Beratung des Stadthaushaltes für 2022 wird wohl verschoben

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Im amtlichen Terminkalender auf der Stadtseite stand heute am frühen Morgen noch alles so, wie zu Jahresbeginn geplant: am 2., 3. und 4. November tagt demnach der Finanzausschuss, um den Stadthaushalt für 2022 zu beraten. Dieser Zeitplan ist allerdings seit gestern Abend in Frage gestellt. Durch die Oberbürgermeisterin höchstpersönlich. Dr. Kaster-Meurer leitete, wie von dieser Seite angekündigt, erstmals eine Sitzung des Finanzausschusses. In Vertretung des im Urlaub befindlichen Bürgermeisters. Was die OBin nicht sagte:

Wolfgang Heinrich ist nicht nur diese Woche weg. Sondern dessen dienstfreie Zeit erstreckt sich durch aufgelaufene freie Tage und Urlaubsansprüche bis Mitte November. Lediglich die sich daraus ergebende Konsequenz teilte die Oberbürgermeisterin dem Finanzausschuss mit. Sie wünscht, dass Thomas Blechschmidt die Etatberatungen für 2022 leitet. Dr. Kaster-Meurer geht davon aus, dass der Stadtrat im vergangenen Juni den Nieder-Olmer Kommunalpolitiker zum Nachfolger von Wolfgang Heinrich gewählt hat. Mit Amtsantritt am 18. November 2021.

Die angegebenen Uhrzeiten stimmen natürlich nicht. Etatberatungen beginnen geschäftsüblich um 15 Uhr.

Obwohl es ja nicht um den Haushalt für Blechschmidt, sondern den für die Stadt Bad Kreuznach geht – und nicht Blechschmidt den Entwurf erstellt, sondern die von Thomas May geleitete Kämmerei – und Thomas Blechschmidt mangels profunder Kenntnisse der Bad Kreuznacher Verhältnisse ausser einer konstruktiven Sitzungsleitung sachspezifische Hinweise nicht einbringen kann, schlug die Oberbürgermeisterin vor, die Etatberatungen um zwei Monate auf Anfang des neuen Jahres zu verschieben. Wohlwissend, dass zum Jahresanfang schon aus formalen Gründen Etatberatungen kaum bis nicht durchgeführt werden können.

Denn der Entwurf muss viele Tage öffentlich ausgelegt werden, die Einwohner*Innen müssen in diesen Entwurf Einsicht nehmen und eigene Vorschläge einreichen können. Diese wiederum müssen vom Finanzausschuss beraten und bewertet werden. Alles Dinge, die in den Tagen vor Weihnachten und “zwischen den Jahren” nicht seriös geleistet werden können, weil die Menschen da mit anderen Dingen beschäftigt sind. “Anfang Januar” bedeutet daher eher Mitte oder Ende Januar. Die gesetzliche Verpflichtung, die Verabschiedung des Stadthaushaltes für 2022 in 2021 vorzunehmen, wäre damit zum dritten Mal in Folge nicht eingehalten.

Nur dass diesmal weder inhaltliche Differenzen über die nötigen Einsparungen oder Corona als Entschuldigung herhalten müssten. Sondern eine Postenneubesetzung. Wörtlich sagte die Oberbürgermeisterin: “Dann möchte ich Ihnen einen Vorschlag machen. Im Jahresplan sind die Haushaltsberatungen terminiert für Anfang November. Irgendwann 4,5,6 oder so ähnlich. Der neue Kämmerer wird aber sein Amt ja erst am 18.11. antreten. Und in Absprache mit ihm möchte ich Ihnen als Finanzausschuss vorschlagen, dass diese Etatberatungen verschoben werden, bis er sein Amt angetreten hat.

Wir stehen zwar im Austausch, aber ich vermute, dass es im Dezember relativ knapp werden wird, so dass wir vorschlagen Anfang Januar die Haushaltsberatungen durchzuführen. Wir lassen in den Fachausschüssen im Moment den Zeitplan so laufen, wie er vorgesehen war. Dass heisst die Fachausschüsse werden so tagen, wie der Zeitplan im Hinblick auf den Anfang November gewesen ist. Aber es ist sicherlich schwierig, das jetzt zu machen, wenn der neue Kämmerer noch nicht in Amt und Würden ist. Und da wollte ich von Ihnen gern eine Rückmeldung haben”. Die erste kam von Manfred Rapp.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende wollte wissen, ob sicher ist, dass der neue Bürgermeister am 18.11. sein Amt antritt. In die im Sitzungssaal dabei aufkommende Unruhe hinein sagte Dr. Kaster-Meurer: “bisher gehen wir davon aus, dass dem so ist”. Hintergrund der Rapp-Frage sind die Beschwerden von drei Stadtratsmitgliedern gegen die Blechschmidt-Wahl. Und eine beim Verwaltungsgericht Koblenz anhängige Klage. Von der Redaktion dieser Seite befragte Fachpersonen gehen davon aus, dass vor einem erstinstanzlichen Urteil zur Klage “niemand in ein Amt neu eingeführt wird”.

Denn die Folgen einer voreiligen Amtseinführung wären dann fatal, wenn die Wahl vom Juni – wann auch immer – rechtskräftig für rechtswidrig erklärt wird. Die erfolgte Amtseinführung wäre null und nichtig. Alle unter Mitwirkung eines als Amtsperson getarnten Aussenstehenden wären rechtsfehlerhaft zustande kommen. Der materielle und der Ansehensschaden für die Stadt wäre enorm. Daher entwickelte sich die Diskussion nach der Rapp-Frage in zwei Richtungen. Kommentare zur Situation nach der Bürgermeister-Wahl. Und Anmerkungen zu der beabsichtigten Terminverschiebung.

Diese bewertete Manfred Rapp in seinem Beitrag “kritisch”. Rapp erinnerte daran, dass die Stadthaushalte für 2021 und 2020 jeweils “wesentlich verspätet” verabschiedet wurden. Und an die damit verbundenen Probleme. “Der Haushalt ist so kritisch insgesamt, wir sollten nicht wieder verschieben”. Die Ämter wüßten bescheid, Kämmereiamtsleiter May habe die Sache im Griff und die politischen Entscheidungen könnten auch in diesem Jahr getroffen werden. Oliver John (FDP) schloß sich “vom Grundsatz her” an Manfred Rapp an. John möchte allerdings “Herrn Blechschmidt die Chance geben”, die Haushaltsberatungen zu leiten und zeigte sich gespannt auf “positive Aspekte, die er einbringt”.

Der Liberale hält allerdings nichts von einer Verschiebung ins neue Jahr, in das “sauber” gestartet werden solle. Also mit einem in 2021 beschlossenen Haushalt. Noch stärker als John stimmte Jörg Fechner (AfD) Manfred Rapp zu. “Ich habe die große Befüchtung, dass wir durch die Verschiebung Probleme kriegen”. Fechner sprach sich im Gegenteil für eine Vorziehung der Etatberatungen in den Oktober aus. Und ermunterte die Oberbürgermeisterin: “Es spricht nichts dagegen, dass Sie die Haushaltsberatungen leiten können”. Dr. Kaster-Meurer reagierte auf diese Redebeiträge mit einem modifizierten Vorschlag: Verschiebung auf den 29. und 30. November und 1. Dezember.

“Dann wäre Herr Blechschmidt hier, wir hätten es noch in diesem Jahr gemacht”, so die Sichtweise der OBin. Lothar Bastian bezeichnete diesen Vorschlag als “Entgegenkommen”. Und warnte vor weiteren Verschiebungen. Denn wenn es im Januar 2022 nicht klappe, “wird es in den Februar verschoben. Das haben wir alles schon erlebt”. Seine Fraktionsvorsitzende Andrea Manz stimmte dem ebenfalls zu. Ohne den Kämmerer zu beraten, würde in ihren Augen ein falsches Signal setzen: “Das heisst, wir könnten es auch ohne Kämmerer”.