Erwin Ditzner läßt sein Schlagzeug auch sanft schnurren

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Es ist eben nicht nur Show, wenn einer der profiliertesten deutschen Schlagzeuger in der vom begeisterten Publikum erklatschten Zugabe vier Gummi-Schweinchen auf die Trommel stellt. Und mit diesen musiziert. Es ist das Veranschaulichen der von vielen vorher nicht gehörten tonalen Spannbreite, die Erwin Ditzner in der Lage ist einem Schlagzeug und anderen “Rhythmusinstrumenten” zu entlocken.

Gestern Abend war der in Worms geborene Künstler auf Einladung von Museumsdirektor Marco van Bel Gast in der Römerhalle. Weil das örtliche Marketing für diese Veranstaltung nicht einmal das Niveau eines Stadiontrommlers erreichte, hatten nur ganze 22 Personen das ausgesprochene Vergnügen, dem Ereignis beizuwohnen. Darunter Ditzner-Fans aus Ludwigshafen, die eigens für die zwei Mal 30 Minuten Ditzner-live nach Bad Kreuznach gereist waren.

Das Museum hatte den Ditzner-Auftritt in Bezug gesetzt zu den in der Römerhalle präsentierten, international als einzigartig anerkannten Mosaiken und deren vielschichtigen Darstellungen zum mediterranen Handel, Schifffahrt, den fantastischen Wasserlebewesen sowie Göttern der Antike. Und diese als Anknüpfungspunkt für ein einzigartiges Musikerlebnis benannt, das Bezug nimmt auf die Mosaikdarstellungen und der Idee von „Klangbausteinen: vielschichtig, abwechslungsreich, vibrierend, rhythmisch”.

Auch in der Wahrnehmung der Gäste wurde damit nicht zu viel versprochen. Oceanus-Cernunnos hat sich zwar nicht vom Fleck bewegt. Aber er dürfte in den vergangenen 1.800 Jahren kaum derart brilliant improvisierte Ton- und Rhythmuscluster zu hören bekommen haben, wie gestern Abend. Dass Erwin Ditzner ein großer Musiker und eben kein musizierender Showman ist, wurde in vielen Programmdetails erlebbar.

Der Mann, dem von einem Aufmerksamkeit suchenden Kritiker bereits nachgesagt wurde, er reduziere mitunter sein Schlagzeugset, um sich in den Vordergrund zu stellen (nur weil er es tatsächlich schafft auch nur mit Snare und Bongos Musik zu machen) nutzte neben einem traditionellen Schlagzeug Schlitz- und Obertontrommeln, kleine Holztrommeln und Becken. Und eine Marimba aus alten Dachziegeln.

Wegen der kleinen Zuhörer*Innenzahl war es trotz Einhaltung der Abstandsregeln möglich, die von Erwin Ditzner eingesetzten Spiel-Techniken aus nächster Nähe zu beobachten. Die natürlich nichts gemein haben mit dem eher sportlich motivierten Einhämmern durchschnittlicher Schlagzeuger auf ihre Percussion. So streichelt Ditzner die Tonerzeuger, er klopft, drückt, schlägt und tippt auf sie ein. Und erzeugt so vom sanften Schnurren bis zur klaren Tonfolgen Musik, die Rhythmusinstrumenten normalerweise nicht zugeschrieben wird.

Aus der Obertontrommel, einem langgezogenen Plastikteil, drangen durch Ditzners milde Aufschläge Tonfrequenzen wie vom den Schwirrhölzern der Aborigines, warm und doch eindringlich. Die archaisch konstruierte Ziegel-Marimba ließ Ditzner wie einen Synthesizer im Sanfttonmodus klingen. Und dann hatte Erwin Ditzner ohne jede Ankündigung im Programm als vom Publikum sehr gern angenommenen Bonus-Track die elsässische Sängerin Marie-Agnes Dietrich (Strasbourg) mitgebracht, die das Konzert mit zwei von Ditzner begleiteten Gesangseinlagen bereicherte.

In der Zugabe setzte Ditzner vier Gummi-Schweinchen (Klose, Ulrike, Birgit und Chantal) zur Tonerzeugung ein.

Auch die aufwändige Bein- und Fußarbeit des Musikers fand Beachtung.

Fürs Museum wurde das Konzert in Bild und Ton dokumentiert.