Video-Chaos im Hauptausschuss

Bewertung von
Claus Jotzo

Es ging drunter und drüber, kreuz und quer. Und keine sorgte für Ordnung. Dazwischen wurde teils geredet, davon nur wenig verstanden, im Chat geschrieben. Und der Versuch von Abstimmungen unternommen. Der nichtöffentliche Teil der gestern Abend als Videokonferenz durchgeführten Hauptausschußsitzung erinnerte durchgängig an den sehr anschaulichen Beitrag “Der menschliche Körper”, den Otto Waalkes im vergangenen Jahrhundert zum Besten gab (https://www.facebook.com/ZumSchneider/videos/307295174005331).

Lediglich die Bestellung von zwei Bier am Ende fiel aus. Ein schaler Geschmack blieb allerdings. Einige Ausschuß- und Stadtratsmitglieder meldeten sich per Handzeichen (in der vollen Variationsspanne vom braven Grundschulaufzeigefinger am hochgereckten Arm bis zum wilden Winker), andere per Textbeitrag im Chat und eine dritte Gruppe melde sich akustisch. Zu Wortmeldung dran kamen einige trotzdem nicht. Oder erst nach unzähligem Aufzeigen bzw Melden.

Angesichts unterdrückter oder nicht verständlicher Redebeiträge, vollständig fehlender Transparenz bei den “Abstimmungen” muß leider festgestellt werden: die Bad Kreuznacher Stadtdemokratie schafft sich selbst ab, wenn diese neuerdings so aussieht, dass die Grünen-Fraktionsvorsitzende Andrea Manz nach einer Entscheidung, an der sie selbst teilnahm, fragen muß: “Ich war komplett aus dem System. Wie war das Ergebnis der Jugendamtsleitung?”

60jähriger soll Jugendamt leiten

Gern berichten wir dies: mit wie auch immer gezählten, ermittelten oder auf Zuruf bzw Zuschrift von der Oberbürgermeisterin vermeldeten 8 Jastimmen gegen 7 Neinstimen wurde ein Sechzigjähriger, der mit dem Hinweis vorgestellt wurde, dass er in wenigen Jahren in Ruhestand geht, als neuer Leiter des Stadtjugendamts nominiert. Die endgültige Entscheidung muß der Stadtrat treffen.

Wie schwierig der Meinungsbildungsprozeß und die Artikulation der persönlichen Entscheidung in dieser Personalie waren, machen die Ausschußchatbeiträge des Ratsmitglieds Dr. Silke Dierks (CDU) deutlich. Erst schrieb sie “Zustimmung unter dem Vorbehalt befristetes Arbeitsverhältnis”. Noch in der selben Minute korrigierte sie sich auf “bedingte Zustimmung”. Um eine Minute später zu erklären: “stimme zu”.

Während also in der Frage der Jugendamtsleitung eine erste Entscheidung oder Meinungsbildung im Raum steht, wurde eine andere Auswahl vertagt. Die der Leiterin des Bauhofes. Dr. Heinz Rüddel und die SPD-Fraktion machten sich dafür ebenso stark, wie Grüne. Beim Jugendamt, das nunmehr sieben Monate ohne Leitung ist, wurde trotz Abgabeabsichten die Neubesetzung mit der derzeit fehlenden Führung begründet.

So schön geordnet, wie die Stadtverwaltung dies auf der Stadtseite mit ihren Illustrationen zu suggerieren sucht, ging es in der Videokonferenz des Hauptausschusses am Montagabend (18.1.2021) nicht zu.

Beim Bauhof, der über 100 Menschen beschäftigt und seit über einem Jahr kommissarisch geführt wird, zählte für die selben Ausschuß- und Stadtratsmitglieder dieses Argument nicht.