„Morgens Schüler, mittags Vertreter und abends Heiratsschwindler“

„Andre war mein Freund“. Auch 25 Jahre nach dem Tod von Andre Beitner, der im Alter von 69 Jahren am 16. Juni 1996 starb, ist Nicolaus Blättermann, der Ehrenvorsitzende der jüdischen Gemeinde Bad Kreuznach, in seiner Erinnerung noch tief berührt. Am Vorabend seines 101. Geburtstages besuchte er in Begleitung von Werner und Annemarie Fuchs, ebenfalls enge Freunde der Beitners, den Vortrag „Andre Beitner – Vorbild der Versöhnung – ein Leben als Jude in Deutschland“, den Hansjörg Rehbein im Haus der Stadtgeschichte hielt.

Zu Besuch in Bad Kreuznach ist derzeit Nikolaus Blättermann (mitte), der bei seinem Sohn René in der Nähe von Lübeck lebt. Begleitet wurde er zum Vortrag von Hansjörg Rehbein (zweiter von links) von Werner und Annemarie Fuchs (rechts). Stadtarchivarin Franziska Blum-Gabelmann (links) hatte die Gäste begrüßt (Foto: privat).

Das Gespann Beitner/Blättermann, beide Holocaust-Überlebende, trug Ende der 1980er/Anfang der 1990-Jahre dazu bei, dass sich die jüdischen Emigranten aus Osteuropa in ihrer neuen Heimat zumeist gut integrieren konnten. Rehbein, der 1997 eine Biografie über Andre Beitner veröffentlichte, stellte das vielfältige Engagement Beitners für sein Bad Kreuznach heraus. Den meisten Bad Kreuznachern ist er als Gastronom so beliebter Lokale wie das „Big Ben“, die „Destille“ und das „Bistro“ in Erinnerung.

Josef Traut, ebenfalls ein erfolgreicher Gastronom („Blue Marlin“ und „Cueva“I war als Berufsschüler häufig Gast im Beitner-Imbiss „W23“, Traut brachte zudem noch eine Getränkekarte aus dem „Big Ben“ mit. Damals kosteten 0,2 Liter Löwenbräu 80 Pfennige und ein Barcadi Rum weiß 2,50 Mark. Rehbein zitierte aus seinem Buch:„Morgens die Schüler, mittags die Vertreter und abends die Heiratsschwindler“, witzelte Andre über das bunte Völkchen und das rege Treiben in seiner Kneipe. Im Vorfeld der Veranstaltung hatte Gernot Meyer Grönhof in einer E-Mail an Rehbein seine Teilnahme bedauernd abgesagt:

„Als junger Fußballer war ich oft im Big Ben und habe über die Großzügigkeit von Andre Beitner gestaunt.“ Stadtarchivarin Franziska Blum-Gabelmann, die die 30 Gäste begrüßt hatte, wies zum Abschuss auf den nächsten Vortrag aus der VHS-Reihe „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland hin. Dr. Martin Senner referiert über eine weitere jüdische Persönlichkeit aus Bad Kreuznach: „Ein origineller Zeitgenosse: Moses Mauser (1852-1913)” am Donnerstag, 14. Oktober 2021, 18.30 Uhr, im Haus der Stadtgeschichte (Mannheimer Straße 189).

Quelle und Bild: Stadtverwaltung Bad Kreuznach