ADD stützt Verhaltensweise der Oberbürgermeisterin

Zum Bericht dieser Seite über den Ausschluß eines Stadtratsmitgliedes, eines stellvertretenden Ortsvorstehers und mehrerer Einwohner*Innen von der Stadtratssitzung am 15. Juli 2021 nimmt die zuständige Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier wie folgt Stellung. Wir veröffentlichen die Antwort, weil es sich um ein Dokument von zeitgeschichtlicher Bedeutung handelt, nachstehend im Wortlaut: “eine kommunalaufsichtsbehördliche Überprüfung eines Geschehens vor Ort kann erst erfolgen, wenn die Kommunalaufsicht Kenntnisse von einem Sachverhalt erhält.

Die Geschehnisse vor Ort waren der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion als zuständige Aufsichtsbehörde über die Stadt Bad Kreuznach bis zum Zeitpunkt der Presseanfrage nicht bekannt. Auf ihre Presseanfrage hin wurde die Stadt Bad Kreuznach um eine Stellungnahme zu dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt gebeten, der sie umgehend nachgekommen ist. Eine kommunalaufsichtliche Überprüfung der Sach- und Rechtslage hat ergeben, dass vorliegend nicht gegen geltendes Recht verstoßen worden ist. Die Oberbürgermeisterin trägt die Verantwortung für die Unterbindung und Verhinderung der von außen kommenden Störungen des Verwaltungsablaufs von Ratssitzungen.

Das durch die Gemeindeordnung der Oberbürgermeisterin eingeräumte Haus- als auch das Ordnungsrecht stellen Instrumentarien der Oberbürgermeisterin dar, mit eingreifenden Maßnahmen einen störungsfreien Ablauf der Sitzungen des Stadtrates sicherzustellen. Dabei gibt das Hausrecht der Oberbürgermeisterin generell die Möglichkeit, gegen Störungen, die sich aus der Öffentlichkeit der Sitzung ergeben, einzuschreiten. Die Oberbürgermeisterin durfte im Rahmen des ihr obliegenden Hausrechts den Zutritt zur Stadtratssitzung von der Vorlage eines Tests oder eines Nachweises, geimpft oder geheilt zu sein, abhängig machen.

Sie hatte in der öffentlichen Bekanntmachung und in der Einladung zur Stadtratssitzung hierauf hingewiesen. Die Anordnung verfolgt den legitimen Zweck, die Sitzungsteilnehmenden vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 – durch sich selbst als auch durch die anwesende Öffentlichkeit – bestmöglich zu schützen und die Durchführung der Stadtratssitzung als solche zu ermöglichen. Dabei zielt die Anordnung darauf ab, den reibungslosen Geschäftsablauf durch äußere Rahmenbedingungen der Sitzung zu gewährleisten.

Eine derartige Ausübung des Hausrechts in Zeiten den Pandemie ist von der Verwaltungsgerichtsbarkeit bestätigt worden. Zwar sieht die 24. Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz vom 30. Juni 2021 keine Testpflicht für Stadtratssitzungen vor; diese regelt nach § 2 Abs. 8 vielmehr nur, dass Stadtratssitzungen im Rahmen des Selbstorganisationsrechts der Gebietskörperschaft grundsätzlich möglich sind. Daher durfte die Oberbürgermeisterin in eigener Verantwortung entscheiden, ob die Stadtratssitzung unter Einhaltung notwendiger Schutzmaßnahmen durchgeführt werden kann.

Entscheidend dafür war, ob und wie der Gesundheitsschutz aller Anwesenden einschließlich der Öffentlichkeit gewährleistet werden konnte. Aufgrund der Rechtmäßigkeit des Handelns der Oberbürgermeisterin erübrigt sich ein Eingehen auf die einzelnen aufgeworfenen Fragen, die von einem rechtswidrigen Handeln ausgehen”.

Vielen Dank, Herr Präsident Thomas Linnertz, für diese Steilvorlage
Kommentar von
Claus Jotzo

Zunächst ist es schockierend, wenn die für die Kontrolle des rechtmäßigen Verhaltes zuständige Behörde selbst offensichlichste Rechtsbrüche nicht als solche anerkennt und ahndet. Überraschend ist es im Falle der ADD Trier freilich nicht. Warum benennt diese “Behörde” die von ihr als Kronzeugen angeführten verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen nicht konkret mit Aktenzeichen und dem Urteilstenor? Weil diese ausnahmslos nicht einschlägig sind.

Diese schlampige und sachferne “Arbeit” ist zudem nicht neu. Als die Redaktion dieser Seite im Frühjahr 2019 die selbe ADD schriftlich auf das Vorhandensein von Weltkriegsbomben im Boden unter dem Jahrmarkt hinwies, machte die Behörde ebenfalls die Augen und Ohren zu. Der Jahrmarkt 2019 konnte stattfinden. Ein Teil der unter ihm vergrabenen Bomben wurde dann ein Jahr später entdeckt. Gerade einmal 50 Zentimeter unter der Platzoberfläche. Und vor Ort gesprengt.

Vollkommen untätig blieb die ADD auch auf die unzähligen schriftlichen Hinweise der Redaktion dieser Seite auf die rechtswidrige Verwaltungs- und Sitzungsleitung durch die örtliche Oberbürgermeisterin. Am 29. Juni 2021 hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG) genau einen dieser Fehler analysiert und dieses Fehlers wegen die Tourismusbeitragsatzung für unwirksam erklärt.

Wieso bei einer “Aufsichtsdirektion” der parteipolitische Einfluss des seit Jahrzehnten SPD-geführten Innenministeriums grösser ist, als die Wahrheits- und Rechtstreue? Wieso also die SPD-Funktionärin Dr. Kaster-Meurer amtlich geschützt wird? Ende September ist wieder mal eine Wahl. Und da möchten viele ihre Pfründe sichern. Wenn ich die ADD-Stellungnahme gestern auch mit einem lachenden Auge lesen konnte, dann hat das einen ganz einfachen Grund. Die Verhältnisse haben sich geändert.

Anders als noch vor fünf Jahren sind heute schon weitaus mehr Einwohner*Innen an der Aufklärung von Parteienfilz und Verwaltungsmißwirtschaft interessiert. Und es gibt heute eine größere Zahl an Kommunalpolitikern, die bereit sind das Verwaltungsunrecht vor Gericht anzuklagen. Auch im Fall der Stadtratssitzung vom 15. Juli 2021 wird dies geschehen. Und anders als die ADD dies behauptet, ist die Sicht der Gerichte auf grundgesetzlich geschützte Rechtsgüter klar.

Wenn das Verwaltungsgericht Koblenz die Beschlüsse der Stadtratssitzung vom 15. Juli 2021 erst einmal aufgehoben hat, wird nicht mehr die Inkompetenz der Dr. Heike Kaster-Meurer allein zum Thema werden. Sondern auch die der ADD. Der werden wir uns dann mit der selben Aufmerksamkeit zuwenden. Also vielen Dank, Herr Präsident Thomas Linnertz, für diese Steilvorlage. Und bis bald.