Geheimniskrämerei um die Absage einer Ausschusssitzung

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Claus Jotzo

Heute um 17.30 Uhr hätte der Ausschuß für Wirtschaftsförderung tagen sollen. Zeitgleich zur Gedenkveranstaltung an die Verbrechen der sogenannten Reichskristallnacht. An der Veranstaltung am Mahnmal in der Mühlenstrasse hatten in den Vorjahren durchschnittlich über 100 Menschen teilgenommen. Aus diesem Grund wurde die wichtige Gedenkveranstaltung an das auch in Bad Kreuznach vor über 80 Jahren verübte Unrecht aus Coronaschutzgründen abgesagt. Am Montag vergangener Woche um 14.42 Uhr. Mehr als acht Stunden vorher erreichte die Mitglieder des Wirtschaftsförderungsausschusses dessen Absage.

Ein Ausschuß fällt aus – der andere tagt

Als Begründung teilte Susanne Weinand im Auftrag mit, “dass der Ausschuss für Wirtschaftsförderung am 9.11.2020 aufgrund der steigenden Coronazahlen leider entfälllt”. Da die Coronazahlen auf einem erfeulich niedrigen und keinesfalls beängstigenden Niveau gestiegen sind und das Schutzkonzept der Gremiensitzungen bisher zu keinerlei Infektionen führte, fragte die Redaktion dieser Seite bei der Stadtverwaltung nach den Hintergründen der Absage. Denn andere Ausschußsitzungen, bei denen im selben Sitzungssaal die doppelte oder gar dreifach Zahl von Mitgliedern zusammentrifft (wie am Mittwoch dieser Woche im Jugendhilfeausschuß) wurden nicht abgesagt.

Stadtverwaltung verweigert rechtswidrig Information

In unserer Anfrage baten wir zunächst um die Mitteilung des öffentlichen Teils der Tagesordnung. Denn diese wurden im Bürgerinformationssystem, dem aufgrund eines Programmierfehlers die Anzeigemöglichkeit abgesagter Sitzungen fehlt, gelöscht bzw nicht mehr eingestellt. Obwohl dazu eine rechtliche Verpflichtung besteht, verweigerte die Stadtverwaltung die entsprechende Information. In unserem Schreiben wiesen wir die Stadtverwaltung darauf hin, dass “die Ausschußarbeit der städtischen Gremien von hoher Bedeutung für die demokratische Entwicklung unseres Gemeinwesens” ist.

Lapidarer Satz reicht nicht aus

Und auf die bedeutende Tatsache, dass Bund und Land genau aus diesem Grund “keinerlei Einschränkungen für den kommunalen Sitzungsbetrieb, wenn dieser die A-H-A-Regeln beachtet”, verhängt hat. “Gerade bei einem zahlenmäßig so kleinen Ausschuß wie dem für Wirtschaftsförderung ist dies in den Sitzungsräumen der Stadt problemlos möglich. Wer durch Absage von Sitzungen der kommunalen Selbstverwaltung Hand an legt an demokratische Strukturen ist verpflichtet, dies im Einzelfall sehr sorgfältig abzuwägen und zu begründen. Der lapidare Satz in der Absage reicht bei weitem nicht aus,” haben wir der Stadtverwaltung ins Stammbuch geschrieben.

Corona nur vorgeschoben?

Die möchte das wohl lieber für einige tausend Euro Extrakosten aus der klammen Stadtkasse vom Verwaltungsgericht Koblenz erklärt bekommen. Die Rechtsprechung der Gerichte ist bundeseinheitlich und unmißverständlich: jede einzelne Coronaschutzmaßnahme, die gesellschaftliches und politisches Leben beschneidet oder gar in Individualrechte eingreift, muß gut überlegt und abgewogen werden. In einem Rechtsstaat ist von der beschränkenden Verwaltung bezüglich ihrer Erwägungen ein Protokoll zu erstellen. Es sei denn, es gibt ganz andere Gründe für eine Absage. Und Corona wurde nur vorgeschoben. Dazu morgen mehr.