Pfingstwiese wird zum Ersatz-Busdepot

Schon heute herrscht an manchen Tagen reger Busverkehr auf der Pfingstwiese. Insbesondere für Tages- und Wochenendbusreisen wird das Jahrmarktsgelände gern genutzt: die Reisegäste parken kostenlos, die Busse können ihre Passagiere bequem aufnehmen. P&R der anderen Art. Das wird sich im Frühherbst ändern. Denn am 17. Oktober nimmt die neue Busgesellschaft der Kreise Mainz-Bingen, Bad Kreuznach und der Stadt den Betrieb auf. Derzeit werden Dutzende Busse zusammengekauft. Und Ideen geschmiedet für ein neues Busdepot. Das könnte an der Siemensstrasse entstehen. Aber nicht nur der Standort ist heute, keine zehn Monate bevor es losgehen soll, noch offen.

In der als sogenannte Videokonferenz organisierten Stadtratssitzung am vergangenen Donnerstag (27.1.2022) gab dazu der Geschäftsführer der neuen kommunalen Busgesellschaft, Uwe Hiltmann, Auskünfte. Wobei er ehrlich feststellte, dass die meisten Fragen weniger als zehn Monate vor dem Start noch auf Antworten und Lösungen warten. Wie die zum neuen Busdepot. Hiltmann legte in seinem Folienvortrag erstmals offen, dass sich die Stadtverwaltung hinter dem Rücken der Einwohnerschaft und ohne Einbeziehung der städtischen Gremien bereits auf ein Provisorium festgelegt hat: die Pfingstwiese wird zum Ersatz-Busbahnhof.

In der entsprechenden Hiltmann-Folie heisst es dazu wörtlich: “da zeitliche Verzögerungen nicht ausgeschlossen sind, ist ein möglicher Plan B im Bereich Pfingstwiese als Interimslösung für bis zu elf Monate vorbereitet”. Zwar hatte Stadtratsmitglied Jörg Fechner (AfD) Hiltmann gleich nach seinem Vortrag das öffentliche Versprechen abgenommen, seine Folien den Ratsmitgliedern zur Verfügung zu stellen. Aber bis heute Morgen sind diese nicht im Bürgerinformationssystem eingestellt. So existiert als Beweis für diesen abenteuerlichen Plan lediglich das Foto, dass unser Fotograf während der Sitzung geistesgegenwärtig gemacht hat.

Da Uwe Hiltmann in seinem Vortrag ausdrücklich einräumte, dass von diesen “elf Monaten” der Jahrmarkt nicht erfasst ist (der die Pfingstwiese wegen Auf- und Abbau gut drei Wochen belegt) bleibt unklar, wie diese Zeitspanne berechnet wurde. Vermutlich um aus juristischen Gründen offiziell unter einem Jahr zu bleiben. Das glaubt aber in und um Bad Kreuznach kein sachkundiger Mensch mehr. Denn an Provisorien mit überlanger Lebensdauer mangelt es der Nahe-Metropole nicht. Als Musterbeispiel kann hier die Ochsenbrücke dienen. Auch die ist nichts anderes als ein Provisorium. Seit vielen Jahrzehnten.

Wie eine Umfrage der Redaktion dieser Seite bei Anwohner*Innen der Pfingstwiese am gestrigen Freitag ergeben hat, wurden diese mit keinem Wort über die bereits vereinbarte Nutzungsänderung für den Platz, an dem sie wohnen, informiert. Ein von dieser Seite dazu kontaktierter Rechtsanwalt hält aber genau das für “zwingend erforderlich”. Denn “ganz eindeutig” handele es sich bei dem Betrieb eines Busdepots um eine gravierende Nutzungsänderung. Das ergebe sich schon aus den erheblichen Belastungen, die mit dem Betrieb einer solchen gewerblichen Einrichtung verbunden sind.

“Die Lebensverhältnisse werden sich durch den täglichen Massen-Bus-Betrieb vom frühen Morgen bis zum späten Abend gravierend verändern”, ist sich der Jurist sicher. “Beginnend mit der Lärmbelästigung durch die Dieselaggregate. Und dann natürlich durch die erheblich steigende Feinstaubbelastung”. Diese Folgen für die betroffenen Menschen hat am Donnerstagabend in der Videokonferenz des Stadtrates kein einziges Stadtratsmitglied angesprochen. Hinterfragt wurden ganz andere Punkte (weitere Berichte folgen).