Finanzausschuss rügt Stadtrat: “ÖPNV-Beschluß gesetz- und rechtswidrig”

In einer beispiellosen Klarheit und Deutlichkeit hat gestern Abend der Finanzausschuss dem Bad Kreuznacher Stadtrat offenen Rechtsbruch vorgehalten. Mit 11 Ja- gegen nur 2 Neinstimmen bei 3 Enthaltungen beschlossen die für die Stadtfinanzen zuständigen Kommunalpolitiker: “Die Oberbürgermeisterin wird vom Finanzausschuss aufgefordert, den Stadtratsbeschuss vom 29. April 2021 zu TOP 5 alt “Kommunalisierung ÖPNV – Beitrittserklärung zum Konsortionalvertrag” gemäß § 42 Gemeindeordnung unverzüglich auszusetzen”.

Bürgermeister Wolfgang Heinrich legte gestern den Antrag vor, der am Ende eine breite Mehrheit fand.

Formuliert hatte diesen Beschlußvorschlag Bürgermeister Wolfgang Heinrich. Der Volljurist hatte bereits in der Stadtratssitzung vergangene Woche mit deutlichen Worten vor der Beteiligung der Stadt am “ÖPNV-GmbH-Abenteuer” der Landkreise Mainz-Bingen und Bad Kreuznach gewarnt. Und am anschließenden Feiertags-Wochenende durchgearbeitet, um seinen Rettungsplan für die Stadt dem Finanzausschuss vorlegen zu können. Der Text und Heinrichs mündliche Ausführungen liessen an Verständlichkeit und eindeutigen Bewertungen nichts zu wünschen übrig.

Anders als im Stadtrat, in dem die Aussprache zum Videospiel verkümmerte, wurde gestern sachbezogenen von vielen Ausschußmitglieder diskutiert. Norbert Welschbach (CDU) beteiligte sich daran ebenso, wie …

Schon die schriftliche Begründung ist knallhart: “Die Oberbürgermeisterin hat den o.a. Stadtratsbeschluss germäß § 42 Absatz 1 GemO auszusetzen, weil er gesetz-und rechtswidrig ist, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit verletzt und Aufwendungen sowie Auszahlungen beschlossen wurden, für die keine Deckung im Haushaltsplan vorhanden ist. Der Stadtratsbeschluss ist gesetz-und rechtswidrig, weil er gegen § 87 Absatz 1 GemO verstößt. Weder hat die Stadt nach dem Konsortialvertragsentwurf einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat, noch ist dieser im Vertrag besonders gesichert”.

… auch Christoph Anheuser (Fraktion FDP / Faire Liste / Freie Wähler) …

Die messerscharfe juristische Analyse des Bürgermeisters beeindruckte gestern Abend alle anwesenden Fraktionen. Allein Jürgen Locher (Die Linke) und Andrea Manz (Grüne) stimmten nach umfassender Aussprache dem Heinrich-Antrag nicht zu. Dr. Silke Dierks (CDU), Lothar Bastian und Ozan Sat (Grüne) enthielten sich der Stimme. Zustimmung gabs von Wolfgang Bouffleur (SPD, fraktionslos), Kay Maleton, Christoph Anheuser (beide Fraktion FDP / Faire Liste / Freie Wähler), Norbert Welschbach, Alfons Sassenroth, Tobias Wilbert, Manfred Rapp (alle CDU), Thomas Wolff, Jörg Fechner (beide AfD), Reinhard Nühlen (FWG / BüFEP) und dem Bürgermeister selbst.

… Dr. Silke Dierks (CDU) …

Der hatte vor der Abstimmung auf Frage von Kay Maleton transparent angekündigt, den Antrag für den Fall seiner Annahme unverzüglich nach der Sitzung zur ADD nach Trier und zum Landesrechnungshof nach Speyer zu senden. Genau das hat Bürgermeister Heinrich noch gestern Abend auch getan. Damit stehen seit heute Morgen sowohl die Oberbürgermeisterin als auch die übergeordneten Behörden unter massivem Druck. Denn es ist klar: entweder setzt Dr. Heike Kaster-Meurer einen Beschluss aus, der erst letzte Woche mit ihrer Stimme gefaßt wurde.

… Jürgen Locher (Die Linke) …

Das würde die Oberbürgermeisterin nicht nur inhaltlich beschädigen. Bleibt die OBin untätig, muss die ADD den Schwarzen Peter ausspielen. Verweigert auch die Aufsichtsbehörde die Arbeit, landet der Fall beim zuständigen Verwaltungsgericht. Dessen Linie in gleichgelagerten Fällen ist bekannt: spätestens dort werden die Stadtratsbeschlüsse vom 18. März und 29. April 2021 kassiert (weiterer Bericht folgt). Und dann ist da noch der Landesrechnungshof. Der genießt wegen seiner rein an Fakten orientierten Arbeit hohes Ansehen bei den Bürger*Innen. Und hat sich schon in weitaus schwierigeren Fällen auf deren Seite gestellt.

… Jörg Fechner (AfD) und viele andere.