FDP fordert umgehende Realisierung der Ost-West-Trasse

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Im Stadtrat ist die FDP zuletzt mehr durch taktische Schachzüge und Personalentscheidungen aufgefallen. So sicherten sich die Liberalen Ende November 2020 gleich für zwei Parteifreunde Sitze im Aufsichtsrat der Gewobau. Ebensoviele wie die vielfach größere CDU hat. Bei der Bestimmung des Aufsichtsratsvorsitzes der städtischen Gesellschaft war es die FDP, die die Entscheidung zusammen mit SPD, Grünen und Linken ins Hinterzimmer verlagerte. Bei der heute im Rat der Stadt anstehenden Wahl des Bürgermeisters lautet die offizielle Presseerklärung der Fraktion FDP / Faire Liste / Freie Wähler “Heinrich wählen”.

Aber der Neuliberale Werner Lorenz (zuvor CDU und Faire Liste) wird von mehreren Stadtratskolleg*Innen mit gegenteiligen Aussagen zitiert. Alle diese Personalentscheidungen beschäftigen auch die liberale Parteibasis. In dieser rumort es wegen der Vorstellung, Bad Kreuznach könne einen grünen Bürgermeister bekommen, nur weil die Liberalen nicht geschlossen den Amtsinhaber Wolfgang Heinrich (parteilos) unterstützen. Daher wirkt es wie ein sachpolitisches Ablenkungsmanöver, wenn sich der FDP-Stadtverband gestern zur innerstädtischen Verkehrspolitik zu Wort meldet.

Dabei ist die Aussage klar: “die Ost-West-Trasse muss in Bad Kreuznach endlich oberste Priorität haben”. Hinter dieser Jahrzehnte alten Forderung kann sich die liberale Wählerschaft einmütig versammeln. Und der FDP-Stadtverband liefert auch eine inhaltlich gehaltvolle Begründung für diese Forderung. Allein: die entscheidenden Akteure, nämlich die drei FDP-Stadtratsmitglieder, waren in den beiden ersten Jahren der aktuellen Wahlperiode mit anderen, zugegebenermaßen wichtigen, Themen beschäftigt. Mariana Ruhl mit dem Engagement für die Brückenhäuser. Werner Lorenz mit dem Erhalt des Bosenheimer Bades.

Und Jürgen Eitel mit der Vergrößerung des Einflusses der Liberalen durch Bildung der Fraktionsgemeinschaft mit Fairer Liste und Freien Wählern. Anträge zur Ost-West-Trasse im Stadtrat: Fehlanzeige. Allein Norbert Olk sprach das Thema im Planungsausschuss an. Ohne große Resonanz bei den Mehrheitsfraktionen. Daher liest es sich mehr wie pflichtschuldige Rhetorik, wenn FDP-Stadtverbandsvorsitzender Emanuel Letz jetzt schreibt, dass sich die FDP “nachdrücklich für ein Verkehrskonzept aus einem Guss” positioniert.

Und fort fährt: “während verschiedene Akteure in Bad Kreuznach immer wieder neue Ideen aus dem Hut zaubern und das Rad teilweise neu erfinden wollen, wäre die Lösung doch so einfach”. Ein für viel Steuergeld von Profis ausgearbeitetes Konzept liege nämlich in Form des “Integrierte Verkehrskonzeptes” (IVEK) bereits seit Mai 2016 vor. Natürlich habe sich in immerhin fünf Jahren einiges geändert, weshalb das IVEK an manchen Stellschrauben aktualisiert werden müsse. “Doch die zentralen Aussagen des IVEK haben Bestand”, meint die FDP. Letz fordert:

“Die Stadtverwaltung muss nunmehr endlich die zentralen Maßnahmen des IVEK umsetzen. Die zentralste Maßnahme fasst die Stadtverwaltung aber bereits seit Jahren nicht mal mit der Kneifzange an: die Ost-West-Trasse”. Diese müsse in Bad Kreuznach endlich oberste Priorität haben. Es könne nicht sein, dass Einzelmaßnahmen, die auf den ersten Blick aus Sicht der Oberbürgermeisterin vielleicht „schön“ oder „nett“ ausschauen, mit viel Aufwand und wenig Ertrag umgesetzt werden. “Die Ost-West-Trasse ist so zentral, weil erst sie für die notwendige Entlastung der Innenstadt vom Autoverkehr sorgt, um dann mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer zu schaffen”.

Die FDP sieht sich in dieser Einschätzung durch eine Aussage im IVEK auf Seite 93 bestätigt: “„Wichtige Erkenntnisse des Prozesses waren, dass entweder z.B. nur eine Verkehrsberuhigung der Innenstadt oder nur der Bau der Ost-West-Trasse nicht zielführend sein können.“ Emanuel Letz fragt: “warum ignoriert die Oberbürgermeisterin diese eindeutige Kernaussage des IVEK nunmehr seit fünf Jahren?” Anders als andere Vorschläge, die in die aktuelle Diskussion eingebracht wurden, biete die „Ost-West-Trasse 2.0“ aus dem IVEK die echte Chance, die Salinenstraße und die Innenstadt massiv von Durchgangsverkehr zu entlasten.

Einbahnstraßenlösungen, wie sie u.a. von PBK-Stadtrat Stefan Butz vorgeschlagen werden (diese Seite berichtete), seien nur „halbgare“ Lösungen und blieben hinter den Zielen des IVEK zurück. Auch müsse die Kommunikation der Verwaltung gegenüber dem Bürger verbessert werden. Die Stadtverwaltung stelle die Bürger bei ihren Maßnahmen mit „Nacht-und-Nebel-Aktionen“ wiederholt vor vollendete Tatsachen. Hier müsse den Bürgern frühzeitig mitgeteilt werden, was die Verwaltung wo plant und warum. Der Politikverdrossenheit der Menschen werde durch solche Aktionen unnötig Vorschub geleistet.

Emanuel Letz, Vorsitzender des FDP Stadtverbands, sagt: „Die Verwaltung muss endlich aufhören, den zweiten Schritt vor dem ersten zu gehen. Die Bürger nehmen die aktuellen Maßnahmen – ob Pop-Up-Radwege, ob die Neugestaltung um den Bourger Platz – einzig und allein als Gängelung wahr, nicht als Teil eines Gesamtkonzepts. Das ist dem Umstand geschuldet, dass die Verwaltung und die Oberbürgermeisterin die Umsetzung der Ost-West-Trasse nachhaltig verweigert. Doch die Trasse ist im IVEK ganz zentral, damit der Verkehr in der Innenstadt nicht kollabiert und es die notwendige Entlastung gibt.

Warum fahren die Menschen denn durch die Gensinger Straße, durch die Wilhelmstraße, durch die Salinenstraße? Weil dies aktuell der schnellste Weg ist, wie man in den Westen unserer Stadt kommt. Seit fünf Jahren wird das Thema Ost-West von der Stadtspitze ausgesessen – auf dem Rücken der Bürger, die tagtäglich unter dem innerstädtischen Verkehrskollaps leiden.“ Christoph Anheuser, stellvertretender FDP-Stadtverbandsvorsitzender, ergänzt: „Am Wochenende ging ein ‚Shitstorm‘ gegen die Oberbürgermeisterin durch die sozialen Medien. Das war vorauszusehen, aber vermeidbar.

Die Bürger fühlen sich zunehmend mit ihren alltäglichen Problemen nicht mehr ernstgenommen. Die Verkehrspolitik der Stadt ist ein Desaster. Viele können schlichtweg nicht auf ÖPNV oder Fahrrad umsteigen. Der aktuelle Streik der Busfahrer zeigt zudem, wie fragil die sogenannte ‚Verkehrswende‘ doch ist. Und wenn dann noch solch zentrale Maßnahmen wie Fahrradwege mitten im Herzen der Stadt auf einmal praktisch ‚über Nacht‘ aus dem Nichts auftauchen und die Menschen nicht mitgenommen werden, braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Bürger irgendwann nicht mehr mitziehen.“

Mariana Ruhl, stellvertretende FDP-Stadtverbandsvorsitzende und Mitglied des Stadtrats, führt aus: „Seit Jahren reden wir davon, dass wir die Innenstadt, die Fußgängerzone, die Neustadt beleben und stärken wollen. Die Corona-Pandemie hat den Einzelhändlern und Gastronomen in Bad Kreuznach massiv zugesetzt. Wir müssen alles tun, um den Menschen hier zu helfen. Die aktuellen Maßnahmen machen die Innenstadt aber nur unattraktiver, die Menschen sind genervt, weil sie noch mehr im Stau stehen. Das große Thema ist, dass mit der B48 eine für den überregionalen Verkehr wichtige Hauptverkehrsader unsere Innenstadt zerteilt. Das muss jetzt endlich angegangen werden.“

Der FDP Stadtverband befürwortet nach eigener Aussage einen Ausbau des Radwegenetzes in Bad Kreuznach. Auch eine Verkehrsberuhigung von Teilen der Innenstadt müsse – auch, um die Lebens- und Aufenthaltsqualität dort zu erhöhen – angegangen werden. “Dies aber muss mit Herz und Hirn passieren und nicht wie bisher mit der ideologisch gefärbten Dampfwalze,” so die FDP. Was Bad Kreuznach nicht brauche sei eine weitere Polarisierung und einen Verteilungswettkampf „Autofahrer gegen Radfahrer“. Um die “unstreitig massiven Verkehrsprobleme in Bad Kreuznach” zu lösen brauche es ein Miteinander. Seit fünf Jahren liege die Lösung, die „Ost-West-Trasse 2.0“, auf dem Tisch. Jetzt gelte es dies auch umzusetzen.