Tourismusbeitrag: Stadtrat beschliesst die Satzung zum vierten Mal

Es war der große Auftritt von Heiderose Häußermann. Die Beschlußvorlage war von Nicola Trierweiler ausgearbeitet worden. Eine sonst übliche Vorberatung im Finanzausschuss hatte die Stadtverwaltung gestrichen. Lästige Nachfragen und Diskussionen sollten so auf die Stadtratssitzung begrenzt werden. Und dort präsentierte gestern Abend die Stadtrechtsdirektorin persönlich als Berichterstatterin den Verwaltungsvorschlag zur Rettung des Tourismusbeitrages.

Antonio Valentino (links) verfolgte Beratung und Abstimmung über den von ihm seit Jahren erfolgreich bekämpften Tourismusbeitrag.

Schon ihr erster Satz nahm die Tendenz ihrer weiteren, für ihre Verhältnisse ungewöhnlich wortreichen, wenn auch wenig aussagekräftigen Ausführungen vorweg: “es geht hier um die Heilung eines formalen Fehlers”, versuchte Häußermann die Aufgabenstellung zu verharmlosen. Das war ganz im Sinne der großen Mehrheit im Stadtrat. Der stimmte deutlich für (22 Ja- gegen neun Neinstimmen bei zwei Enthaltungen) die Neuauflage der Tourismusbeitrags-Satzung. Und die Fortsetzung des Beitragserhebungsverfahrens.

Und das, obwohl zwei Stadtratsmitglieder, Wilhelm Zimmerlin (FWG/BüFEP) und Gerhard Merkelbach (Faire Liste), sehr fundierte, zielführende Fragen stellten. Und Bedenken anmeldeten. Werner Lorenz (FDP) schien zu erahnen, was auf Rat und Verwaltung zukommt, wenn die Satzung auch in diesem erneuten Anlauf wieder vor Gericht scheitert. Und wollte daher kurz vor der Abstimmung konkret wissen, ob mit diesem Beschluß der Tourismusbeitrag nun endlich eine rechtskräftige Satzung bekommt.

Nachdem Oberbürgermeisterin und Stadtrechtsdirektorin ihm dies zusicherten, stimmte Lorenz, gemeinsam mit seinen FDP-Parteifreunden, Dr. Herbert Drumm (Freie Wähler), SPD, Grünen, Linken, PBK und der OBin für die Satzung. Die Neinstimmen kamen von FWG / BüFEP (3), Gerhard Merkelbach und einem Teil der CDU-Fraktion (5). Zwei Christdemokraten enthielten sich der Stimme (ein sehr ausführlicher Bericht folgt).

Meinung: wie die Piraten bei Asterix und Obelix
Die Meinung unseres Redakteurs
Claus Jotzo

Wer die “Arbeit” von GuT GmbH, Stadtrat und -verwaltung bezüglich des Tourismusbeitrages in den vergangenen vier Jahren beobachtet hat und etwas von Comics versteht, dem drängt sich ein Vergleich unwillkürlich auf: der der kommunalen Akteure mit den Piraten bei Asterix und Obelix. Nach einer Reihe verlorener Schlachten, die jeweils mit dem Verlust des eigenen Schiffs endeten, versenken die nämlich ihr Boot lieber gleich selbst, wenn sich ihnen die Gallier nähern. Um den Helden damit den Triumph einer aktiven Handlung vorzuenthalten.

Die Comic-Strips bebildern im übertragenen Sinne die Auseinandersetzung von Antonio Valentino und seinem Team mit der amtlichen Kommunalpolitik. Vor drei Jahren gewann der Mister vom “Ponte Vecchio” zunächst zwei Eilverfahren beim Verwaltungsgericht Koblenz. Und brachte dann beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG) sogar einen Normenkontrollantrag durch. Seit dem läuft in Sachen Tourismusbeitrag alles gegen die Stadt. Mit einer klar erkennbarenen Tendenz zur Selbstzerstörung. Die erste entsprechende Handlung fand am 21. Februar 2019 statt.

Obwohl Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer 2018 auf dem Weg über die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) sehr deutlich auf ihre formal höchst fehlerhafte Sitzungsleitung bei Stadtrats- und Ausschusssitzungen hingewiesen wurde, versagte sie an diesem Tag erneut. Und ließ als Wiederholungsfall ein im rechtlichen Sinne befangenes Stadtratsmitglied wortwörtlich nur abrücken. Statt es in den Zuschauerbereich zu schicken. Die Folge: am 29. Juni 2021 erklärte das OVG den entsprechenden Satzungsbeschluß zum zweiten Mal für unwirksam.

Geschah der Fehler 2019 immerhin noch im Sitzungssaal, hat die Oberbürgermeisterin die Torpedierung der gestrigen Entscheidung ins Freie verlegt. Dort, vor dem Hotel, in dem der Stadtrat tagte, mußten nämlich die Stadtratsmitglieder Thomas Wolff, Jörg Fechner und Nelson Prieß verbleiben. Die drei AfDler konnten oder wollten den 3-G-Nachweis nicht erbingen. Und wurden daher nicht eingelassen (siehe gesonderten Bericht heute auf dieser Seite). Dumm nur, dass die 3-G-Teilnahmenbedingung für Stadtratsmitglieder weder in der Einladung an die 44 Ratsmitglieder vom 23. September noch in der amtlichen Bekanntmachung definiert wurde.

Dort heisst es lediglich: “wir bitten insbesondere Presse und Zuschauer, die 3G-Regel zu beachten”. Von den Kommunalpolitikern ist dort keine Rede. Und nicht von einer zwingenden Zugangsregel. Damit ist klar: der Ausschluß der drei Stadtratsmitglieder erfolgte rechtswidrig. Dadurch sind alle Beschlüsse der gestrigen Stadtratssitzung anfechtbar. Das mag die Heilerin Dr. Kaster-Meurer im Beistand der TOP-Juristin Heiderose Häußermann bis zum bitteren Ende leugnen. Beide gestützt von der Mehrheit im Stadtrat. Bis zum nächsten Urteil aus Koblenz.

Dann allerdings dürfte sich für viele Einwohner*Innen die Frage stellen, wie lange sie noch zulassen wollen, von einer kleinen Clique unfähiger, selbstgefälliger, bigotter, unbelehrbarer, teils ideologieverbrämter und mit Selbstbedienungsmentalität ausgestatteter Zeitgenossen fremdbestimmt zu werden (jede/r kann sich den Schuh anziehen, der ihm/ihr passt^^). Denn das ist klar: auch der gestrige Satzungsbeschluss wird mit dem Etikett “rechtsunwirksam” über kurz oder lang juristisch abserviert. Dann aber kann keiner der Entscheidungsträger mehr sagen, er habe vorher nicht gewußt, um was es geht. Die 22 Jastimmen von gestern Abend sind Vorsatzstimmen.