Viele neue Stellen für die Stadtverwaltung

Werner Lorenz (FDP) war gestern Abend im Hauptausschuss der einzige, der den Versuch unternahm ein Stück der Lebenswirklichkeit in die Beratung des Stellenplanes der Stadt Bad Kreuznach einzubringen: “keiner von uns würde bei der finanziellen Situation irgendjemand einstellen, um seinen Betrieb weiterzuführen. Er würde Bankrott gehen. Und wenn wir wissen, was bei den Stadtwerken los ist, was bei der Beteiligungsgesellschaft los ist: die Kuh gibt keine Milch mehr. Wir können die Kuh nicht weiter melken, sonst geht die ganz den Bach runter”.

Dr. Heike Kaster-Meurer (SPD) watschte den Bosenheimer Winzer sogleich verbal ab und behauptete; “wenn Sie privatunternehmerisch tätig sind, dann werden Sie sich weder von der EU noch vom Bund noch vom Land Aufgaben aufdrücken lassen ohne auskömmliche Gegenfinanzierung”. Leider war dann weder Lorenz noch ein anderes Hauptausschußmitglied in der Lage der Oberbürgermeisterin zu widersprechen. Und sie darauf hinwzueisen, dass ihre Aussage schlicht falsch ist. Denn genau so, wie die Stadt von EU, Bund und Land zusätzliche oder andere Aufgabe vorgesetzt bekommt, muss sich die Privatwirtschaft Tag für Tag mit einer Flut von neuen rechtlichen Vorgaben aus den selben Dienststellen auseinandersetzen.

Und dafür im Schnitt kostenneutrale Lösungen finden, um dem von Lorenz aufgezeigten Schicksal der Insolvenz zu entgehen. Die in der Replik der Oberbürgermeisterin deutlich gewordene Realitätsverleugnung setzte sich dann in der weiteren Ausschussdiskussion auf breiter Basis fort. Von Einsparungen war mit keinem Wort mehr die Rede. Es ging nur noch um die Begrenzung der Mehrausgaben. Nach einer nicht einmal halbstündigen Aussprache stimmt der Hauptausschuss einstimmig für die Schaffung von rund 20 neuen Stellen im Bereich Kindertagesstätten. Deren Personalkosten trägt das Land.

Mehrheit für viele neue Stellen

Die Stadt hat die immerhin sechsstelligen Sach- und Personalbewirtschaftungskosten zu tragen. Gegen drei Neinstimmen von FDP und Fairer Liste wurde die Stelle eines hauptamtlichen Ordnungsamtleiters beschlossen. Gegen vier Neinstimmen und bei zwei Enthaltungen wurde eine zusätzliche Stelle im IT-Bereich geschaffen, die den “Digitalpakt Schule” fachlich ermöglichen soll. Gegen drei Neinstimmen wurden zwei weitere Stellen für den Allgemeinen Sozialdienst des Jugendamtes geschaffen. Bei sechs Neinstimmen und einer Enthaltung (die Jastimmen wurden bei keiner der Abstimmungen von der Sitzungsleitung gezählt und auch nicht benannt) wurden weitere sechs Stellen genehmigt, die die Verwaltung dort schaffen kann, wo diese nach ihrer Einschätzung besonders benötigt werden.

Dieser Antrag war inhaltsähnlich von Grünen und SPD gestellt worden. Die CDU-Stadtratsfraktion kam am Ende der Sitzung noch einmal auf die Personalkosten zu sprechen. Ihr Fraktionsvorsitzender Manfred Rapp trug vor, dass im Haushaltsentwurf für 2022 nur rund 44 Millionen Euro Personalkosten eingestellt seien, obwohl sich bei einem voll ausgeschöpften Stellenplan Kosten von rund 49 Millionen Euro ergäben: “Kommen wir mit 44 Millionen Euro aus?” Die OBin verwies diese Frage zunächst in die Ende des Monats anstehenden Etatberatungen. Um dann darzulegen, warum sie die Kürzung des Ansatzes um rund 5 Millionen Euro für verantwortbar hält.

Keine Einsparbeschlüsse: die Schulden steigen

Hintergrund für die Frage Rapps und die Antwort Dr. Kaster-Meurers: anders als noch vor Wochen im Finanzausschuss zugesagt, hatte die Stadtspitze keinen ausgeglichenen Haushaltsentwurf für 2022 vorgelegt, sondern lediglich das ursprünglich rund 25 Millionen Euro betragende Minus gesenkt. Dabei hat die Kürzung von 5 Millionen Euro im Personaletat natürlich einen großen Beitrag geleistet. Und andere Einsparvorschläge vermeiden helfen. Und wenn es dann Ende 2022 in der Buchhaltungsrealität anders aussieht: “dann wird natürlich bezahlt, was wir bezahlen müssen”. Und das Minus in der Stadtkasse wird noch größer.