Neuer Landtag konstituiert sich in Mainz

Gestern waren überall in Stadt und Land die Deutschlandfahnen gehisst. Grund dafür: der am 14. März 2021 gewählte 18. rheinland-pfälzische Landtag hat am 18. Mai 2021 seine Arbeit aufgenommen. Bei der konstituierenden Sitzung wurde Malu Dreyer (SPD) mit 55 Stimmen erneut zur Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz gewählt. Im neuen Landtag sitzen 101 Abgeordnete aus den sechs Fraktionen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, AfD, FDP und erstmals auch die Freien Wähler. Als Landtagspräsident wurde Hendrik Hering (SPD) wiedergewählt. Pandemiebedingt fand die Sitzung im Gutenberg-Saal der Mainzer Rheingoldhalle statt.

Als Landtagsvizepräsidenten wurden Astrid Schmitt (SPD) und Matthias Lammert (CDU) gewählt. Bei der konstituierenden Sitzung des Landtags am 18. Mai übernehmen alle neu gewählten Landtagsabgeordnete offiziell ihr Mandat. Neben verschiedenen Wahlen nahm der Landtag auch eine vorläufige Geschäftsordnung an. Diese wird nun in einem Unterschuss noch weitergehend beraten. Die Regierungskoalition im Landtag bilden die Fraktionen aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Ebenfalls am 18. Mai wurden die Ministerinnen und Minister von Ministerpräsidentin Malu Dreyer in der Staatskanzlei ernannt und anschließend vom Landtag bestätigt und vereidigt.

Zu Beginn seiner Antrittsrede gedachten Landtagspräsident Hendrik Hering und das Parlament mit einer Schweigeminute der Opfer der Corona-Pandemie. Über 3.600 Menschen fielen allein in Rheinland-Pfalz der Pandemie zum Opfer. Deutlich verurteilte Hendrik Hering den verstärkten und unverhohlenen Antisemitismus in Deutschland, der unter dem Deckmantel der Israelkritik erscheine. „Es beschämt mich zutiefst und es ist eine Schande für unser Land, wenn Juden in Deutschland in Angst leben müssen.“ Er betonte: „Antisemitismus ist keine Meinung, sondern menschenverachtend und rassistisch.“

Landtagspräsident Hendrik Hering sagte, dass das Landesparlament während der Pandemie seiner Verantwortung gerecht geworden sei und sich als krisenfest und handlungsfähig erwiesen habe. Ausschusssitzungen fanden digital statt, Plenarsitzungen konnten sicher durchgeführt werden und als bundesweit erstes Landesparlament wurde eine Enquete-Kommission zur Corona-Pandemie eingesetzt. Hendrik Hering forderte für die Zeit nach der Pandemie eine nüchterne und schonungslose Analyse der Abläufe und Entscheidungen in Regierung und Parlament.

Er lobte die Stärken des Föderalismus, der auf ein lernfähiges System setze, regional angepasste und verhältnismäßige Maßnahmen ermögliche und mehr Perspektiven aus unterschiedlichen Ebenen und Regionen in politische Entscheidungen einbringe. Das Grundgesetz gestalte den Föderalismus zudem im Zeichen der Zusammenarbeit der Länder untereinander und der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Die Landtagsabgeordneten lebten Bürgernähe und wirkten mit ihrem unmittelbaren Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern als Krisenlotsen und Vermittler, sie seien Kümmerer, Erklärer und Mediatoren.

Landtagspräsident Hendrik Hering versprach überparteilich zu sein mit einer Ausnahme: wenn es um die Demokratie gehe. „Ich werde die offene Debatte und den respektvollen Umgang miteinander verteidigen“. Es genüge dann aber auch nicht, nur im Landtag Demokratie zu leben, sondern es müsse hierfür auch in der Öffentlichkeit für sie geworben werden. Hendrik Hering regte an, sich auch neuen demokratischen Verfahren zu öffnen wie beispielsweise „Bürgerräten“. Sie böten die Chance, Bürgerinnen und Bürger direkt in Beratungsprozesse miteinzubeziehen. Von besonderer Bedeutung sei für Hendrik Hering in dieser Wahlperiode, dass „wir hier in diesem Hause Vorbild sind für eine faire und respektvolle Debatte mit dem Ziel, die besten Konzepte und Lösungen für die Menschen in unserem Land zu finden.“ Und er wolle dafür sensibilisieren und begeistern, wie wertvoll die parlamentarische Demokratie ist.

Auch Alterspräsidentin Cornelia Willius-Senzer (FDP) ging in ihrer Rede auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie ein. Niemand hätte sich vor fünf Jahren, bei der ersten Sitzung des damals neu gewählten Landtags, vorstellen können, unter welchen Bedingungen die Eröffnung der 18. Wahlperiode stattfinden müsse. Sie blickte aber auch zurück auf den 18. Mai 1951, als die Abgeordneten der zweiten Wahlperiode vor genau 70 Jahren ihre Arbeit im Deutschhaus aufgenommen hatten, nachdem das Parlament in den vorhergehenden Jahren aufgrund der Kriegszerstörungen in Mainz seinen Sitz in Koblenz hatte.

Seitdem habe sich, so Willius-Senzer, die Arbeit des Landtags grundlegend geändert. Damals hätten die Abgeordneten ihr Mandat noch ehrenamtlich ausgeübt. Die politischen Themen seien vielfältiger, spezialisierter und komplizierter geworden, die Arbeitsabläufe hätten sich verdichtet und auch die Medienwelt sei eine andere. Willius-Senzer appellierte an die Abgeordneten: „Seien Sie sich stets der Verantwortung bewusst, die Ihnen vier Millionen Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer übertragen haben – Ihr parlamentarisches Mandat bedeutet zuallererst, sich dem Wohl des Landes verpflichtet zu fühlen! Wir alle haben die Verpflichtung, unser Land in eine gute Zukunft zu führen – gerade unter den gegenwärtigen Bedingungen!”

Quelle: Landtag Rheinland-Pfalz / Marco Sussmann, Bilder: Landtag Rheinland-Pfalz / Torsten Silz