CDU stellt Fragen und Informationsanträge zum ÖPNV

Noch hat der Landtag die notwendige Gesetzesänderung gar nicht beschlossen. Wird der ÖPNV kommunale Pflichtaufgabe, ist derzeit vollkommen unklar, wieviel Geld vom Land fliesst. In vielen Parteien ist daher die Sorge vor einem weiteren Millionengrab groß. Der von der Oberbürgermeisterin, der SPD, den Grünen und den Linken geforderte Grundsatzbeschluß für eine Beteiligung der Stadt Bad Kreuznach an einer ÖPNV-Betriebsgesellschaft der Kreise Mainz-Bingen und Bad Kreuznach scheiterte aus formalen Gründen.

“Weitreichende offene Fragestellungen klären”

Die OBin weigerte sich eine Präsenzsitzung zu dem Thema durchzuführen, fand aber für die von ihr gewünschte Videokonferenz nicht die nötige Mehrheit. Eine Mitteilung zum Fortgang des Beratungs- und Entscheidungsprozesses gabs aus dem Stadthaus bisher nicht. Die CDU möchte die so gewonnene Zeit nutzen, um “weitreichende offene Fragestellungen” zu klären. Und damit das ein oder andere nicht wieder vergessen wird oder unter den Tisch fällt, haben die Christdemokraten am 14.1.2021 einen weiteren Brief an Dr. Kaster-Meurer gerichtet. Mit fünf konkreten Anträgen und drei Fragekomplexen.

Das CDU-Schreiben im Wortlaut:

“Für einen vernetzten, nutzerfreundlichen, leistungsfähigen und bezahlbaren ÖPNV – finanzielle Auswirkungen fundiert untersuchen – gesellschaftsrechtliche Alternativen erörtern

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, sehr geehrte Herren, vielen Dank für die Beantwortung unseres Schreibens vom 02. Januar 2021. Im Hinblick auf die Sicherstellung eines vernetzen, nutzerfreundlichen, leistungsfähigen und bezahlbaren ÖPNV bleiben weiterhin weitreichende Fragestellungen für die Stadt Bad Kreuznach offen. So bestehen Alternativen zu der bislang diskutierten Rekommunalisierung des ÖPNV. Sowohl die gesellschaftsrechtlichen, organisatorischen Möglichkeiten sollten im zuständigen Hauptausschuss als auch die finanziellen Auswirkungen im zuständigen Finanzausschuss erörtert werden.

Auch ist ein Beitritt der Stadt Bad Kreuznach zu einem Zweckverband und der Gründung einer operativ tätigen Betriebs-GmbH angesichts der gesetzlichen Bestimmungen im aktuellen Nahverkehrsgesetz nicht alternativlos. Aufgabenträger des öffentlichen Personennahverkehrs sind die Landkreise und die kreisfreien Städte. Bad Kreuznach als große kreisangehörige Stadt könnte in den Verhandlungen mit dem Landkreis Bad Kreuznach treten, um den 1995 mit dem Landkreis geschlossenen Kooperationsvertrag zu revidieren mit der Folge, dass dann wieder der Landkreis Bad Kreuznach Aufgabenträger des ÖPNV wäre.

Dadurch könnten Doppelstrukturen und finanzielle Mehrkosten vermieden werden. Ansonsten besteht die Gefahr einer doppelten finanziellen Inanspruchnahme der Stadt Bad Kreuznach sowohl als Mitglied des Zweckverbands als auch über die Erhöhung der Kreisumlage. Des Weiteren sind die Zuschusshöhe des Landes und die Festsetzungen des Landesnahverkehrsplans, der die konkreten Standards im ÖPNV nach Verabschiedung des neuen Nahverkehrsgesetzes festlegt, unklar. Eine Dringlichkeit der Entscheidung ist vor diesem Hintergrund für die Stadt Bad Kreuznach nicht gegeben.

Auch ist zu berücksichtigen, dass der Aufbau eines arbeitsfähigen Zweckverbandes einschließlich der Gründung der operativ tätigen Betriebs-GmbH sehr umfangreich, kosten- und zeitintensiv ist. Schließlich gilt es ein mittelständisches, ab dem erstenTag einsatzfähiges Unternehmen aufzubauen. Bis Ende des Jahres ist kaum zu erwarten, dass ein leistungsfähiger ÖPNV aufgebaut werden kann. Zudem sind die aktuellen Entwicklungen im Mobilitätsverhalten aufgrund der Digitalisierung und der Covid-19-Pandemie zu berücksichtigen.

So wird die von Bündnis 90/Die Grünen eingebrachte Forderung nach der Verabschiedung eines Pro-Homeoffice-Gesetzes unweigerlich Auswirkungen auf die Nutzung des ÖPNV haben. Vor diesem Hintergrund hält es die CDU Stadtratsfraktion für angezeigt, eine wettbewerbliche Ausschreibung für einen verkürzten Zeitraum von drei, vier Jahren durchzuführen, um einen vernetzten, nutzerfreundlichen, leistungsfähigen und bezahlbaren ÖPNV durch leistungsfähige private Verkehrsunternehmen sicherzustellen.

Dadurch kann auch eine wirtschaftlich nachteilige Notvergabe vermieden werden, die Ende des Jahres erforderlich werden würde, wenn ein funktionstüchtiger Zweckverband mit einer operativ tätigen Betriebs-GmbH nicht vorhanden sein sollte. Zudem können die konkreten Festsetzungen des neuen Nahverkehrsgesetzes und des Landesnahverkehrsplans nach Ablauf des o.a. Zeitraums angemessen berücksichtigt werden.

Die finanziellen Belastungen der Stadt Bad Kreuznach wären dann konkret zu ermitteln. Die Stadt wäre in der Lage, ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist. Ihre Zahlungsfähigkeit könnte durch angemessene Liquiditätsplanung und die Erfüllung der allgemeinen Haushaltsgrundsätzesicher gestellt werden.

Die CDU Stadtratsfraktion stellt daher folgenden Antrag:

1. Erörterung der gesellschaftsrechtlichen und organisatorischen Möglichkeiten im zuständigen Hauptausschuss.
2. Erörterung der finanziellen Auswirkungen im zuständigen Finanzausschuss.
3. Ermittlung der konkreten Zuschüsse von Land und Bund einschliesslich der Zurverfügungstellung der anvisierten Musterberechnung des RNN durch die Verwaltung.
4. Durchführung einer wettbewerblichen Ausschreibung wie oben beschrieben, falls die Stadt Träger des Öffentlichen Personennahverkehrs bleiben sollte.
5. Vorlage des Übertragungsvertrages zwischen Stadt und der Stadtbus GmbH.

Zudem stellt sie weitere ergänzende Fragen:

1. Warum soll sich die Stadt Bad Kreuznach an dem neu zu gründenden Zweckverband mit den Landkreisen Mainz-Bingen und Bad Kreuznach beteiligen und den entstehenden Verlust mittragen? Dies wäre eine freiwillige Ausgabe der Stadt. Wie sieht dies vorliegend die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) als zuständige kommunale Aufsichtsbehörde?

2. Warum soll bzw. muss die Stadt Bad Kreuznach das vom Landkreis übertragene Recht, als Aufgabenträger des öffentlichen Personennahverkehrs zu fungieren, behalten?

3. In dem neu zu gründenden Zweckverband hätte die Stadt Bad Kreuznach rechnerisch einen Anteil in Höhe von ca. 10% laut Gutachten. Würde dies zugleich bedeuten, dass die Stadt Bad Kreuznach bei einem z.B. 10er-Ausschuss nur einen Sitz und eine Stimme bekommen würde?

Mit freundlichen Grüßen Manfred Rapp (Fraktionsvorsitzender), Dr. Silke Dierks und Helmut Kreis (stellvertretende Fraktionsvorsitzende)