Erstmals offene Kritik an Dr. Kaster-Meurer im Jugendhilfeausschuß

Bewertung von
Claus Jotzo

Hinter den Kulissen wird auch im Jugendhilfeausschuß (JHA) schon länger gefragt, ob Dr. Heike Kaster-Meurer mit ihren taktischen Winkelzügen dem Jugendamt in städtischer Trägerschaft wirklich hilft. Oder doch mehr schadet. Das Vorgehen der Oberbürgermeisterin, den Stadtratsbeschluß zur Abgabe vom 29.11.2018 einerseits nicht wegen Rechtswidrigkeit auszusetzen und andererseits nicht umzusetzen, anfangs als geschickter Coup gelobt, stellte sich spätestens mit dem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtages als Eigentor heraus. Die Abgabebefürworter erhielten so über Monate ein öffentliches Forum, um für ihr Anliegen Stimmung zu machen.

Auf Unverständnis auch in den Reihen der Befürworter der städtischen Trägerschaft stieß von Anfang an sowohl die um Jahre verschleppte Abrechung mit dem Kreis für den Zeitraum 2015 bis 2019, die bis heute nicht abgeschlossen ist (!) Und die verspätete Aufnahme von Verhandlungen über eine neue Finanzvereinbarung mit dem Kreis. Erst im November 2019, wenige Wochen vor dem Auslaufen der alten Regelung, bequemte sich Dr. Kaster-Meurer ins Kreishaus. Und erst jetzt, nach neun Monaten vertragslosem Zustand, liegt ein Vergleichsvorschlag auf dem Tisch der städtischen Gremien.

Dr. Kaster-Meurer informierte Ausschuß nicht

Die tiefsten Kratzer bei all jenen, die die Arbeit der Oberbürgermeisterin gern positiv sehen möchten, hinterließ allerdings ihr Umgang mit der Überlastungsanzeige des Allgemeinen Sozialdienst (ASD) aus dem Jugendamt (diese Seite berichtete). Acht Tage lag diese, obwohl an den gesamten Stadtvorstand adressiert, auf dem Schreibtisch der OBin, bevor sie an Bürgermeister Heinrich und Markus Schlosser weitergeleitet wurde. Der eigentlich zuständige JHA wurde von Dr. Kaster-Meurer gar nicht informiert. Sondern erfuhr erst durch ein vom Bürgermeister veranlaßtes Schreiben und über die Presse von der Sache.

Bürgermeister Heinrich packte das Problem an

Wolfgang Heinrich (ein erklärter Abgabe-Befürworter) war es dann, der den korrekten Verwaltungsweg einschlug, mit den betroffenen Mitarbeiter*Innen sprach, erstmals eine Organisationsuntersuchung veranlaßte und die Gremien informierte. Und den Haupt- und Personalausschuß unter seiner Leitung (Dr. Kaster-Meurer urlaubte in diesen Wochen) zu den nötigen Beratungen und Beschlüssen motivierte. Die Tatsache, dass der JHA bei diesen Lösungsschritten aussen vor blieb, obwohl er für die Jugendhilfe zuständig ist, hat die engagierten Mitglieder dort erkennbar tief getroffen.

Fragen zur Überlastungsanzeige

Mit ungewöhnlich kritischen Wortmeldungen drückten daher in der Sitzung am Mittwochabend die frühere Jugenddezernentin Martina Hassel (SPD), Juliane Rohrbacher (Grüne) und Günther Kistner ihr Mißfallen über den Umgang mit der Überlastungsanzeige aus. Ein Punkt der Kritiker: noch am 9. Juni 2020 hatte Ingrid Pfeifer-Hoecker den JHA über Probleme beim Allgemeinen Sozialdienst (ASD) informiert. Damals aber mit keinem Wort eine Überlastungsanzeige angedeutet. Weniger Tage später sah sich Pfeifer-Hoecker dann dazu gezwungen, genau dieses Dokument zu verfassen und an den Stadtvorstand zu senden. Die Abteilungsleiterin fühlte sich durch die Fragen und Anmerkungen der Ausschußmitglieder zu einer Rechtfertigungserklärung veranlaßt.

Zum Zeitpunkt der JHA-Sitzung im Juni habe nur eine der beiden Kündigungen vorgelegen und sie sei daher davon ausgegangen, den Engpaß bewältigen zu können. Trotz verbaler Abrüstungsbekundungen (Hassel zur Abteilungsleiterin: “ich schätze Sie persönlich sehr”) bleibt der Eindruck, dass das intransparente Taktieren der Oberbürgermeisterin dem Amt nicht geholfen hat. Dessen Personal ist sehr bewußt (vermutlich viel klarer, als den Komunalpolitikern), dass auch die Verzögerungstaktik des Landes im Umgang mit den Konsequenzen aus dem Zweitgutachten die Eigenständigkeit des Stadtjugendamtes eben nicht sichern hilft.

Kein Landesgeld, weil anderes wichtiger ist

Denn mehr als je zuvor wird jetzt darüber gesprochen, was es kostet. Weder Grünen noch SPD ist es gelungen, den Wert der konkret für Kinder und Jugendlichen erbrachten Arbeit nachvollziehbar und verständlich zu machen. Das wird den Ortsgruppen beider Landesregierungsparteien auch künftig eher schwerer als leichter fallen. Denn alle sehen jetzt nach Mainz und genau hin, für was Geld da ist. Und reiben sich verwundert die Augen, dass im Landeshaushalt vergleichswese läppische fünf Millionen Euro mehr für Kinder und Jugendliche in Bad Kreuznach nicht aufzutreiben sein sollen. Für andere Zwecke, die demzufolge ja viel wichtiger sein müssen, aber schon.