Jugendamt: die Taktik der Dr. Kaster-Meurer ist krachend gescheitert

Bewertung von
Claus Jotzo

Bei der Beurteilung von Politiker*Innen sind zwei wesentliche Aspekte von Bedeutung. Zum einen deren inhaltliche Positionierung. Im Fall des städtischen Jugendamtes ist dieser Punkt bezüglich der Oberbürgermeisterin geklärt: sie tritt für dessen Erhalt ein. Zum anderen deren Fähigkeit politische Ziele auch operativ um- und durchzusetzen. Damit ist Dr. Kaster-Meurer krachend gescheitert. Nicht erst am Donnerstagabend, indem sie im Stadtrat keine Mehrheit für den von ihr ausgehandelten Vertragsentwurf zur Finanzvereinbarung organisieren konnte. Das Scheitern begann schon ganz am Anfang ihrer Amtszeit. Da prüfte der Landesrechnungshof (LRH) das von ihr als Jugenddezernentin politisch verantworte Jugendamt.

Suboptimale Handlungs- und Entscheidungsabläufe

Mit einem für die Stadt katastrophalen Ergebnis. Suboptimale Handlungs- und Entscheidungsabläufe zu Hauf, hunderttausende von Euro Steuergeld verplempert (diese Seite berichtete). Weder hat Dr. Kaster-Meurer diesen Bericht seinerzeit veröffentlicht noch im Jugendhilfeausschuß Punkt für Punkt durchgearbeitet. Sie hat ihn – rechtswidrig – links liegen lassen. Erst Jahre später wurden dringend erforderliche organisatorische Veränderungen umgesetzt. Freilich nicht beim Führungspersonal des Amtes, das für die Mißstände verantwortlich zeichnete.

Unterlassene Leistungsdarstellung des Jugendamtes

Und auch die Neuaufstellung des Jugendamtes vor rund fünf Jahren, wenn es denn tatsächlich eine war, nutzte die Oberbürgermeisterin nicht zu einer Informationsoffensive über dessen Leistungen. Leider hat dies zwar kein einziger Kommunalpolitiker im Stadtrat so gesagt. Aber vielen ist es 2019 aufgefallen: mit der fadenscheinigen Begründung, durch die Kommunlwahl im Mai seien neue Mandatsträger in die Mitverantwortung gekommen, wurden die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses durch das Gebäude geführt und durften die Mitarbeitenden samt Tätigkeitsfeld kennenlernen. Auch durch die Kommunalwahl 2014 gab es unzählige Personalwechsel.

Kurzfristiger Aktionismus nach Jahren der Untätigkeit

Aber keine Führung. Obwohl auch damals Dr. Kaster-Meurer Jugenddezernentin und Vorsitzende des JHA war. Und auch die Neuaufstellung des Amtes 2015 wurde nicht mit dieser Transparenz präsentiert. Die – in der Sache natürlich richtige – Vorstellung im Herbst 2019 war eine im Ergebnis hilflose Reaktion auf das von Dr. Helmut Martin angestoßene Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtages, in dem dieser den Abgabebeschluß des Stadtrates vom 29.11.2018 als relevant einstuft. Also leider nicht mehr als kurzfristiger Aktionismus nach vielen Jahren der Untätigkeit. Die faule Selbstgefälligkeit rächt sich jetzt.

Unzureichende Information

All jene Kommunalpolitiker*Innen, denen die Oberbürgermeisterin bis heute die vom LRH dokumentierten Fehlleistungen und deren Folgen nicht erklärt hat und die erstmals in der JHA-Sitzung im Juni 2020 und der denkwürdigen Hauptausschußsitzung vom 3. August 2020 von den praktischen Problemen der Jugendhilfe im Detail erfuhren, wurden dadurch noch stärker in eine kritische Position zur städtischen Trägerschaft gedrängt. Zu keinem Zeitpunkt ist es der Oberbürgermeisterin gelungen, die inhaltliche Seite der Jugendhilfe anschaulich zu vermitteln und damit den Finanzargumenten Gewicht zu nehmen. Diesen Vorwurf müssen sich auch die übrigen Befürworter der städtischen Trägerschaft ans Revers heften.

Motivation von mehr Unterstützung versäumt

Denn natürlich wäre durch eine wesentlich frühzeitigere und umfassendere Information die Motivation von mehr Unterstützung für die Arbeit im Jugendamt unter stadtspezifischen Gesichtspunkten möglich gewesen. Wer das im Befürworterlager auch heute noch leugnet, legt mit seiner Wirklichkeitsverweigerung den Grundstein für die nächste sachpolitische Niederlage. Gerade die Grünen haben doch mit ihrem konsequenten Eintreten für ökologische Fragestellungen schon vor fast 40 Jahren bewiesen, dass durch fortgesetzte Information und Agitation Glaubwürdigkeit und Verständnis auch bei jenen geschaffen werden kann, die anfangs desinteressiert waren.

Mithaftung für Mißstände und Fehlleistungen

Statt diesen Weg einzuschlagen haben sich Linke, Grüne und SPD auf Dr. Kaster-Meurer verlassen. Eine Oberbürgermeisterin, die auch nach vielen Jahren im Amt Sitzung für Sitzung harrsträubende formale Fehler macht und zB in Fragen der Befangenheit persönlich gesetzliche Vorschriften bricht. Davon haben sich bis heute weder Linke noch Grüne noch die SPD distanziert. Und dürfen sich daher nicht wundern von den politischen Mitbewebern und der Öffentlichkeit mit der Oberbürgermeisterin für Mißstände und Fehlleistungen verantwortlich gemacht und in die politische Mithaftung genommen zu werden.

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