Wahlausschuss-Sitzung verstösst wörtlich gegen Kommunalwahlordnung

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Zum zweiten Mal leitete Thomas Blechschmidt eine städtische Gremiensitzung. Und zum zweiten Mal ging etwas Wichtiges schief. Diesmal könnten die Auswirkungen gravierend sein. Am Montagabend dieser Woche (31.1.2022) tagte um 17:30 Uhr der Wahlausschuss der Stadt Bad Kreuznach (diese Seite berichtete umfassend). Der Sitzungsverlauf selbst lieferte Freund*Innen der Einhaltung der Rechtsordnung wenig Anlaß für Kritik. Ganz anders als der organisatorische Rahmen. Denn dabei hat die Stadtverwaltung einmal mehr krass gegen geltendes Recht verstossen. Konkret gegen die Kommunalwahlordnung.

Der Nebeneingang ist ganz ausdrücklich mit “Kein Eingang” beschriftet. Der geforderte Aushang erfolgte dort nicht.

§ 4 KWO bestimmt in Absatz 2: “Für die Bekanntmachung genügt Aushang am oder im Eingang des Sitzungsgebäudes mit dem Hinweis, dass jedermann Zutritt zu der Sitzung hat”. Diese Vorschrift wurde nicht erfüllt. Fakt ist: die Sitzung fand im Sitzungssaal (ehemalige Telekom-Kantine) des Gebäudes Brückes 2-8 statt. Zu diesem Gebäude stehen den Kommunalpolitikern und der Öffentlichkeit zwei Eingänge zur Verfügung. Theoretisch. Tatsächlich ist der direkt vom Gehweg zu erreichende Haupteingang für die fast immer erst am späten Nachmittag nach Büroschluß beginnenden Sitzungen fast immer verschlossen.

Der Haupteingang war verschlossen. Ein Hinweis auf den Nebeneingang fehlte vollständig.

Die Sitzungsteilnehmer*Innen müssen daher den im Innenhof befindlichen Nebeneingang nutzen. Der Haupteingang war auch am Montagnachmittag nur gegen 17:15 Uhr kurz geöffnet. Zu diesem Zeitpunkt war die mit Corona begründete, tagsüber durchgeführte Eingangskontrolle bereits beendet. Daher warteten eine Reihe von Ausschussmitgliedern und Vertrauensleuten draussen auf der Treppe vor der Tür und wurden gemeinsam eingelassen. Danach war die Tür wieder verschlossen. Ein Zeuge berichtete der Redaktion dieser Seite: “Ich stand um kurz nach 17:30 Uhr vor der Eingangsschiebetür. Diese öffnete sich nicht.

Nirgendwo am Gebäude befand sich ein Hinweis auf den einzigen offenen …

Drinnen befand sich eine dunkelhaarige Frau. Diese machte zunächst Gesten, die ich nicht verstand. Ich klopfte an die Tür, um zu verdeutlichen, dass ich Einlass begehrte. Daraufhin trat die Frau in die Eingangsschleuse und zeigte mir, dass sie die Tür nicht öffnen könne. Einen Hinweis auf einen anderen Eingang gab es nicht”. Auch ich selbst konnte gegen 17:20 Uhr den Haupteingang nicht nutzen, da dieser verschlossen war. Ich ging daher zum Nebeneingang. Am Haupteingang und an der Fassade gab es nicht den kleinsten Hinweis auf den Nebeneingang.

… Eingang. Und auch der von der Kommunalwahlordnung geforderte Aushang …

Vor oder im oder am Nebeneingang, der für das einfache Volk (dessen Rechte allerdings laut Grundgesetz und Landesverfassung von KWG und KWO geschützt werden sollen) mit den deutschen Worten “Kein Eingang” unmißverständlich abweisend beschildert ist, hing kein Aushang mit Hinweis auf die Sitzung des Wahlausschusses. Das gilt auch für den Sitzungssaal selbst, dessen Eingang – anders als bei Sitzungen des Stadtrechtsausschusses – mit keinem Aushang über das Geschehen drinnen bereichert war. Falls im Land Rheinland-Pfalz gesetzliche Bestimmungen noch für alle gelten und nicht beliebig käuflich sind, bedeutet dies:

… erfolgte weder am einzig geöffneten Eingang noch in dessen Nähe.

Die Sitzung des Wahlausschusses fand nicht formgerecht, mithin rechtswidrig statt. Einmal mehr wurde ausgerechnet der urdemokratische Grundsatz der Öffentlichkeit durch die Stadtverwaltung gravierend verletzt. Dieser Fehler ist auch nicht im Nachhinein heilbar. Etwa durch eine kurzfristige Wiederholung der Sitzung des Wahlausschusses bei Beibehaltung des Wahltermines. Das hat die Prüfung eines Fachanwaltes ergeben, der von der Redaktion dieser Seite beauftragt wurde. Dessen Bericht schließt mit dem Hinweis: “ob die Feststellung der Rechtswidrigkeit bereits auf dem Weg über ein Eilverfahren noch vor der Wahl erreicht werden kann, ist offen.

Das hängt allein davon ab, ob die in diesem Verfahrenszug erkennende Kammer bei der allein möglichen “summarischen Prüfung” den von Ihnen dokumentierten Verstoss mit der notwendigen Offensichtlichkeit im Hinblick auf ein späteres Wahlprüfungsverfahren feststellt. Hinsichtlich der Kosten und Begleitumstände für die Öffentlichkeit und die Stadt Bad Kreuznach wäre eine Klärung “ante partum”, also vor der Wahlhandlung am 13. März 2022, sicherlich vorzuwürdig. Aber das Kostenrisiko liegt allein beim Antragsteller.

Aufgrund der Sachlage sehe ich für ein nach der amtlichen Bekanntmachung des Wahlergebnisses anzustrengendes Wahlprüfungsverfahren beste Erfolgsaussichten hinsichtlich einer gerichtlichen Erklärung der Ungültigkeit der Wahl. Ich rate konkret dazu den dokumenierten Sachverhalt der Stadtverwaltung und deren Dienstaufsichtsbehörde vorzulegen. Eine schlichte Veröffentlichung in Ihrem Presseorgan erscheint mir nicht ausreichend, um eine unverzügliche Prüfung zu erzwingen” (weiterer Bericht folgt).