Dr. Kaster-Meurer will Redeverbot und Verkürzung der Sitzungszeit

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Seit dem Frühjahr tagen kreisweit alle Gemeinde-, Stadträte, Ausschüsse und der Kreistag unter Coronabedingungen. Mit Desinfektion, Masken und Abstand. Trotz hunderter von Terminen kam es nicht zu einem einzigen Infektionsfall. Diese erfreuliche Tatsache beeindruckt die Bad Kreuznacher Oberbürgermeisterin nicht. Bereits am Montag teilte Dr. Kaster-Meurer den Ratsmitgliedern mit, die heutige Stadtratssitzung müsse so kurz wie möglich gehalten werden, “um die Ausbreitung des Virus zu verhindern.” Und gestern setzte sie noch einen drauf.

Öffentlich nur 2 Stunden Sitzungszeit

Die öffentliche Sitzungsdauer soll auf zwei Stunden und die nichtöffentliche auf 30 Minuten begrenzt werden, ordnete sie verwaltungsintern an. Wortmeldungen soll nur eine je Fraktion, egal ob zwei oder 12 Mitglieder, zulässig sein. Und zweite Wortmeldungen verboten. Gegen diese dramatischen Einschränkungen gesetzlich verbriefter Rechte hatte vorgestern bereits Wilhelm Zimmerlin (Fraktion FWG / BüFEP) protestiert (diese Seite berichtete). Gestern machte eine Reihe weiterer Stadtratsmitglieder klar, dass auch sie diese Reglementierung ablehnen.

Bastian: nicht hinzunehmende Bevormundung

So ließ Lothar Bastian (Grüne) den Stadtvorstand schriftlich wissen, dass diese “gravierende Einschränkung” seiner demokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten für ihn “persönlich eine nicht hinzunehmende Bevormundung und eine Verletzung meiner Rechte als Ratsmitglied” darstellt. Für Jörg Fechner (AfD) ist “offensichtlich, dass der souveräne Stadtrat auf diese Weise in seiner Tätigkeit als Kontrollgremium behindert werden soll”. Für Fechner gehört “zu einer lebendigen Demokratie eine Diskussionskultur mit einem intensiven Meinungsaustausch”.

Merkelbach: unfaßbar und undemokratisch

Gerhard Merkelbach (Faire Liste) findet schon das Ansinnen der Unterdrückung von Redebeiträgen schändlich. Das Planiger Stadtratsmitglied erinnert daran, dass durch die Pläne Dr. Kaster-Meurers die Ratsmitglieder Wolf Behrendt, Wolfgang Bouffleur, Dr. Herbert Drumm und Stefan Butz, weil ohne Fraktion, gar nicht reden dürften: “unfaßbar und undemokratisch”. Der ganze Ansatz sei falsch, weil ja auch Fraktionsgemeinschaften aus unterschiedlichen Parteien und Listen existierten, die im Einzelfall auch unterschiedliche Ansichten hätten.

Delaveaux: lasse mir den Mund nicht verbieten

Merkelbach weist darauf hin, dass “inhaltsreichere und argumentationstärkere Verwaltungsvorlagen viele Fragen erübrigen” würden. Karl-Heinz Delaveaux geht heute entspannt zur Sitzung. “Ich lasse mir das Reden sowieso nicht verbieten”, erklärt das erfahrene Stadtratsmitglied (FWG / BüFEP) und schließt sich dem Hinweis seines Fraktionskollegen an, der als Konsequenz für Redeverbote Gerichtsverfahren angekündigt hat. Manfred Rapp, der als Golfer weiß, dass nur in den wenigsten Fällen der Ball nach dem ersten Schlag im Loch landet, geht die Vorgabe der OBIn weniger direkt an, sondern formuliert diplomatisch “wir werden uns daran halten, wo es geht”.

Manfred Rapp: zwingend weitere Meldungen zulassen

Der CDU-Fraktionsvorsitzende stellt aber klar: “sicherlich gibt es jedoch auch Themen, bei denen zwingend weitere Meldungen zugelassen werden müssen”. Mehrere Stadtratsmitglieder weisen darauf hin, dass ebenso, wie eine Mehrheit im Deutschen Bundestag grundgesetzlich geschützte Abgeordnetenrechte nicht einschränken darf, auch eine Mehrheit im Stadtrat einer Minderheit die in der Gemeindeordnung und in der Landesverfassung garantierten Rechte nicht verweigern darf. Das tatsächliche Motiv der Oberbürgermeisterin sehen mehrere Stadtratsmitglieder weit weg von Corona.

Kritische Nachfragen unterdrücken

Dr. Kaster-Meurer habe schon immer versucht Sitzungen so kurz wie möglich durchzuziehen: “um so weniger geredet wird, um so weniger klare Aussagen und Festlegungen gibt es. Um so mehr kann sie machen, was sie will”. Was die OBin mit der geschäftsordnungswidrigen Unterdrückung mündlicher Anfragen erreichen will, ist vielen Stadtratsmitgliedern aus leidvoller Erfahrung klar: kritische Nachfragen unterdrücken. Die sind nämlich in der laufenden Sitzung ausdrücklich erlaubt. Auf dem Schriftwege muß dafür von den ehrenamtlichen Stadtratsmitgliedern extra ein zusätzlicher Arbeitschritt erbracht werden. Zudem in vielen Fällen die von Dr. Heike Kaster-Meurer persönlich vor Zeugen zugesagten schriftlichen Antworten einfach ausbleiben.

U.a. Butz und Fechner warten auf Antworten

So wartet Jörg Fechner seit mehreren Wochen u.a. auf die Beantwortung der Frage, warum der Ehemann der OBin, Günter Meurer, in Gremiensitzungevon anderen Mitgliedern Fotos macht. Und auch Stefan Butz (Progressives Bad Kreuznach PBK) hat seine Antwort immer noch nicht erhalten. Butz hatte bereits vor einem Monat in der September-Sitzung des Stadtrates nach den Kosten für derzeit von der Verwaltung bezahlten / abonnierten Softwarelizenzen gefragt. Und trotz mehrmaliger Nachfrage bisher keine Antwort erhalten. Seine spitze Stellungnahme formulierte er daher wie folgt: “die Stadtverwaltung wird gebeten, auf die aktuelle Anfrage schneller, idealerweise noch vor der kommenden Stadtratssitzung im November, zu antworten, als auf meine vorhergehende Anfrage zur September-Stadtratssitzung”.