Leserbrief des Michael Wiesner zur Neuaufteilung der innerstädtischen Verkehrsfläche

Leserbrief von
Michael Wiesner

Pop-up-Radwege hier, Fahrbahnverengung dort, am Bourger Platz. Generell begrüßen wahrscheinlich viele, wenn das Radfahren in der Innenstadt verbessert wird. Mir geht es jedenfalls so. Dabei entstehen Konflikte um die begrenzte Ressource Verkehrsfläche. Die Stadt ist peripher gewachsen, aber die Innenstadtfläche nicht. Staus sind programmiert, zumindest längere Wartezeiten. Denn der Kfz-Verkehr nimmt in der Innenstadt nicht im gleichen Maße ab, wie die Radwege erweitert werden.

Zunächst bin ich überrascht, dass dieses wichtige Thema nicht in politischen Gremien diskutiert wird. Vielleicht „muss“ man dies rechtlich nicht (§ 45 StVO), aber man kann es. Es ist vertrauensbildend, wenn die Diskussion sachlich, respektvoll und möglichst ideologiefrei (von beiden Lagern) geführt wird. Niemand bestreitet die Notwendigkeit von Umweltschutz. Es sollte aber auch niemand das Bedürfnis nach Mobilität bestreiten. Straßenverkehr ist immer mit Gefahren verbunden. Kritisiert wird, dieser Radmittelstreifen am Bourger Platz sei gefährlich.

Das mag sein, er ist aber weniger(!) gefährlich als die bisherige Lösung. Insofern ist er eine Verbesserung. Meine Kritik als Rad- und Kfz-Fahrer setzt woanders an: Oft ist das Auto zwingend notwendig, um Personen oder Sachen zu transportieren. Jemand muss z. B. in die Stadt zum Arzt und der Bus fährt von Stromberg dann nicht zu den gewünschten Zeiten. Oder der Einkauf passt nicht in eine Satteltasche am Rad; es regnet; Straßenglätte; Kinder etc.. Da ist dann das Auto besser. Konsequent wäre m. E., wenn Radwege mit einer Entlastung der Innenstadt durch (!) den Bau der Ost-West-Trasse einhergingen.

Dann bleibt ein Teil des Verkehrs draußen; er muss nicht durch Salinen- oder Wilhelmstraße fahren. Dann klappt es auch mit den Radwegen besser, die dann leichter ins fahrradfreundliche Zentrum führen. Ich sehe eine attraktive Innenstadt, die Auto und Rad nebeneinander ermöglicht durch die Ost-West-Trasse als „Bypass“. Nur wer wirklich „muss“, fährt dann bei guten Radwegen noch mit dem Kfz in die Innenstadt. Wer „kann“, nimmt gerne das Rad, z. B. auch, weil das leidige Parken entfällt. Die These, dass die Ost-West-Trasse zwingend zu mehr Verkehr in der Innenstadt führt, bezweifele ich.

Michael Wiesner, LL.M. ist Rechtsanwalt, Dipl.-Betriebswirt (FH) und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht