GuT stellt Versand neuer Tourismusbeitragsbescheide ein

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Claus Jotzo

Das Beitragserhebungsverfahren für 2017 begann mit dem Satzungsbeschluß am 15. Dezember 2016. Heute, vier Jahre und sieben Monate später, ist es immer noch nicht abgeschlossen. Die Ausdehnung eines Tourismusbeitragsverfahrens über fast fünf Jahre ist bundesweit einmalig. Natürlich liegt ein gravierender Verstoss gegen haushaltsrechtliche Vorschriften vor, demnach die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zu beachten sind. Ob die Verantwortlichen darüber hinaus auch gegen strafrechtliche Normen verstossen haben (etwa Untreue), wird in gesonderten Verfahren geprüft.

Nachdem die zugrundeliegende Satzung nun schon zum zweiten Mal vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG) aufgehoben wurde, reagiert Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer hektisch mit einem weiteren “Heilungsversuch”. Die Ärztin an der Stadtspitze verordnet dazu eine dritte Beschlußfassung (diese Seite berichtete). Diese Therapie ist schon deshalb zum Scheitern verurteilt, weil die grundlegenden Fehler in der Satzung und der Kalkulation dem Stadtrat von der Oberbürgermeisterin erneut verschwiegen werden. Dabei ist allgemein bekannt, dass Defizite in der Anamnese fast immer zu Behandlungsfehlern führen.

Das Heilungs-Experiment an lebenden Einwohner*Innen hatte Dr. Kaster-Meurer schon im Februar 2019 versucht. Damals assistiert von Dr. Andreas Dazert. Der ist kein Dr.med., sondern ein Dr.jur. Und an ihm scheiterte die Satzung auch nicht. Das schaffte die Oberbürgermeisterin ganz allein, weil sie ausdrücklich zwei befangene Stadtratsmitglieder abrücken ließ. Statt diese ins Publikum zu schicken. Auch Dr. Michael Vesper war am 21. Februar 2019 in der Stadtratssitzung anwesend. Der Mann ist Historiker. Und wie gelegentliche Fachvorträge zeigen: von dieser Materie hat er auch Ahnung.

Würde er sich darauf konzentrieren, könnte er ein wertvolles Mitglied der Stadtgesellschaft werden. Beruflich tätig ist er leider als Geschäftsführer der GuT GmbH. Das sind die, denen der Stadtrat 2015 das Beitragserhebungsverfahren aufs Auge gedrückt hat. Wie wir heute wissen: das ging ins Auge. Denn da die Abgrenzungen der unzähligen Fehler, die die GuT-Beitragserhebungsstelle macht, schwer fällt, kann nicht mehr von einer Fehlerkette gesprochen werden, sondern eigentlich nur von einem riesen Mißverständnis.

Das wird die Stadt am Ende neben einem schweren Vertrauensschaden in der Bevölkerung locker 500.000 Euro kosten. Damit ist nicht die Rückzahlung der kassierten Tourismusbeiträge gemeint. Denn zurückgezahlt werden muss ja nur, was vorher eingenommen wurde. Gut, die sechs Prozent Zinsen, wenn dazwischen mehr als sechs Monate lagen, kommen noch dazu. Nein, unfaßbare 800.000 Euro sind seit 2014 als Verwaltungskosten für das Erhebungsverfahren für 2016 und 2017 zusammengekommen, wenn das OVG aufgrund des dritten Normenkontrollantrages der Satzung Ende diesen / Anfang nächsten Jahres den Garaus macht.

Und nur rund 290.000 Euro brachte der Fremdenverkehrsbeitrag 2016 ein. Bad Kreuznach wird bundesweit zum Gespött werden. Auch das ist natürlich ein Weg Aufmerksamkeit zu heischen. Aufgrund einer schriftlichen Anfrage der Redaktion dieser Seite hat Dr. Michael Vesper mitgeteilt: “die GuT versendet ab sofort weder Bescheide noch Anfragen in Sachen Tourismusbeitrag. Alle Bescheide, die noch nicht rechtskräftig sind, müssen aufgehoben werden. Dies geschieht, ohne dass hierfür ein Antrag gestellt werden müsste.

Das sind namentlich Bescheide im Widerspruchsverfahren”. Diese Auskunft steht nur vordergründig im Widerspruch zur Vorgehensweise der Oberbürgermeisterin. Deren Heilungsversuch muss am Donnerstag erst mal durch den Stadtrat kommen. Und dort könnte es ja sein, dass einzelne Mitglieder der SPD-Fraktion und der Grünen keine Lust haben, die kommunalpolitische Verantwortung für das Versagen anderer zu übernehmen. Obwohl die Lust am Untergang eindeutig dominiert. Anschließend muss es die Stadtverwaltung schaffen die Satzung fehlerfrei amtlich bekanntzumachen.

Im Jahre 2017 dauerte das allein zehn Monate. Erst ab einer korrekten Amtlichen Bekanntmachung darf die GuT dann wieder weitermachen. Bis zum 31.12.2021 (Verjährung). Oder dem dritten OVG-Urteil. Je nach dem was früher eintritt. Antonio Valentino freut sich derweil darauf, deutsche Rechtsgeschichte zu schreiben. Denn noch nie hat es ein Klageberechtigter in der Bundesrepublik Deutschland geschafft gegen die selbe Satzung drei Normenkontrollanträge mit jeweils unterschiedlicher Begründung durchzubringen.

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