OVG beerdigt den Tourismusbeitrag

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Einerseits ist Antonio Valentino dem Stadtratsmitglied Tina Franzmann (CDU, Bosenheim) dankbar. Denn mit ihrem Fehler hat sie den schwerwiegenden Formverstoss begangen, der jetzt vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG) im Rahmen der Normenkontrollklage Valentino’s zur Unwirksamkeitserklärung der Satzung geführt hat. Der Inhaber vom “Ponte Vecchio” nahm an der Stadtratssitzung am 21. Februar 2019 in der Kreisverwaltung persönlich teil. Und hat es mit eigenen Augen gesehen: Tina Franzmann rückte zwar ihren Stuhl ein Stück zurück. Blieb aber sitzen.

Weil Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer das so ansagte. Korrekt wäre es aber gewesen, und so steht es auch im Kommunalbrevier, das alle Stadtratsmitglieder mit Amtsantritt erhalten, aufzustehen und sich zum Publikum zu setzen. Denn, das hat das OVG ausdrücklich bestätigt: “das Ratsmitglied Franzmann wäre vom Beratungsgegenstand auszuschließen gewesen und hat dennoch am Satzungsbeschluss mitgewirkt”. Wer auf die Oberbürgermeisterin hört, statt eigenverantwortlich zu denken, muss eben mit Konsequenzen rechnen. Die gerichtliche Feststellung ist nachvollziehbar:

Tina Franzmann “ist bei der “Gesundheit und Tourismus für Bad Kreuznach GmbH” (GuT GmbH) gegen Entgelt beschäftigt”. Diese hat als mit der Beitragserhebung beauftragtes städtisches Unternehmen “ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse an der Entscheidung”. Natürlich hat die Redaktion dieser Seite bei GuT-Geschäftsführer Dr. Michael Vesper wegen einer Stellungnahme angefragt. Aber leider keine erhalten (sobald diese eingeht, werden wir berichten). Und von sich aus haben weder GuT noch Stadtverwaltung trotz der Bedeutung des Urteils eine Presseerklärung abgegeben.

Wieso “Abrücken” nicht ausreicht und der Gang ins Publikum tatsächlich sinnhaltig und nötig ist, hat das OVG sehr ausführlich begründet. Diese Seite wird darüber noch gesondert berichten, weil es die Intelligenz und Detailgenauigkeit deutlich macht, mit der in unserem demokratischen System sehr viele Dinge ausgezeichnet geregelt sind. Im Gegensatz zum niedrigen Niveau der praktischen Umsetzung durch eingebildete und inkompente Amtsinhaber*Innen. Stichwort Dr. Kaster-Meurer. Die Oberbürgermeisterin hat den Formverstoss des Ratsmitglieds Franzmann mit ihrem auf dem Tonmitschnitt der Stadtratssitzung dokumentierten Hinweis zum “Abrücken” nicht nur wortwörtlich begünstigt.

Sie ließ diesen Formverstoss auch noch ausdrücklich im Protokoll vermerken. Und bringt in diesem Zusammenhang auch das Ratsmitglied Anna Roeren-Bergs (CDU, Bad Münster) mit dem Verstoss in Verbindung. Deren im Protokoll dokumentiertes Verhalten wurde allerdings vom OVG nicht weiter untersucht: “da bereits die Mitwirkung des Ratsmitgliedes Franzmann zur Unwirksamkeit der Satzung führt, kann letztendlich dahinstehen, ob mit dem Ratsmitglied Roeren-Bergs eine weitere ausgeschlossene Person an der Entscheidung mitgewirkt hat”.

Lesen Sie zum Thema auch auf dieser Seite:

09.07.21 – “GuT muss hunderttausende Euro zurückzahlen”
08.07.21 – “Antonio Valentino gewinnt erneut: OVG hebt Tourismusbeitragssatzung auf”