Mainz 05 schlägt Hertha BSC 4:0

In den letzten Minuten des Spiels war die “alte Dame” aus der Bundeshauptstadt gestern Abend völlig überfordert. Bei besserer Chancenverwertung hätte der Mainzer Sieg deutlich höher ausfallen können. Aber für die Fans des FSV ist “auch” das 4:0 am 16. Spieltag ein wunderschönes Weihnachtsgeschenk. Vor allem wegen der sehr überzeugenden Leistung.

Hertha BSC konnte zu keinem Zeitpunkt in den 90 Minuten der individuellen Klasse der Mainzer Spieler und deren taktischer Kreativität etwas entgegensetzen. Nach einem Jahr Training unter Bo Svensson haben sich praktisch alle Spieler verbessert. Und es hat sich eine Mannschaft entwickelt, die so gut zusammenspielt, dass alle fünf gestern Abend von der Bank auf den Rasen eingewechselten Spieler sich jeweils nahtlos eingefügt haben.

Svensson gelingt es zudem nach und nach die Mannschaft auf einem überdurchschnittlichen Leistungsniveau zu stabilisieren. Dem sehr guten, wenn auch punktlosen Spiel vor drei Tagen beim Top-Meisterschaftsfavoriten Bayern folgte eine mit drei Punkten und vier Toren belohnte Spitzenleistung gegen einen Gegner auf Augenhöhe, der sich selbst sogar als Spitzenmannschaft einstuft.

Besonders beachtlich dabei: noch nie hatten die 05er an einem 16. Spieltag eine positive Tordifferenz von 9. Und nur der SC Freiburg hat aktuell mit 15 Gegentreffern einen weniger, als die Mainzer. Auch die Stabilität in der Defensive ist ein Ergebnis der Arbeit des Trainers. Es ist schwer zu sagen, wie Christian Heidel das macht. Aber als Mainzer Sportchef ist er ein “Erfolgs-Trainer-Macher”.

Unvergessen, wie er einst den im Bad Kreuznacher Moebus-Stadion weilenden Jürgen Klopp als Trainingsleiter auswählte. Auch die Beförderung des damals vollkommen unbekannten Thomas Tuchel oder auch die Berufung von Automechaniker Martin Schmidt sind solche typischen Heidel-Entscheidungen, die in ihrer Summe europaweit ihres Gleichen suchen.

Und doch könnte es sein, dass die Verpflichtung von Bo Svensson bei dem von Fans selbsternannten Fastnachts-Verein nach dem durch Jürgen Klopp bewirkten Imageschub noch einmal wie ein Booster wirkt. Hoffentlich nachhaltiger angelegt als die Sensation, die Otto Rehagel als Trainer mit dem 1. FCK schaffte, als er den Aufsteiger zur Meisterschaft führte. Soweit sind heute in Mainz weder die Mannschaft noch der Verein.

Aber möglichst viele erfolgreiche Jahre mit Bo Svensson könnten dafür eine Grundlage legen. Zurück zum Spiel, in dem auch neutrale Zuschauer nie den Eindruck gewannen, dass die Hertha mit etwas Zählbarem nach hause fliegt. Bereits in der 19. Minute verwertete Jae-sung Lee die zweite oder dritte Chance der Gastgeber zur hochverdienten 1:0-Führung.

Mehr als ein Dutzend erstklassiger Spielzüge später erhöhte in der 41. Minute Alexander Hack auf 2:0. Mit diesem Ergebnis lag Berlin auch in Stuttgart zur Halbzeit zurück. Und holte noch ein Unentschieden. Diese Aussicht bestand für die Hertha in Mainz zu keinem Zeitpunkt. Die 05er kamen unverändert druckvoll und spielstark aus der Pause.

Silvan Widmer sorgte mit einem sehenswerten Kopfball bereits in der 49. Minute für die Vorentscheidung. Rund zehn Minuten später hätte Mainz eigentlich einen Elfmeter zugesprochen bekommen müssen. Und hatte mehrere Chancen auf das 4:0. Das erzielte dann Jean-Paul Boetius in der 79. Spielminute.

Es ist nicht nur eine einstudierte Geste vor Spielbeginn für das Publikum. Sondern Trainer Bo Svensson hat tatsächlich eine Mannschaft geformt. Das zeigen seine Spieler von der ersten bis zur letzten Minute auf dem Platz (Bilder: FSV Mainz 05).