Corona-Schutzimpfung verzögert sich um viele Wochen

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Claus Jotzo

Am Samstag meldete die Landrätin das Impfzentrum des Landes in Bad Sobernheim einsatzbereit (diese Seite berichtete). Die Impfwilligen bat Bettina Dickes um Geduld. Nach der Rechnung des Kreises gehören in dessen Zuständigkeitsbereich 16.000 Menschen zu den Gruppen derer, die aufgrund von Bundesvorgaben als erste geimpft werden müssen. Da zwei Spritzen erforderlich sind, benötigt der Kreis also allein für diese Personen 32.000 Dosen. Fragen nach dem Start des Impfgeschehens in Bad Sobernheim beantworte Dickes vorausschauend ausweichend und verwies auf Genehmigung und Lieferung des Impfstoffes.

Bettina Dickes und die von ihr geführte Kreisverwaltung haben alles getan, um ein funktionierendes Impfzentrum auf die Beine zu stellen. Aber so einem Impfzentrum ohne Impfstoff geht es wie einem Taucher, der nicht taucht: er-sie-es taugt nichts.

Denn das Schutzprodukt des deutschen Herstellers Biontech ist bis heute von der Europäischen Union noch gar nicht zugelassen. Das soll aber bis Monatsende der Fall sein. Soweit der Sachstand am Samstagnachmittag. Am gestrigen Sonntagabend um 19:34 Uhr meldete dann das Politik-Magazin SPIEGEL: “Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums bestätigte dem SPIEGEL die Zahl von »drei bis vier Millionen Impfdosen bis Ende Januar«. Um die Bedeutung dieser schockierenden Nachricht zu verdeutlichen, hat die Redaktion dieser Seite nachgerechnet.

Im Landkreis Bad Kreuznach lebt rund gerechnet jeder 500ste Deutsche (160.000 von 80 Millionen). Demzufolge stehen für die benötigten 32.000 Impfungen anteilig nur 6.000 bis 8.000 Dosen zur Verfügung (1/500stel von 3 bzw 4 Millionen): wenn alles gut geht ein Viertel des tatsächlichen Mindestbedarfes. Während der deutsche Impfstoff in Großbrittanien bereits seit letzter Woche eingesetzt wird, können an der Nahe nach derzeitigem Stand nicht einmal die Risikogruppen im Januar 2021 geimpft werden.

Impfung der Freiwilligen erst ab März?

Nur eine Vervielfachung der Produktion könnte sicherstellen, dass wengistens im Februar die Primärgruppen geimpft werden können. Selbst bei günstigstem Verlauf wären dann erst ab Anfang März die je nach Umfrage 35 bis 45 Millionen Freiwilligen dran. Sollte der neuerliche Shutdown bis zum Jahresende nicht zu einer deutlichen Senkung der Infektionsrate und damit auch der Todesfälle führen, werden mit dem Eingang der ersten, viel zu geringen Zahl an Impfdosen ganze neue Diskussionen aufkommen.

Warum Alte vor den Leistungsträger*Innen impfen?

U.a. die Frage, warum neben dem Arzt-, Pflege- und Krankenhauspersonal nicht jene aus der Altersgruppe der 30 und 40jährigen zuerst geimpft werden, die als Leistungsträger*Innen von Wirtschaft und Gesellschaft dafür Sorge tragen, dass dieses Land auch in einem halben Jahr noch für die Schwächeren Sorgen kann. Es wäre schön, wenn das alle heute über 80jährigen noch erleben. Die sind aber, wenn auch nur ein Teil der Leistungsträger*Innen ausfällt, ganz zweifelsohne nicht in der Lage das wirtschaftliche und damit soziale Rückgrat der Bundesrepublik aufrecht zu halten.

Erstveröffentlichung am 14.12.2020