FWG / BüFEP legt zum Kurhaus eine Anklage als Anfrage vor

Bewertung von
Claus Jotzo

In der Dezember-Sitzung des Stadtrates vor 25 Jahren wurden Geschenke verteilt. Zum Beispiel durch den Beschluß eines Erbbaurechtsvertrages für das Kurhaus. Einmütig billigten die damaligen Mehrheitsfraktionen aus CDU und SPD das Dokument. Und auch Grüne, FDP und Bürgerliste stimmten zu. Allein die Fraktion STATT Partei hatte Bedenken. Heute zeigt sich: sehr berechtigte. Denn nicht so sehr, was im Erbpachtvertrag geregelt war, mußte verantwortungsbewußten Menschen zu denken geben.

 

Sondern das, was nicht geregelt war bzw in persönlichen, schriftlich nicht fixierten Absprachen. Über zwei Jahrzehnte lagen die Unterlagen zu den damaligen Beschlüssen inklusive der Vorberatung in den Ausschüssen und Aufsichtsräten unter Verschluß. Jetzt hat Wilhelm Zimmerlin (Fraktion FWG / BüFEP), der damals keinerlei Funktion oder Mandat ausübte und von jedwelcher Mitverantwortung vollkommen frei ist, die Büchse der Pandora geöffnet. Und sich zunächst den Erbpachtvertrag vom 13.12.1995 genauer angesehen. Dabei hat er sich erst mal den Punkten zugewendet, die dort vereinbart sind.

Vertragliche Verpflichtungen nicht bzw nur teilweise erfüllt

Und die sich deutlich unterscheiden von dem ihm bekannten Bauzustand des Hauses. Leicht äusserlich zu erkennen ist: mehrere der Verpflichtungen, die der Erbbauberechtigte vor 25 Jahren übernommen hat, wurden nicht bzw nur teilweise erfüllt. Zimmerlin nähert sich dieser unerfreulichen Erkenntnis vorsichtig. Weil es ja Gründe haben muß, warum das, was vertraglich festgelegt war, nicht eingehalten wurde. Kaum eine der Erklärungen, warum es so kommen konnte, hat auch nur einen positiven Schimmer.

Strafrechtlich sind die Tatbestände alle verjährt

Praktisch alle führen in die Herzkammer des nahezu vollständigen Versagens der Bad Kreuznacher Kommunalpolitik. Strafrechtlich sind die Tatbestände alle verjährt. Aber ein Teil der Beteiligten lebt noch. Einige sind sogar noch politisch tätig. Diese Tatsache, das ist Wilhelm Zimmerlin klar, wird den in der Sache dringend nötigen Aufklärungsprozess behindern. Aber Zimmerlin hat auf seinem Weg auch Unterstützung. Von jenen, die schon vor 25 Jahren erkannten, dass sich die Stadtratsmehrheit auf einem Holzweg befand.

Besser sortiert als das Rechtsamt

Und daher sämtliche Akten und Unterlagen gesichert und archiviert haben. Besser sortiert als das Rechtsamt und das Haus der Stadtgeschichte in jedem Fall. Die notwendige Aufklärung kann also nötigenfalls erzwungen werden. Und die Stadtverwaltung wird sich sehr genau überlegen müssen, wie sie Anfragen beantwortet. Denn falsche Auskünfte heute verjähren nicht so schnell. Vertuschen und Verheimlichen war in der analogen Welt der neunziger Jahre viel leichter als heute.

Die Anfrage der Fraktion FWG / BüFEP im Wortlaut:

“Anfrage Parkhotel Kurhaus: Verpflichtungen aus dem Erbbaurechtsvertrag vom 13. Dezember 1995

Sehr geehrte Frau Dr. Kaster-Meurer, das Parkhotel Kurhaus ist als traditionsreiches Haus im Herzen des Kurzentrums für die Stadt von großer Bedeutung. Wie aus den Medien zu entnehmen war, steht wieder ein Wechsel des Betreibers an. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, in welchem Zustand sich das Haus befindet und ob die bisherigen Betreiber ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Stadt erfüllt haben. Im Erbbaurechtsvertrag vom 13.12.1995 verpflichtete sich der Erbbauberechtigte u.a., „in den vorhandenen Gebäuden Umbau-Ausbau-Renovierungs- und Umgestaltungsarbeiten, entsprechend der als Anlage beigefügten Aufstellung der notwendigen Umbaumaßnahmen, durchzuführen.“

Der Erbbauberechtigte verpflichtete sich, diese Arbeiten bis spätestens zum 31. Dezember 1998 durchzuführen. Wenn der Erbbauberechtigte bis zum Ablauf der vereinbarten Frist seine Baumaßnahmen ganz oder zum Teil nicht erfüllt haben sollte, hat er an den Grundstückseigentümer eine Vertragsstrafe in Höhe von 500.000 DM zu zahlen. In der vorgenannten Anlage zum Erbbaurechtsvertrag sind insgesamt 39 Umbau-, Ausbau-, Renovierungs- und Neugestaltungsarbeiten im Hotel Kurhaus dezidiert aufgelistet, darunter einige kleinere Maßnahmen wie zum Beispiel eine neue Bestuhlung und eine neue Beleuchtung der beiden Außenterrassen, aber insbesondere auch zahlreiche bauliche Maßnahmen, so zum Beispiel:

# Fassadenvorsprung am Hotel mit Schiefer oder in Kupfer verkleiden,
# Neuer Eingang vom Kurpavillon her zusammen mit der Stadt neu gestalten,
# Schaffung von 14 Tiefgaragenplätzen,
# Be- und Entlüftung in der Tiefgarage montieren,
# Neue Einrichtung von einer Beauty-Farm mit medizinischer Anwendung (Sauerstofftherapie, Frischzellenkur, Leistungstests usw.),
# Neueinrichtung von Dampfbad, Sauna, Whirlpool und Solarium,
# Komplett neue Gestaltung und Umbau des Restaurants, Bankett- und Tagungsbereichs mit neuer Bestuhlung und neuen Materialien wie Granit, Marmor, Spiegel, Fournier, Anstriche und Teppichböden, Laminat und elektrischen Installationen,
# Öffentliche WC Anlagen sanieren und neu gestalten,
# Komplette Neugestaltung und Überprüfung der Aufzüge und Einsatz neuer Technik,
# Alle Bäder teilweise komplett neu fliesen, mit neuen Armaturen versehen, Spiegel und neues Design,
# Überprüfung und Erneuerung der kompletten elektrischen Anlagen,
# Komplette Überprüfung und Teilerneuerung der Heizungs-, Klima-, Lüftungs-, Elektro-, Installations- und Beleuchtungsteile,
# Ausbau des veralteten Büro-und Verwaltungsbereiches (2. OG Verwaltungsgebäude) in eine neue Inhaberwohnung,
# usw.

Dies vorausgeschickt bitten wir um schriftliche Auskunft zu folgenden Fragen:

1. Wurden die 39 in der Anlage zum Erbbaurechtsvertrag aufgelisteten Arbeiten und Investitionen fristgemäß bis spätestens zum 31.12.1998 durchgeführt? Bitte mit ja/nein/teilweise kennzeichnen. Die erbetenen Antworten sollten aus den Kurhaus-Akten des Liegenschaftsamtes hervorgehen.

2. Wie hoch ist der finanzielle Aufwand für den Erbbauberechtigten gewesen? Bitte für die jeweilige Arbeiten bzw. Investitionen angeben. Auch diese Angaben sollten in den Kurhaus-Akten enthalten sein.

3. Welche Gründe lagen jeweils vor, falls der Erbbauberechtigte bestimmte Arbeiten bzw. Investitionen nicht oder nur teilweise bzw. nicht fristgemäß durchgeführt hat?

4. Wie hoch war diejeweilige ausgesprochene Vertragsstrafe, falls der Erbbauberechtigte bestimmte Arbeiten bzw. Investitionen nicht oder nur teilweise bzw. nicht fristgemäß durchgeführt hat?

Karl-Heinz Delaveaux (Fraktionsvorsitzender) Wilhelm Zimmerlin (Stellvertretender Fraktionsvorsitzender)”

Erstveröffentlichung am 14.12.2020