Aufgespiesst: Dringlichkeitsvorlage fehlt Dringlichkeitsbegründung

Damit nicht einfach jede(r) macht, was er-sie-es will, gibt es Regeln. Die 10 Gebote etwa, von denen auch heute noch ein Teil Gültigkeit hat. Regeln waren für menschliche Gesellschaften wegen der Regelbrecher schon immer von so großer Bedeutung, dass diese schon vor tausenden von Jahren allgemeinverbindlich bekannt gemacht wurden. Ein weltbekanntes Beispiel dafür ist der Codex Hammurapi aus dem Babylon des 18. Jahrhundert vor Christus. 3.800 Jahre später sind es die Gemeindeordnung und die Geschäftsordnung des Stadtrates, an die sich Stadtverwaltung und Rat halten müßten.

Weil das Arbeit macht und unbequem ist, wird gern mal darauf verzichtet. Wie in der heutigen Stadtratssitzung. Da steht eine “Dringlichkeitsbeschlussvorlage” zur Beratung und Beschlußfassung an. Die Drucksache 21/384 behandelt “Lieferung und Aufstellung von Luftreinigern”. Was in dem Dokument vollständig fehlt, ist die formal einzig relevante Begründung: die der Dringlichkeit. Denn obwohl dieser Sachverhalt bereits in der Sitzung des Schulträgerausschusses vor genau einem Monat behandelt und erläutert wurde, versäumte es Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer das Thema auf die Tagesordnung der heutigen Stadtratssitzung zu nehmen.

Daher muss der Stadtrat heute die Dringlichkeit der Sache beschliessen, um überhaupt entscheiden zu dürfen. Was er formal deshalb nicht rechtskonform kann, weil eine Eilbedürftigkeit schon deshalb nicht gegeben ist, weil der Sachverhalt ja bereits vor einem Monat im Fachausschuss behandelt wurde. “Dringlich” aus Sicht der Verwaltung wurde die Angelegenheit durch den Fehler der OBin. Weil Dr. Kaster-Meurer das nicht zugibt, fehlt in der Beschlußvorlage konsequent jede Andeutung auf deren Eilbedürftigkeit.

Ohne Argumente dafür darf aber der Stadtrat diesen Punkt – selbst wenn er es einstimmig wollte – nicht auf die Tagesordnung aufnehmen. Das sagen die Regeln. An die sich, wie gesagt, in Bad Kreuznach Stadtverwaltung und Stadtrat ungern halten. Der dümmste Spruch, den erwischte Regelbrecher häufig von sich geben, ist: “es geht uns ja um die Sache und nicht um Formalien”. Falls Ihnen ein Kommunalpolitiker damit mal von der Seite kommt, fragen sie ihn einfach, warum er nicht rechtzeitig gehandelt hat, wenn die Sache ihm doch so wichtig ist …

Das bringt die meisten Dummschwätzer so ins Rudern, dass die dann die Klappe halten. Übrigens: der Stadtrat selbst hat in seiner einstimmig beschlossenen Geschäftsordnung genau festgelegt, wie bei “Dringlichkeitsanträgen” zu verfahren ist: “bei der Aussprache hierüber darf auf den sachlichen Inhalt des Beratungsgegenstandes nur insoweit eingegangen werden, als es für die Beurteilung der Dringlichkeit erforderlich ist”. Auch hier wird allein auf die Dringlichkeit abgestellt, nicht auf die Sache.

Warum diese Frage von so großer Bedeutung ist, dass wir hier darüber schreiben? Einmal macht dieser Fall beispielhaft deutlich, was eine der zentralen Ursachen der Probleme in der Bad Kreuznacher Kommunalpolitik ist: die unfassbare Inkompetenz der Verantwortlichen, die eine weit überhöhte Fehlerquote zur Folge hat. Ohne das Versäumnis der OBin gäbe es das Dringlicheits-Problem doch gar nicht. Die Vorlage zu dem von ihr vergessenen Tagesordnungspunkt stammt sogar aus ihrem eigenen Baudezernat. Die kam halt viel zu spät. Was der OBin aufgefallen wäre, wenn sie sich kümmern würde.

Dr. Kaster-Meurer aber übt massenhaft Nebentätigkeiten aus und sichert Ihre finanzielle Zukunft ab. Da bleibt halt für die von den Bürger*Innen bezahlte Arbeit nicht genug Zeit. Und dann gibt es da noch 15 Mitbewerber, die bei dem 100.000-Euro-Auftrag nicht bedacht werden. Wenn nur einer von denen auf die Idee kommt zu klagen, bekommt die Stadt wieder einen auf die Mütze. Denn natürlich ist das Vergabeverfahren durch die nur vorgetäuschte formale Dringlichkeit formfehlerhaft. Was den meisten Kommunalpolitikern egal ist. Sie müssen die Zeche ja nicht zahlen.