Dr. Kaster-Meurer’s Einladung ohne Rechtsgrundlage

Bewertung von
Claus Jotzo

Der Alleingang der Oberbürgermeisterin in Sachen virtuelle Welt wird Konsequenzen haben. Wie diese Seite bereits am Samstag berichtete, veranlaßte Dr. Kaster-Meurer am 11. November die Einladung der Mitglieder des Hauptausschusses. Allerdings nicht zu einer Präsenzsitzung. Sondern zu einer Videokonferenz. In der Einladungsemail ist weder die Rechtsgrundlage für diese in der Stadtgeschichte einmalige Vorgehensweise benannt. Noch die zwingend erforderliche Sondergenehmigung der Aufsichtsbehörde beigefügt. Schon diese Vorgehensweise ist rechtswidrig.

Zustimmung lag am 11.11. nicht vor …

Denn die Gemeindeordnung (GemO) bestimmt in § 35 zwingend, dass Videokonferenzen nur dann abgehalten werden dürfen, wenn “zwei Drittel der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder (Anmerkung der Redaktion: analog Ausschußmitglieder) einem solchen Verfahren zustimmt”. Fest steht: zum Zeitpunkt der Einladung am 11.11.20 lag der Oberbürgermeisterin diese Zustimmung nicht vor. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass sieben der 19 Mitglieder des Gremiums der Redaktion dieser Seite glaubwürdig versichert haben, vor dem Erhalt der Einladung weder gefragt worden zu sein noch zugestimmt zu haben (selbst wenn alle anderen zugestimmt hätten: 12 von 19 sind weniger als 2/3).

… und nützt im Nachhinein nichts

Demzufolge erfolgte die Einladung willkürlich, ohne Rechtsgrundlage. Auch ein einstimmiger Beschluß zu Beginn der Sitzung könnte die Denklogik der GemO nicht ausser Kraft setzen und die rechtswidrige Einladung heilen. Das macht schon der Wortlaut des Gesetzes klar. Selbst für den Fall einer Naturkatastrophe verlangt es VORAB eine entsprechende Erklärung der Aufsichtsbehörde. Das darf man sich gern mal praktisch vorstellen: einer der Vulkane unter den Eifel-Maaren bricht aus. Eine Region ist im Ausnahmezustand. Und trotzdem darf nicht jede Bürgermeisterin einfach machen, was sie will.

Es war sieben Monate lang Zeit das zu klären

Sondern hat die Zustimmung der ADD einzuholen. Das macht klar, dass hier bürokratisch-korrekt vorzugehen ist, was bedeutet: erst muß die Zustimmung von mindestens zwei Drittel der Gremienmitglieder vorliegen, dann darf eingeladen werden. Dr. Heike Kaster-Meurer hätte ihr Ansinnen also in der zurückliegenden Sitzung des Hauptausschusses Anfang Oktober klären müssen. Zu diesem Zeitpunkt war Corona schon sieben Monate lang ein Thema. Zeit genug, um Sondervorgehensweisen demokratisch zu diskutieren und abzustimmen.

Manfred Rapp hat Umlaufverfahren erledigt

Auch die von interessierter Seite am Wochenende gestreuten Zweifel an den “Widersprüchen” aus mehreren Stadtratsfraktionen gehen an der rechtlichen Realität vollkommen vorbei. Denn ein Widerspruch ist lediglich gegen Beschlüsse im Umlaufverfahren erforderlich. Und da reicht ein einziger. Den hat der CDU-Fraktionsvorsitzende Manfred Rapp bereits am Freitagnachmittag eingelegt. Und damit dieses Kapitel endgültig erledigt. Bezüglich der Verweigerung einer Zustimmung muß ein kommunaler Mandatsträger schlicht nichts tun.

Gegen Rückzug der Kommunalpolitik aus der Öffentlichkeit

Zustimmung ist ein aktiver Akt. Wer passiv bleibt, macht möglicherweise auch etwas falsch. Aber eines macht er auch in der Vorstellungswelt von Verwaltungsjuristen nicht: zustimmen. Die “Widersprüche” sind juristisch gar nicht nötig. Aber sie sind ein politisches Fanal. Die widersprechenden Mandatsträger*Innen machen damit unmißverständlich deutlich, dass sie sich klar dagegen aussprechen, dass Kommunalpolitik sich unter dem Deckmäntelchen des Coronaschutzes noch weiter aus der Öffentlichkeit zurückzieht.

Alles andere als eine Absage wäre offener Rechtsbruch

Von den Hinterzimmern öffentlicher Gebäude (in die Einzudringen von der breiten Öffentlichkeit noch als ein legitimes Mittel etwa von Pressevertretern zur Ausübung ihrer Kontrollfunktion angesehen würde) in Wohn- und Schlafzimmer (oder wo auch immer Stadtrats- und Ausschußmitglieder ihre Tablets nutzen), die grundgesetzlich richtigerweise umfassend geschützt sind. Damit ist klar: alles andere als eine Absage der Videokonferenz wäre offener Rechtsbruch. Auf den sich bedauerlicher – aber nachvollziehbarer – Weise eine Reihe von Stadtratsmitglieder sogar freuen.

Dr. Kaster-Meurer wurde bereits verurteilt

Denn anders als bei Frisur und Kleidung, die Geschmackssache sind, handelt es sich bei rechtlichen Bestimmungen um klare Vorgaben, an die sich alle zu halten haben. Wer da aus der Reihe tanzt, wird bestraft. Die Verwaltungsgerichte haben schon bei Coronaschutzmaßnahmen deutlich gemacht, dass sie sich als Hort der Bürger- und Freiheitsrechte sehen. Und die Kritiker der Oberbürgermeisterin erinnern sich nach wie vor mit Genugtuung an das von Ratsmitglied Wilhelm Zimmerlin (BüFEP) erstrittene Urteil des Koblenzer Verwaltungsgerichtes gegen Dr. Kaster-Meurer.

Freude auf Nachweis eines weiteren Rechtsfehlers

Es freuen sich schon einige darauf, der Oberbürgermeisterin weitere Rechtsfehler gerichtlich nachweisen zu können. Und so leicht, wie bei der rechtswidrigen Einladung zur heutigen Videokonferenz, wird es nicht jede Woche. Ein weiteres Gerichtsurteil mit dem Prädikat “rechtswidrig” kann sich Dr. Heike Kaster-Meurer nicht leisten. Ganz egal, ob sie nach einem besser bezahlten Posten strebt. Oder für eine dritte Amtsperiode als Oberbürgermeisterin antritt. Diese Wahl ist frühestens in zehn Monaten. Beim vom Wilhelm Zimmerlin angestrengten Prozeß vergingen zwischen Klageerhebung und Urteil nur rund fünf Monate.

Lesen Sie zum Thema auch auf dieser Seite:

15.11.20 – “Auch FDP und Faire Liste lehnen städtische Videokonferenzen ab”
15.11.20 – “CDU deckt auf: Oberbürgermeisterin will rückwirkende Höhergruppierungen”
15.11.20 – “Lothar Bastian (Grüne): “massive Verschlechterung der Beratungsqualität”
14.11.20 – “Dr. Kaster-Meurer will Videokonferenz statt Präsenzsitzung”
14.11.20 – “Von Angesicht zu Angesicht”

Meinung: Dr. Kaster-Meurers Handstreich ist gescheitert

Bewertung von
Claus Jotzo

Eigentlich ist das unfassbar: mitten in einer kommunalen Krisensituation (Haushaltsdefizit, hoher Krankenstand in der Verwaltung usw), deren Lösung durch eine bundesweite Seuche erheblich verschärft wird, verursacht die Oberbürgermeisterin künstlich Reibungsverluste. Sorgt für zusätzlichen Streit, statt die begrenzten Ressourcen konstruktiv einzusetzen. Trotz unzähliger neuer Verkleidungen (“Raktetenjäckchen”) und einem neuen “Look” bleibt sich Dr. Kaster-Meurer damit aber eigentlich nur ihrer Linie treu.

Führungsversagen mitten in schwieriger Lage

Die begann mit durch persönliche Empfindlichkeiten motivierte Strafanträge gegen Mitglieder des Stadtrates. Und erreicht jetzt einen traurigen Höhepunkt mit einem Führungsversagen mitten in schwieriger Lage. Der Versuch, im Handstreich Präsenzsitzungen der kommunalpolitischen Gremien der Stadt abzuschaffen, bestätigt die Wahn- und Verschwörungstheorien von den Rändern der Gesellschaft. Schon aus diesem Grund ist die Vorgehensweise der Oberbürgermeisterin unverantwortlich.

Keine OBIn-kritischen Ansätze in der SPD-Fraktion

Unfassbar ist, dass die eigenen Parteigenossen nicht in der Lage sind, die Egotripps der Oberbürgermeisterin zu stoppen. Nicht einmal der Abgang des früheren Fraktionsvorsitzenden Andreas Henschel und der Fraktionsaustritt des langjährigen und verdienten Genossen Wolfgang Bouffleur führen zu selbst- und OBIn-kritischen Ansätzen in der SPD-Fraktion, die zum Wahlverein Meurer-Kaster-Meurer verkommen ist. Den politischen Mitbewerbern ist es recht. Sie müssen nicht viel tun. Sondern schauen entspannt dabei zu, wie sich die SPD in Bad Kreuznach gezielt aufs HKM-Niveau verkleinert.