ver.di: großes Entsetzen über Kitazukunftsgesetz

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hatte Kolleg*innen aus der Praxis eingeladen um nachzuhören wie es seit dem Inkrafttreten des Kitazukunftsgesetzes läuft. Das Entsetzen ist groß und eine umgehende Evaluierung hält ver.di für dringend notwendig. Das Kitazukunftsgesetz versprach den Trägern und den Fachkräften mehr Fachpersonal in den Kitas. Die neuen Regeln zur Personalbemessung waren kompliziert, und wenn die Kolleg*innen aus der Praxis während des Gesetzgebungsverfahrens selber nachrechneten, wie viele Fachkräfte künftig in ihrer Einrichtung tätig sein würden, waren sie oft frustriert.

Viele rechneten mit weniger Fachkräften als vorher. Auf Nachfragen lautete die Antwort, sie müssten sich verrechnet haben. Mit dem neuen Gesetz würden auf jeden Fall deutlich mehr Fachkräfte in den Kitas eingesetzt. Der hohe zusätzliche Aufwand auf Grund der mindestens siebenstündigen durchgehenden Öffnungszeit, und den damit verbundenen Angeboten zum Essen und zum Schlafen, wurde kleingeredet. Die Zweijährigen wurden bei der Personalbemessung schlechter berücksichtigt als früher bei den klassischen Krippenplätzen.

„Die Kolleg*innen sind des Rechnens müde, eine tatsächliche Entlastung ist nicht erkennbar“, sagt Volker Euskirchen, zuständiger Landesfachbereichsleiter. Ein Einsehen der sogenannten Expert*innen aus dem Ministerium und der Politik gab es nicht. Es wurde die Beruhigungspille vom aufgestockten Sozialraumbudget verordnet, mit dem diese angeblich absoluten Ausnahmen bei der Verschlechterung in der Personalausstattung aufgefangen werden könnten. Seit Juli schauen viele Fachkräfte und Träger jedoch vollkommen ernüchtert auf die Zahlen. Vielfach ist die Personalausstattung in den Kitas geringer als vorher.

Eine Trägervertreterin nannte für ihren Bereich die Zahl von 90 Prozent der Einrichtungen, die sich personell verschlechtert hätten. Das alles kommt durch eine vermeintlich gut gemeinte Aufstellung im Sozialraum. Aufgaben, die früher von Erzieher*innen als Teil des Kita-Teams erledigt wurden, sollen jetzt von fliegenden Sozialarbeiter*innenteams wahrgenommen werden. Diese sind dann nicht mehr Teil des Kitafachteams in der Einrichtung. Sie können bei Notlagen nicht zum Einspringen herangezogen werden und müssen sich sehr mühsam das notwendige Wissen für ihre Arbeit mit den Kindern und den Eltern aneignen.

Ob das wirklich eine Entlastung für die Fachkräfte sein kann muss dringend evaluiert werden. Die Kritik am Gesetzentwurf ist nichts gegen die berechtigte Kritik an der Umsetzung. Dazu der ver.di Landesfachbereichsleiter Volker Euskirchen: „Das alles ist total frustrierend, damit sind jetzt in vielen Kitas weniger Fachkräfte für die Kinder da als früher. Und besonders ärgerlich ist die faktische Abqualifizierung der Tätigkeiten der Erzieher*innen. Aufgaben die diese früher gut und erfolgreich erledigt haben, werden ihnen wohl nicht mehr zugetraut. Das müssen jetzt Menschen mit einem Studium erfüllen.

Schönen Dank auch!“ Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass mit dieser Umverteilung der Aufgaben auch für die eine oder den andere*n Erzieher*in die Gefahr einer Herabgruppierung einhergeht. ver.di weist darauf hin, dass die politisch Verantwortlichen das Kitagesetz unverzüglich evaluieren und nachbessern müssen. „Von einer Zukunft dieser Gesetzesumsetzung darf man nicht ausgehen. Ob dann auch das verloren gegangene Vertrauen zurückkommt wird sich zeigen. Wären wir in der Schule würde es heißen: Mangelhafte Ausführung und auf den Hosenboden setzen!“, sagt der Gewerkschafter abschließend.

Quelle: ver.di Landesbezirk Rheinland-Pfalz-Saarland, Fachbereich Gemeinden