Coronaschutz im Bethaus der Baptisten ist vorschriftsgemäß

KIRN – Drei Quellen für ein überdurchschnittliches Infektionsgeschehen hatte die Kreisverwaltung am vergangenen Donnerstag öffentlich präsentiert. Die Kita in Kirn-Sulzbach, in der trotz organisatorischer Trennung mehrere Gruppen betroffen sind. Dann je zwei afghanische und irakische Großfamilien. Und das Bethaus der Baptisten in Kirn-Kallenfels. Um diese Einrichtung eskalierte die öffentliche Diskussion in den vergangenen Tagen (diese Seite berichtete mehrfach).

Denn die Kreisverwaltung hatte aus ihrer Sicht Probleme bei der Informationsbeschaffung. Und weil Informationen und Zeit bei einer Pandemie die entscheidenden Faktoren sind, hatten die Verantwortlichen zügig den Druck erhöht, um zu Ergebnissen zu kommen. In diesen Fällen gilt aus guten Gründen (als Ausnahme von der Regel), dass Schnelligkeit vor Gründlichkeit geht. Nachdem die Lage jetzt vollständig unter Kontrolle ist, lohnt allerdings ein Blick auf die Fakten.

Und der liefert ein ganz anderes Bild, als jenes, das in der Öffentlichkeit entstanden ist. Zunächst einmal handelt es sich bei der Gemeinde um eine Jahrzehnte gewachsene und in der Region verwurzelte Struktur. Das Bethaus in Kallenfels wird von ihr seit rund 25 Jahren genutzt. Davor war das Gebäude eine Gaststätte mit Hotelnutzung. Wer Interesse daran hatte, was in dem Haus passiert, konnte sich zwischenzeitlich bei mehreren “Tagen der offenen Tür” eigene Einblicke verschaffen.

Das taten offenbar nicht viele. Und so waren auch die Behörden vor Ort über die tatsächlichen Verhältnisse nicht vollständig informiert. Die Redaktion dieser Seite hatte am Samstag die Möglichkeit das Bethaus bis in den letzten Winkel zu besichtigen und sich von den Coronaschutzvorkehrungen zu überzeugen. Diese sind umfassend. Um zu vermeiden, dass sich eine zu grosse Zahl von Menschen in einem Raum aufhält, fand das Gemeindeleben seit dem Ausbruch von Corona auf zwei Ebenen statt.

Denn sowohl der im Erdgeschoss liegende grosse Saal (früher der Gastraum) als auch ein im Keller gelegener grosser Raum (frühere Kegelbahn) wurden zeitgleich für Gottesdienste genutzt. Dabei wurde das Bild von oben per Video nach unten übertragen. Von Anfang an erfolgte eine feste Einteilung, wer wo sitzt. Dies geht aus Plänen hervor, die die Gemeinde für beide Räumlichkeiten schon im vergangenen Jahr erstellte. Beide Räume verfügen über leistungsstarke Entlüftungs- und Luftfilteranlagen.

Und die jeweiligen Ein- und Ausgänge sind vollständig getrennt. Die Sitzplätze sind so gestaltet, dass der obligatorische Abstand gewährleistet ist. Wenn diese Nutzungsvorgaben auch nur weitgehend eingehalten wurden, wie dies zum Beispiel bei den Gremiensitzungen der Stadt Bad Kreuznach der Fall war, ist ein Infektionsgeschehen in den Räumen kaum vorstellbar. Bis heute ist auch kein einziger Fall nachgewiesen, der auf eine Infektion im Bethaus zurückzuführen ist.

Im Gegenteil. Die im Januar und Februar diesen Jahres aufgetretenen Infektionen sind von den zuständigen Behörden selbst auf arbeitsplatzbezogene Infektionsquellen zurückgeführt worden. So wurde ein Gemeindemitglied, das in einem Krankenhaus arbeitet, von einem Patienten infiziert. Die von der Kreisverwaltung angeordneten Testungen bestätigen die Angaben der Gemeinde. Demnach gibt es in der Gruppe 1 der Gottesdienstteilnehmer*Innen keinen einzigen Coronafall.

Diese sind sämtlich in der Gruppe 2 zu finden. Dort handelt es sich bei den Infizierten ausschließlich um Angehörige von vier Familien. Deren Infektionen sind in einem Fall, in dem der Familienvater Gewerbetreibender ist, durch einen Mitarbeiter (amtlich dokumentiert) ausgelöst. Die drei anderen Familien sind eng miteinander verwandt, haben jeweils mehrere Kinder und pflegen einen intensiven Umgang miteinander. Daher ist eine familieninterne Infektion die naheliegenste Erklärung für deren Erkrankungen.

Denn ausnahmslos alle anderen in der Gruppe 2 am Gottesdienst teilnehmenden Gemeindemitglieder sind negativ getestet. Für die Gemeinde stellte sich die Kontaktaufnahme wie folgt dar. Am Montagmorgen dieser Woche besuchte ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes der Verbandsgemeinde einen in einer Wohnung im Bethaus lebenden Mieter, der Gemeindemitglied ist. Der Ordnungsamtsmitarbeiter erlangte dort eine Mitgliederliste der Gemeinde, die er fotografierte und weiterleitete.

Bei dem Mieter handelt es sich um eine nicht für Gemeindeangelegenheiten autorisierte Person, weshalb diese Liste nicht auf dem neuesten Stand war. Am späten Montagvormittag wurde dann der Gemeindeälteste an seinem Arbeitsplatz erreicht. Dieser wußte nichts von den im Raum stehenden Befürchtungen der Kreisverwaltung und fand daher möglicherweise nicht in dem von der Verwaltung gewünschten Tempo Zugang zu der Thematik.

Die fernmündlich am Arbeitsplatz an ihn herangetragene Aufforderung zur Übergabe der Gottesdienst-Anwesenheitslisten beantwortete er mit einer Zusage, erklärte aber, dass diese im Bethaus liegen und er dies erst nach Arbeitsende aufsuchen könne. Dort wartete der gute Mann über zwei Stunden, bis sich durch einen Anruf herausstellte, dass die Stabsstelle auf Kontaktaufnahme durch ihn wartete.

Jedenfalls übermittelte der Gemeindeälteste, was von der Kreisverwaltung bestätigt wird, die Daten noch am Montagabend per WhattsApp. Am Dienstag erhielten dann alle Gottesdienstbesucher die Aufforderung sich in Quarantäne zu begeben und sich testen zu lassen. Also jene Personen, die im Kreis Bad Kreuznach und im Kreis Birkenfeld leben. Die im Rhein-Hunsrück-Kreis (SIM) lebenden Gottesdienstbesucher wurden nach Abgabe einer Beschreibung der Abläufe im Bethaus NICHT in Quarantäne geschickt.

Sondern nur zum Testen. Die bis heute vorliegenden Testergebnisse bestätigen ausnahmslos die vorstehend beschriebenen Verhältnisse. Weil die Kreisverwaltung am Montag über das Ordnungsamt der Verbandsgemeinde Kirner Land in den Besitz einer nicht aktuellen Mitgliederliste mit teils veralteten Kontaktdaten gelangte, konnte die Stabsstelle nicht sofort jeden erreichen. Was dort die Besorgnis auslöste, es könnten aus welchen Gründen auch immer Zusammenhänge verschleiert werden.

Bezogen auf die drei durchinfizierten Familien scheint dieser Eindruck auch zutreffend zu sein (ein gesonderter Bericht dazu folgt). Aber deren Verhalten spielte sich vollkommen ausserhalb des Bethauses und des Gemeindelebens ab. Die Baptistengemeinde und die Kreisverwaltung sind angesichts dieser Fakten längst auf Verständigungskurs. Beide Seiten hoffen, dass nun auch der Teil der erregten Öffentlichkeit zu einer sachbezogenen Betrachtung zurückkehrt.

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17.04.21 – “Kreisverwaltung bestätigt “konstruktiven Austausch” mit der Baptistengemeinde”
16.04.21 – “Kirner Baptistengemeinde will kooperieren”
16.04.21 – “Viel Arbeit für die Corona-Stabsstelle in Kirn: rund 1.000 Kontaktpersonen”
15.04.21 – “Corona-Hot-Spot Kirn: Landrätin spricht von “erheblichen Neuinfektionen”