Akteneinsicht für alle in den Bauantrag für die Moschee

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Die Bad Kreuznacher DITIB-Gemeinde wird eine neue Moschee bauen. Bereits das vor rund vier Jahren abgewickelte Grundstücksgeschäft löste öffentliche Diskussionen aus. Die Fläche im Gewerbegebiet am Grenzgraben unterhalb des Rehner Gartenzentrums und oberhalb vom C+C Gastronomie Großmarkt wurde insbesondere aus den Stadtteilen Planig und Bosenheim als ungeeignet für einen Sakralbau bewertet. Aber auch Gegner der grundgesetzlich garantierten freien Religionsausübung aus anderen Stadtteilen wetterten unter dem Deckmäntelchen u.a. der Wirtschaftsförderungspolitik gegen den Standort.

In der weiteren Entwicklung sorgten dann ein positiver Bauvorbescheid und dessen Verlängerung um zwei Jahre für Streit. Schließlich wollten Stadtverwaltung und große Teile des Stadtrates dann Anfang diesen Jahres einen Schlußstrich unter das Projekt ziehen. Rechtlich mit einer sogenannten Veränderungssperre. Mit dieser wurde der gültige Bebauungsplan in einem wesentlichen Detail verändert: Gebäude mit religiöser Nutzung sind nun nicht mehr erlaubt. Dem Stadtrat erläutert wurde diese Kehrwende am 27. Februar 2020 vom SPD-Stadtverbandsvorsitzenden Günter Meurer.

Der stimmte dann auch einträchtig mit seiner Ehefrau, Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer, mit der großen Mehrheit im Stadtrat für die Veränderungssperre und damit gegen den Moscheebau. Allein die acht grünen Ratsmitglieder und die beiden Sozialdemokraten Ahmet Dasli und Yunus Senel lehnten die Veränderung ab. Der Schwenk von Verwaltungsspitze und insbesondere der SPD war schon am 11. Februar 2020 offenbar geworden. Damals hatte Dr. Kaster-Meurer dem Planungsausschuß, dessen Vorsitzende sie ist, die Veränderungssperre vorgeschlagen.

Was die Politikstrategen wegen mangelnder Kommunikation (oder Desinteresse) nicht wußten: die örtliche DITIB-Gemeinde hatte ihr Bauvorhaben in den vergangenen Jahren akribisch vorbereitet. Und legte dem Stadtbauamt am 26. Februar 2020 einen Bauantrag vor. Darin eine erste kleine Sensation: obwohl das zu diesem Zeitpunkt gültige Baurecht ein 16 Meter hohes Minarett erlaubt hätte, verzichtete die Bad Kreuznacher DITIB-Gemeinde für ihre Moschee auf dieses äussere Zeichen. Deren Vorsitzender Cihan Sen hatte bereits am Tag der offenen Moschee, dem 3. Oktober 2018, öffentlich erklärt, dass Minarette keine zwingenden Bestandteile einer Moschee sind.

Alle Stadtratsmitglieder zur Information eingeladen

Und die Bad Kreuznacher Moslems daher als ein Zeichen auch der Integration darauf verzichten würden. Mit dem Eingang des Bauantrages am Tag vor der Stadtratssitzung sicherte sich die DITIB-Gemeinde alle baurechtlichen Ansprüche aus den rechtskräftigen Bauvorbescheiden. Und legte dann direkt nach. Bereits Mitte März präsentierte die DITIB-Gemeinde in den bis heute genutzten Räumlichkeiten in der Mühlenstrasse ihre Neubaupläne im Detail. Ausdrücklich wurden alle Stadtratsmitglieder eingeladen. Und einige von CDU, SPD, Grünen und Linken machten davon auch Gebrauch (diese Seite berichtete). Nicht angenommen wurde das Informationsangebot u.a. von der AfD-Fraktion.

“Bei diesem Projekt sehr interessant”

Die stellte dann Wochen später, am 10. Mai 2020, einen Akteneinsichtsantrag in die Bauakte. Über den wurde am 16. Juni 2020 im Planungsausschuß beraten, auch wenn die endgültige Entscheidung beim Stadtrat liegt. Die damalige Bewertung der Verwaltung: lohnt nicht. Benedikt Blanz, der Leiter der städtischen Bauaufsicht, bestärkte zwar den AfD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Wolff in dessen Einschätzung zum möglichen Informationsgewinn: es sei “bei diesem Projekt sehr interessant” in die Akten mit rein zu sehen. Riet aber dazu den richtigen Zeitpunkt an: “gucken Sie in die Akten dann rein, wenn die Unterlagen vollständig sind, dann sehen Sie nämlich am meisten”.

OBin für Akteneinsicht

Um dann nonchalant festzustellen: “die Akten sind nicht vollständig und der Antrag, so wie er momentan vorliegt, ist möglicherweise auch so nicht genehmigungsfähig”. Daher die Empfehlung des Planungsausschusses: “den Antrag der AfD-Fraktion auf Akteneinsicht in die bezeichnete Baugenehmigung zunächst abzulehnen”. Genau mit dieser Maßgabe stand der Tagesordnungspunkt dann am Donnerstag dieser Woche als TOP 15.2. (Aktenzeichen 20/228) auch in den Sitzungsunterlagen. Doch es kam ganz anders. Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer distanzierte sich von dem mit ihrer Stimme gefaßten Ausschußbeschluß und positionierte sich neu für eine sofortige Akteneinsicht.

Keine Kopien, keine Fotos

Im Sinne der Gleichbehandlung aller Fraktionen schlug sie vor, nicht nur der AfD-Fraktion, sondern allen anderen auch Akteneinsicht zu gewähren: “bitte bennen Sie jeweils eine Person”. Was die dann offiziell darf – und was nicht – hatte die Verwaltung schriftlich festgelegt: “Die Anfertigung von Abschriften oder Ablichtungen aus den Akten geht schon begrifflich über eine Akteneinsicht hinaus und wird vom Akteneinsichtsrecht nicht umfasst. D. h. auch bei einer Akteneinsichtsnahme dürfen Ratsmitglieder keine Fotos, z.B. mit dem Handy, machen oder Kopien anfertigen. Es ist aber zulässig, wenn Notizen erstellt werden.”

Lesen Sie zum Thema auch auf dieser Seite:

22.06.20 – “Bauamt: Moschee-Bauantrag “in der eingereichten Form nicht genehmigungsfähig”
14.03.20 – “Details zum Moschee-Neubau am Grenzgraben”