Wilhelm Zimmerlins Tiefbohrung nach der Wahrheit in Sachen Trinkwasser

Ein entscheidender Fehler in der Sache wurde bereits Mitte der neunziger Jahre gemacht. Bei der Teilprivatisierung der Städtischen Betriebe wurde die Trinkwassersparte nicht herausgelöst. Sondern mit der Gas- und Stromversorgung aus der öffentlichen Hand und Verantwortung ausgegliedert. Ex-Beigeordneter Horst Pfeifer (CDU) und eine handvoll Kommunisten zählten damals zu den wenigen, die diese Konstruktion ablehnten.

Während in den Anfangsjahren durch die Veröffentlichung von Wirtschaftsplänen noch ein Minimum an Transparenz gewahrt wurde, verdunkelte die Stadt schon vor Jahren diese letzte Einsichtsmöglichkeit. Weil die große Mehrheit der Stadtratsmitglieder parteiübergreifend an Details ihrer Arbeit ohnehin kein Interesse hat (Motto: Wissen ist zwar Macht – aber nichts wissen macht nichts), gab es dagegen keinerlei Protest. Vor fünf Jahren wurde die Trinkwassersparte dann nicht nur für die “das gute Stadtwasser” geniessenden Einwohner*Innen zum lebensrettenden Elexier.

Sondern auch für die städtische Konzernstruktur. Der durch legale Buchhaltungstricks erzielte Millionengewinn half die städtische Konzernmutter BGK vor dem Zusammenbruch zu retten (Zitat Geschäftsführer Nath: “viele von Ihnen wissen, dass es um die BGK gerade in dem Jahre 2016 sehr schwierig bestellt war, äusserst schwierig bestellt war, wenn nicht sogar ganz schwierig bestellt war”). Stadtratsmitglieder und die staunende Öffentlichkeit wissen das nur deshalb, weil Stadtwerke Geschäftsführer Christoph Nath dem Rat der Stadt im Sommer 2020 eine neue Wasserpreisstruktur schmackhaft machen wollte.

Und die Verantwortlichen in diesem Zuammenhang an die existenzielle Bedeutung der Wassersparte – nicht als Lebensmittel, sondern als finanzielle Melkkuh – erinnerte. Die dümmliche Arroganz, mit der das Thema in den zurückliegenden Jahren von der Oberbürgermeisterin mißhandelt wurde, hat Dr. Heike Kaster-Meurer höchstpersönlich dokumentiert. Die Beantwortung einer hochqualifizierten Sachanfrage des Stadtratsmitglieds Wilhelm Zimmerlin zum Thema lehnte die Oberbürgermeisterin mit einem Brief von 14. September 2020 ab. Ihr Einleitungssatz:

“Die Stadtwerke werden nicht von einem Mitglied des Stadtrates kontrolliert“. Das sieht das rheinland-pfälzische Oberverwaltungsgericht (OVG) zum Glück für die Bad Kreuznacher*Innen vollkommen anders. In seinem wegweisenden, von Zimmerlin erstrittenen Transparenz-Urteil vom Juli 2021 stellt es klar, dass auch einzelnen Ratsmitgliedern der volle Informationszugang zu ermöglichen ist. Im Protokoll der Fastnachter über die städtische Mißwirtschaft 2021 könnte stehen: “habn die andren kein Intresse, ist der Wilhelm halt der erste”.

Die seit dem 28. August 2020 ausstehende Antwort auf Zimmerlins Trinkwasser-Anfrage – wenn sie denn wahrheitsgemäß erfolgt – wird die Stadtpolitik weiteraus tiefer erschüttern, als die Offenlegung der Geschäftsführergehälter. Denn mit der Klarheit beim Trinkwasser geht die Aufdeckung der maroden Konzernstruktur der städtischen Gesellschaften Hand in Hand. Wilhelm Zimmerlins Tiefbohrung nach der Wahrheit in Sachen Trinkwasser wird den Eiterherd der städtischen Mißwirtschaft treffen. Schmerzschreie der ertappten Profiteure sind wahrscheinlich.

Auszug aus der Presseerklärung des Wilhelm Zimmerlin vom 14. August 2021 und seiner Trinkwasser-Anfrage vom 28. August 2020

“War der Verzicht auf das Rechtsmittel also der Einsicht oder nur der Aussicht auf eine weitere Niederlage geschuldet? Das wird sich schon bald herausstellen. Der Oberbürgermeisterin liegen nämlich weitere Anfragen vor, die schon sehr lange auf eine Beantwortung warten. So beispielsweise die Frage, zu welchen Zwecken die hohen Gewinne der Stadtwerke aus der Trinkwasserversorgung verwendet werden.

Dazu hatte ich am 28. August 2020 eine Anfrage gestellt und um Zusendung der festgestellten Wirtschaftspläne für die Trinkwasserversorgung der Jahre 2005 bis 2020 gebeten. Darüberhinaus wollte ich wissen, warum nicht der Stadtrat, der laut Gemeindeordnung dafür zuständig ist, sondern wer auch immer über die Höhe der Trinkwassertarife der Stadtwerke entscheidet. Am 14. September 2020 teilte mir die Oberbürgermeisterin dazu schriftlich mit: „Die Stadtwerke werden nicht von einem Mitglied des Stadtrates kontrolliert.“

1. Die Stadt hat den Stadtwerken das alleinige Recht zur Wasserversorgung übertragen. Als Gegenleistung zahlen die Stadtwerke die höchstzulässige Konzessionsabgabe an die Stadt. Die Konzessionsabgabe wird im Zuge der jährlichen Wasserabrechnung bei den Bürgern erhoben. Die Gesellschafterversammlung entscheidet über die Feststellung des jährlich von der Geschäftsführung zu erstellenden Wirtschaftsplans der Trinkwasserversorgung. Ich bitte darum, mir die festgestellten Wirtschaftspläne der Trinkwasserversorgung der Jahre 2005 bis 2020, wenn möglich in elektronischer Form, auszuhändigen.

2. Die Wasserpreise richten sich grundsätzlich nach dem jeweiligen allgemeinen Tarif der Stadtwerke. Die Gesellschafterversammlung der Stadtwerke entscheidet über die Festsetzung und Anpassung der allgemeinen Tarife im Trinkwasserbereich. Ich bitte darum, mir die Protokolle über die Entscheidungen der Gesellschafterversammlung über die Festsetzung und Anpassung der allgemeinen Tarife im Trinkwasserbereich im Zeitraum 2005 bis 2020, wenn möglich in elektronischer Form, auszuhändigen.

3. Nach § 32 Abs. 2 Nr. 10 der Gemeindeordnung kann der Gemeinderat die Entscheidung über die allgemeinen Tarife der Versorgungsbetriebe nicht übertragen. Ich bitte darum, mir die Protokolle über die Entscheidungen des Stadtrats über die allgemeinen Tarife im Trinkwasserbereich im Zeitraum 2005 bis 2020, wenn möglich in elektronischer Form, auszuhändigen. Sollten entgegen der o.g. Regelung in der GemO die Entscheidungen des Stadtrats und die Protokolle nicht vorliegen, bitte ich um eine diesbezügliche Begründung. Mit freundlichen Grüßen Gez.Wilhelm Zimmerlin”

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