Gestern Abend offener Rechtsbruch im Planungsausschuss

Die Meinung unseres Redakteurs
Claus Jotzo

Am 22. November 2021 hat der Stadtrat einige Ausschüsse neu besetzt. Darunter auch den Planungsausschuss (PLUV). Welchen Platz mit wem: im amtlichen Protokoll ist das leider nicht vermerkt. Ob aus Schlampigkeit oder um Manipulationen Tür und Tor zu öffnen? Man muss jedenfalls – nochmals einen herzlichen Dank dafür an Marc Bremmer und Yuliyan Ilev – bei kreuznachgehört.de nachhören, was gesagt und entschieden wurde. Daraus ergibt sich. Die Oberbürgermeisterin hat dem Stadtrat sowohl die Vorschläge vorgelesen, als auch nach den Abstimmungen die Ergebnisse. Für die AfD wurde Thomas Wolff zum Mitglied gewählt.

Als Stellvertreter Jörg Fechner und Nelson Prieß. In der vergangenen Woche trat Thomas Wolff aus der AfD aus. Und von allen Ämtern im Stadtrat und den Ausschüssen zurück. Auch wenn es für normale Menschen, die mit öffentlicher Verwaltung nichts zu tun haben, schwer vorstellbar ist, gestern passierte in der Folge dann das: da Jörg Fechner den Zugangscode für die PLUV-Videokonferenz nicht erhalten hatte, rief er im Stadthaus an. Jürgen Cron vom Hauptamt überraschte ihn mit der Mitteilung, er könne nur als Ratsmitglied ohne Rede- und Stimmrecht an der Ausschusssitzung teilnehmen.

Cron’s Begründung: mit dem Verzicht des Thomas Wolff auf seinen Platz als Mitglied, seien auch die beiden Stellvertreterplätze perdu. Für hirnorganisch gesunde Menschen ist schon diese Erklärung schwer fassbar. Das deutsche Wort Stellvertreter ist Jahrhunderte alt. Der Sinn dahinter Jahrtausende. Man muss nicht sehr gebildet sein, um die Absicht des Gesetzgebers zu erkennen: Beteiligung, Kontinuität usw. Genau für den Verhinderungsfall des Mitgliedes sieht die Gemeindeordnung die Stellvertreterregelung vor. Die Stellvertreter wurden zwar im November in einem Wahlgang mit den Mitgliedern gewählt.

Aber eben auf eigene Positionen. Sauber wurden sogar zweite, dritte und vierte Stellvertreterplätze abgegrenzt, um für die Sitzungen selbst Klarheit zu schaffen. Für die Stellvertreterfunktion ist nicht von Bedeutung, warum die oder der zu Vertretende nicht da ist. Tod, Mandatsverzicht, Einkaufsbummel: egal (natürlich nicht für das Mitglied – ABER FÜR DIE VERTRETUNG). Sondern nur, dass er-sie-es nicht anwesend ist. Jörg Fechner wurde nicht als persönlicher Annex von Thomas Wolff gewählt. Sondern als eigenständiger Verantwortungs- und Aufgabenträger, eben als stellvertretendes Mitglied des Planungsausschusses.

Die Stadtverwaltung sieht das ganz anders. Die gestern Abend im Ausschuss vertretene Auffassung hatte sie im Rats- und Bürgerinformationssystem bereits vorher vollzogen. Und nicht nur Thomas Wolff als Mitglied, sondern auch Jörg Fechner und Nelson Prieß als stellvertretende Mitglieder aus dem Ausschussverzeichnis gelöscht. Fechner ist schon charakterlich nicht auf Krawall gebürstet. Und in seiner Heimat Berlin hat ihm öffentliche Verwaltung vor über 30 Jahren noch viel abwegigere “Regelungen” zugemutet. Zudem hatte er gestern Nachmittag einiges zu tun. Also nahm er die Mitteilung klaglos hin. Und loggte sich gestern gegen 17:30 Uhr zur Videokonferenz ein.

In der gab es einen Tagesordnungspunkt, der von Bürgermeister Blechschmidt geleitet wurde. In dieser Phase der Sitzung (siehe gesonderten Beitrag in der heutigen Ausgabe: “Schlechter Start für Thomas Blechschmidt”) fand eine Abstimmung statt. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde deutlich, dass bis dahin noch gar nicht geklärt war, welche der Videoteilnehmer*Innen Stimmrecht hatten und welche nicht. Da sprach Fechner seinen Fall öffentlich an. Er zitierte die Cron-Auskunft. Die gestern protokollführende Leiterin der städtischen Bauaufsicht, Julia Besler, bestätigte eine entsprechende Bewertung hausintern erhalten zu haben.

Und damit war das Thema sowohl für Teilzeit-Sitzungsleiter Blechschmidt als auch die übrigen Ausschussmitglieder erledigt. Dabei handelt es sich um einen offenen Rechtsbruch: ein anwesendes stellvertretendes Ausschussmitglied wurde an der Ausübung seiner Rechte gehindert. Mit einer Begründung, die die Richter beim Verwaltungsgericht Koblenz nicht einmal zur Prüfung annehmen werden. Weil sie zurecht die Befürchtung haben müssen, sich in dieser mündlichen Verhandlung totzulachen. Über so viel Unwissenheit. Und so wenig Verstand. Der rechtswidrige Fechner-Ausschluss führt zur Anfechtbarkeit der gesamten Sitzung.

Sowohl des öffentlichen als auch des nichtöffentlichen Teils. Alle gefaßten Beschlüsse sind anfechtbar. Würde sie von Kommunalrecht nach mehr als zehn Jahren im Amt hinreichend viel verstehen, um das Amt der Oberbürgermeisterin wenigstens in diesem Punkt voll ausfüllen zu können, müßte Dr. Kaster-Meurer noch heute die gefaßten Beschlüsse unverzüglich nach § 42 Gemeindeordnung (GemO) aussetzen. Und den PLUV zu einer Wiederholungssitzung baldmöglichst zusammenrufen. Und das Ausschussverzeichnis der Stadtseite wahrheitsgemäß korrigieren lassen. Und sich bei Jörg Fechner entschuldigen.