Manfred Rapp kontert Dr. Kaster-Meurer

Das Recht der Ratsmitglieder, die Verwaltung zu Sachthemen zu befragen, ist so bedeutend, dass es ausdrücklich in der Gemeindeordnung normiert ist: “Jedes Ratsmitglied ist berechtigt, in allen Angelegenheiten der Gemeinde und ihrer Verwaltung schriftliche oder in einer Sitzung mündliche Anfragen” an die Oberbürgermeisterin zu richten. So steht es wörtlich auch im Kommunalbrevier, das Dr. Kaster-Meurer höchstpersönlich jedem einzelnen Ratsmitglied übergeben hat. Gestern war der Punkt “Anfragen” ausdrücklich auf der Tagesordnung des Hauptausschusses vermerkt.

Manfred Rapp (vorn) stellt Fragen, Wolf-Dieter Behrendt (Fraktion FWG / BüFEP, mitte) und Heiko Kraft (SPD, hinten) hören interessiert zu.

Und Manfred Rapp nutzte das. Der CDU-Fraktionsvorsitzende stellte drei Anfragen zu Sachverhalten, für die die Oberbürgermeisterin persönlich verantwortlich ist. So wollte er wissen, wie nach fünf (!) Jahren und unzähligen Beratungen der Sachstand in der Frage der neuen Fähre fürs Übersetzen zum Huttental ist. Einen Sachstandsbericht erbat Rapp weiterhin zu der 2015 beschlossenen Sanierung des Casinogebäudes, das trotz fertiggestellter Fassade an der Süd- und Westseite immer noch von einem häßlichen Bauzaun umgeben ist.

Schließlich wollte Rapp wissen, wann die vor Jahren in Bad Münster von einem Investor rechtswidrig gefällten Bäume endlich nachgepflanzt werden. Der Oberbürgermeisterin waren diese Fragen sichtlich unangenehm. Zunächst zischte sie schmallippig, die Fragen würden schriftlich beantwortet. Um Rapp dann verbal über den Mund zu fahren mit dem Hinweis, diese Fragen bezögen sich auf Themen des Planungsauschusses, er solle doch bitte Themen des Hauptausschusses nachfragen.

Ob Manfred Rapp einfach nur schlagfertig ist – oder die Denkstruktur der Oberbürgermeisterin entschlüsselt hat und daher schon vorher wußte, wie diese reagieren würde – sein Konter sass jedenfalls: “im Planungsausschuss kommen wir ja gar nicht zum Punkt Anfragen, weil Sie die Sitzungen immer vorher beenden”. Dr. Kaster-Meurer zuckte kurz, um dann – wie sie es unter Druck oft macht – einen belehrenden Hinweis zu geben: “Sie können Anfragen ja auch schriftlich einreichen”. Nicht nur Gerhard Merkelbach (Fraktion FDP / Faire Liste / Freie Wähler) reagierte da unwirsch.

Denn wie unehrlich diese Aufforderung der Oberbürgermeisterin ist, können all jene ehrenamtlichen Kommunalpolitiker und Beobachter bestätigen, die sich die Mühe machen zu merken, was Dr. Kaster-Meurer im Laufe von Sitzungen so alles sagt. Wenn nämlich – wie im Herbst 2020 – genau das gemacht wird, was die Oberbürgermeisterin gestern Abend im Hauptausschuß anregte, also Anfragen schriftlich gestellt werden, erklärt sie die dann oft wochen- oder monatelangen Fristen bis zur Antwort mit dem erheblichen Aufwand, der damit verbunden ist.

Und, wie Ende letzten Jahres, rechnet sie zusätzlich vor, wie teuer die Stadt die Beantwortung dieser Anfragen kommt. Es ist bedauerlich, dass bei solchen Gelegenheit keine(r) aufsteht und die OBin auf eine Binsenwahrheit freier Gesellschaften hinweist: ja, demokratische Arbeit ist oft aufwändig und teuer. Kurzfristig gesehen. Denn jede andere von Menschen bis heute ausprobierte Methode gesellschaftlicher Organisation hat sich mittel- und langfristig als noch viel teurer (und unmenschlicher) herausgestellt.

Eine Beantwortung der Rapp-Fragen wäre übrigens innerhalb von wenigen Minuten gestern auch im Hauptausschuß möglich gewesen. Nicht nur, weil die Oberbürgermeisterin ja auch Baudezernentin ist und daher wenigstens einige relevante Details durchaus selbst wissen sollte (an die Selbstverständlichkeit, mit der ihr Vor-Vorgänger Rolf Ebbeke genau das konnte – ohne Baudezernent zu sein – erinnern sich die Älteren noch gern). Sondern weil Stadtbauamtsleiter Klaus Christ persönlich anwesend war im Beistand weiterer Verwaltungspersonen.

Auch Stadtrechtsdirektorin Heiderose Häußermann sass im Hauptausschuß dabei. Das Stadtpersonal durfte allerdings nicht reden. Denn eines hat Dr. Heike Kaster-Meurer in den Jahren im Amt gelernt: Wissen ist Macht. Die möchte sie nicht abgeben. Und daher entscheidet allein sie persönlich, wer was erfahren darf. Eine Einstellung, die dem Rat der Stadt heute eine Sondersitzung beschert. Weil die Oberbürgermeisterin zwei Jahre lang über die erheblichen Probleme bei der Erschliessung des Galgenberges durch die Gewobau nicht informierte. Und jetzt alles ganz schnell gehen muss.