Stadtseite erfolgte Veröffentlichung der GuT-Bilanz für 2016 beweist. Dort erklärt die GuT seit dem 1.1.16 im Auftrag der Stadt “gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen” (sogenannte DAWI-Leistungen) wahrzunehmen. Gemeint sind damit “a. die Durchführung von Maßnahmen, die dem Kur und Fremdenverkehrswesen der Stadt Bad Kreuznach dienen, die Durchführung von Stadt und Fremdenverkehrsmarketing für die Stadt Bad Kreuznach sowie das Betreiben des Haus des Gastes, des Veranstaltungswesens im Kur- und Fremdenverkehrsbereich und der Touristen-Informations- und Servicestelle der Stadt Bad Kreuznach, b. der Betrieb von Gradierwerken sowie von Anlagen für touristische und gesundheitstouristische Zwecke und c. die Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Kuranwendungen und -therapien, physikalische Therapien, ambulante Vorsorgeleistungen, ambulante Reha-Leistungen sowie im Bereich Gesundheitstourismus sowie der in diesem Zusammenhang stehenden erforderlichen Produktion, Vertrieb und Handel von Kur- und Badeartikeln gemäß § 85, Abs. 2 GemO.”

 

Subvention fürs Gemeinwohl

Diese Erklärung erfolgt aufgrund zwingender Vorschriften europäischen Rechtes, wie die GmbH selbst erklärt: “Da die GuT als struktureller Verlustbetrieb auf dauerhafte und regelmäßige Kapitalzuführung durch den Gesellschafter angewiesen ist, diese aber mit EU-Beihilferecht konform gehen muss, hat der Stadtrat der Stadt Bad Kreuznach am 16.07.2015 die „Betrauung der Gesundheit und Tourismus für Bad Kreuznach GmbH mit der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung zur Förderung des Kur und Fremdenverkehrswesens sowie der kulturellen Attraktivität und dem Image der Stadt Bad Kreuznach“ beschlossen. Ein Gesellschafterbeschluss vom 27.01.2016 weist die Gesellschaft an, diese Betrauung umzusetzen.” Anders gesagt: um die Subventionierung der GuT mit jährlich hunderttausenden von Euro Steuergeld vor der EU rechtfertigen zu können mussten die entsprechenden Ausgaben als gemeinwohldienlich definiert werden.  

 

“nicht beitragsfähig”

Gemäss der Definition der DAWI-Leistungen liegt eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse nur dann vor, wenn sie dem Wohle der Bürger dient oder im Interesse der Gesellschaft (womit in der EU-Definition in verständiger Anwendung nicht die GuT sondern die Gemeinschaft der EinwohnerInnen einer Kommune gemeint ist) liegt und daher von den Mitgliedsstaaten mit besonderen Gemeinwohlverpflichtungen verbunden werden kann. Daraus schlussfolgert Steuerberater Reiber: “Demzufolge können DAWI-Dienstleistungen grundsätzlich nicht beitragsfähig sein, weil es dem jeweiligen Satzungsgeber untersagt ist Vorteile, die schon dem Wesen nach ALLEN zugute kommen sollen, einige wenige über Beiträge bezahlen zu lassen.”

 

Widerspruch aufgedeckt

Die Stadt Bad Kreuznach macht aber genau das: konkret und im Detail sind in der dem OVG im März 2018 vorgelegten Aufstellung “Aufwand und Ertrag touristischer Leistungen der Stadt 2016” auch jene enthalten, die von der GuT selbst als “gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen” (DAWI-Leistungen) bezeichnet werden: “Marketing/Veranstaltungswesen”, “Gesundheitszentrum/Kur”, “Salinen/Heilquellen” usw. (diese Seite berichtete am 16.3.18 unter der Überschrift “Kein Witz: Tourismusbeitrag soll auch Bäderhaus-Defizit verringern”). Die Stadt erklärt also der EU einerseits, ihre Subventionen erfolgten im Sinne des Gemeinwohles (um diese Zahlungen überhaupt zu ermöglichen) und dem Oberverwaltungsgericht stellt sie die selben Teilbeträge als “beitragsfähigen Aufwand” dar. “Die haben nicht damit gerechnet, dass sich das einer mal genau anschaut” meint Antonio Valentino dazu. Und: “Jetzt bin ich gespannt, wie sie dem OVG diesen Widerspruch erkären wollen”. 

 

 

 

QUELLENANGABE:

Die Bilanz der GuT GmbH für 2016 ist dank einer Initiative dieser Seite seit einigen Tagen auf der Stadtseite bad-kreuznach.de nachzulesen: auf deren Startseite in der Dachzeile “Wirtschaft und Wohnen” anklicken (rechts weisse Schrift auf blauem Grund), dann auf der Unterseite die vierte Option von oben links den Punkt “städtische Gesellschaften” anklicken, auf der dann angezeigten Unterseite rechts die GuT auswählen. Zitiert haben wir die Anlage IV Blatt 1:

 

Anlage IV Blatt 1

Lagebericht der Gesundheit und Tourismus für Bad Kreuznach GmbH (GuT) für das Geschäftsjahr 2016

  1. Grundlagen des Unternehmens (Seite 12; Blatt 1)

Abs.4 ,1. Zeile beginnend

Da die GuT als struktureller Verlustbetrieb auf dauerhafte und regelmäßige Kapitalzuführung durch den Gesellschafter angewiesen ist, diese aber mit EU-Beihilferecht konform gehen muss, hat der Stadtrat der Stadt Bad Kreuznach am 16.07.2015 die „Betrauung der Gesundheit und Tourismus für Bad Kreuznach GmbH mit der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung zur Förderung des Kur und Fremdenverkehrswesens sowie der kulturellen Attraktivität und dem Image der Stadt Bad Kreuznach“ beschlossen .Ein Gesellschafterbeschluss vom 27.01.2016 weist die Gesellschaft an, diese Betrauung umzusetzen.

Anlage IV Blatt 2 (Seite 13; Blatt 2)

Gesellschaftszweck und Aufgabenstellung der Gesundheit und Tourismus für Bad Kreuznach GmbH, sind nach § 2 des Gesellschaftsvertrages und gemäß des oben genannten Betrauungsaktes

  1. die Durchführung von Maßnahmen, die dem Kur und Fremdenverkehrswesen der Stadt Bad Kreuznach dienen, die Durchführung von Stadt und Fremdenverkehrsmarketing für die Stadt Bad Kreuznach sowie das Betreiben des Haus des Gastes, des Veranstaltungswesens im Kur- und Fremdenverkehrsbereich und der Touristen-Informations- und Servicestelle der Stadt Bad Kreuznach,
  2. der Betrieb von Gradierwerken sowie von Anlagen für touristische und gesundheitstouristische Zwecke,
  3. die Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Kuranwendungen und -therapien, physikalische Therapien, ambulante Vorsorgeleistungen, ambulante Reha-Leistungen sowie im Bereich Gesundheitstourismus sowie der in diesem Zusammenhang stehenden erforderlichen Produktion, Vertrieb und Handel von Kur- und Badeartikeln gemäß § 85, Abs. 2 GemO.

Diese Aufgaben nimmt die GuT im Rahmen ihrer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung wahr. Nicht von der Betrauung erfasst sind Tätigkeiten der GuT außerhalb der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung: z.B. Zimmervermittlung, Verkauf von Pauschalen, Verkauf von Souvenirs und touristischen Artikeln, Fahrradverleih oder die gewerbliche Vermietung von Räumlichkeiten. Erstmals muss die Gesellschaft mit dem Jahresabschluss des Wirtschaftsjahres 2016 mit einer Trennungsrechnung darlegen, dass die Nicht-Dawi-Leistungen zumindest kostendeckend erbracht werden.”