Nachgehört: Dr. Kaster-Meurer mißt mit zweierlei Maß

Bewertung von
Claus Jotzo

Beobachter und Kommentatoren beklagen es seit rund neun Jahren: mit der Amtsübernahme durch Dr. Kaster-Meurer haben Streit und Aggression in den städtischen Gremien, vom Stadtvorstand über den Stadtrat bis zu den Ausschüssen stark zugenommen. Seit der letzten Kommunalwahl im Mai 2019 ist es eher sogar schlimmer geworden, als dass eine Entspannung erkennbar wäre. Und dies, obwohl Akteure wie Werner Klopfer (CDU), Wolfgang Kleudgen (FWG) und Peter Steinbrecher (Faire Liste), die der Oberbürgermeisterin gern auch mal widersprachen, dem Rat nicht mehr angehören.

Strafanzeige, Willkür, Rabulistik

In Vergessenheit geriet nur in der Öffentlichkeit, dass es Dr. Kaster-Meurer war, die als erste Oberbürgermeisterin Strafanzeige gegen Ratskollegen stellte. Auch die Tatsache, dass in ihrer Amtszeit der höchste Krankenstand in der Stadtverwaltung zu verzeichnen ist und nie zuvor so viele Amtsleiter “gesundheitsbedingt” das Handtuch warfen, wurde und wird den Einwohner*Innen auf der Stadtseite nicht berichtet und ist nur ein Thema bei den ehrenamtlichen Kommunalpolitikern. Diese leiden zudem unter dem von Willkür geprägten Führungsstil Dr. Kaster-Meurer’s. Ihre ständigen Verdrehungen und die in fast jeder Sitzung anzuhörende Rabulistik nervt all jene, die bereits inhaltlich eine andere Position einnehmen.

Ungleichbehandlung durch die Sitzungsleitung

Und dazu kommt die Ungleichbehandlung durch die sitzungsleitende Oberbürgermeisterin. All dies sind die Quellen, die die Emotionen steigen lassen und die Sand streuen in das Getriebe effektiver kommunaler Problemlösung. Ein anschauliches Beispiel der Selbstverständlichkeit, mit der Dr. Kaster-Meurer den grundgesetzlich geschützten Grundsatz mißachtet, demnach wesentliches Gleiches nicht ungleich und wesentlich Ungleiches nicht gleich behandelt werden darf, lieferte die Sitzung des PLUV am Dienstag vergangener Woche (18.8.2020). 17.30 Uhr. Der Ausschuß für Stadtplanung, Bauwesen, Umwelt und Verkehr, wie das Gremium korrekt heisst, nimmt seine Arbeit auf.

Beispiel PLUV am 18.8.2020

Die Tagesordnung erscheint unendlich. 22 Punkte allein im öffentlichen Teil. Darunter einige, die schon länger auf Erledigung harren. Erfreulich: anders als früher mehrfach geschehen, weist die Oberbürgermeisterin als Sitzungsleitung nur moderat auf die wünschenswerten Beratungs- und Entscheidungsfortschritte hin. Trotzdem wird die Aussprache schon gleich beim ersten Punkt eingebremst. Es geht um das Projekt “Humperdinck Park” des Investors Deutsche Bauwert. Dies betreffend laufen die Diskussionen seit Monaten entweder nichtöffentlich – oder über die Presse. In den amtlichen Gremien vor Publikum kamen die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker nur wenig zu Wort.

OBin verhindert Rapps zweiten Beitrag …

Wegen dieses Punktes sind auch rund ein Dutzend Zuhörer*Innen in den Sitzungssaal gekommen. Zumindest diese interessiert, welcher ihrer “Volksvertreter*Innen” was zu sagen haben. Um 17.57 Uhr erhält Manfred Rapp das Wort für seinen Redebeitrag. Es folgt eine muntere Diskussion. An der sich von seinen vier christdemokratischen Ausschußkolleg*Innen nur Anna Roeren-Bergs mit einem kurzen Beitrag beteiligt: die CDUler haben also anteilig zu ihrer Zahlenstärke relativ wenig Redezeit verbraucht. Um 18.19 Uhr möchte Rapp zum zweiten Mal etwas sagen. Doch der Vorsitzende der größten Fraktion darf nicht sprechen.

… und bezieht sich auf die Hauptsatzung

Schon bei seiner Meldung wird er von Dr. Kaster-Meurer abgewürgt: “So, an sich sieht die Gemeindeordnung vor, dass zweite Wortmeldungen nicht zulässig sind, ne gar nicht die Gemeindeordnung, sondern die Hauptsatzung, die sie selber beschlossen haben. In Anbetracht der Zeit würde ich es auch gerne so halten, zumal ich noch erste Wortmeldungen habe”. Manfred Rapp fügt sich und verzichtet auf seinen Beitrag. 19.20 Uhr. Der Antrag der Grünen zur Einrichtung von Zebrastreifen im Bereich Mannheimer Strasse / Rheinstrasse (TOP 15) wird aufgerufen. Er stammt aus der Feder von Annette Thiergarten (Grüne, dieses Seite berichtete). Thiergarten ist kein Ausschußmitglied.

OBin läßt Thiergarten ein Mal sprechen …

Aber es ist eine gute Übung in den Gremien, dass Stadtratsmitglieder, deren Anträge vom Rat in einen Ausschuß verwiesen wurden, ihr Anliegen dort vorstellen und begründen. In diesem Fall machen es die Grünen nicht so. Statt Annette Thiergarten begründet Hermann Bläsius den Antrag. Er sagt natürlich trotz bester Absicht nicht unbedingt das, was der Antragstellerin wichtig ist. Daher meldet sich Annette Thiergarten auch zu Wort. Und darf um 19.26 Uhr zum ersten Mal reden. Sie weist darauf hin, dass es sich um eine “unübersichtliche Ecke” handelt, es den schweren Unfall zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht gab und wünscht Tempo 30 auf beiden Strassen vor der Kreuzung.

… und dann noch einmal

19.32 Uhr. Annette Thiergarten erhält von der Oberbürgermeisterin zum zweiten Mal das Wort. Diesmal erklärt sie, dass nach ihrem Wissen viele Eltern ihre Kinder derzeit da nicht langlaufen lassen, so dass eine Passanten-Zählung jetzt die tatsächliche Zahl nicht erfaße. Eine Reglementierung ihrer zweiten Wortmeldung erfolgt selbstredend nicht. 20:07 Uhr. Ausschußmitglied Jörg Fechner (AfD) spricht zum von Laura Ludwig begründeten Antrag der CDU-Fraktion bezüglich der Einführung von Pfandringen. Er ist sichtlich emotional betroffen, bezeichnet es als “unwürdig”, dass Menschen ihr Einkommen durch Wühlen in Mülltonnen aufbessern müssen.

OBin würgt Fechner ab

Auf seinen Redebeitrag wird geantwortet, Fechner persönlich angesprochen. Daher möchte Jörg Fechner noch eine Anmerkung machen, meldet sich um 20:14 Uhr zu Wort. Und wird von Dr. Kaster-Meurer direkt belehrt: “Herr Fechner, zweite Wortmeldungen: wir haben immer zweite Wortmeldungen, wenn ein Antrag erläutert wurde: Weil das steht den Fraktionen zu und danach haben wir an sich darauf verzichtet, weil es reden ja schon die, die nicht im Ausschuß Mitglied sind”. Aufgrund seiner Betroffenheit fällt Fechner gar nicht auf, dass zuvor ein Nicht-Ausschußmitglied (Annette Thiergarten) zwei Mal reden durfte. Und er als Ausschußmitglied daran gehindert wird. Sein Protest geht im weiteren Sitzungsverlauf unter.

Begründung der OBin schlicht falsch

Bis gestern Abend um 22 Uhr hatten sich weder Annette Thiergarten noch die Oberbürgermeisterin bei Manfred Rapp und Jörg Fechner für die krass ungleiche Behandlung entschuldigt. Wer sich für Fakten interessiert und daher diese Seite bereits länger liest, ahnt es bestimmt schon. Natürlich war die Begründung, mit der Dr. Heike Kaster-Meurer (SPD) den CDU-Fraktionsvorsitzenden Manfred Rapp an seiner zweiten Wortmeldung gehindert hat, wieder einmal falsch. Denn die Hauptsatzung regelt nicht, wer wo wie oft reden darf. Das steht in der Geschäftsordnung des Stadtrates. Nach über acht Jahren im Amt kennt Dr. Kaster-Meurer noch immer nicht den Unterschied und die Regelungsbedeutung von Hauptsatzung und Geschäftsordnung.

Inkompetenz im Stadthaus

Das sagt viel aus über die Ursache einiger Probleme im Stadthaus, die sich unter dem Begriff “Inkompetenz” zusammenfassen lassen. Wie groß diese ist wird deutlich, wenn man sich die einschlägige Bestimmung in der Geschäftsordnung anschaut. Diese lautet wörtlich: “§ 22 Redeordnung (4) Ein Ratsmitglied soll zu demselben Beratungsgegenstand grundsätzlich nur einmal sprechen. Mit Zustimmung der Vorsitzenden kann ein Ratsmitglied auch öfter das Wort ergreifen; die Gleichbehandlung der Ratsmitglieder ist zu gewährleisten”. Zwei Wortmeldungen sind also unerwünscht. Aber nicht streng verboten. Und mit der Tatsache, dass Dr. Kaster-Meurer (SPD) sowohl Manfred Rapp (CDU) als auch Jörg Fechner (AfD) die zweite Wortmeldung abschneidet, aber Annette Thiergarten (Grüne) reden läßt, verstößt sie im Wortlaut gegen die mit ihrer eigenen Stimme verabschiedete Geschäftsordnung.

Dank an die Macher von kreuznachgehoert.de

Sie selbst macht also genau den Fehler, den sie anderen vorwirft. Leider kein Einzelfall. Der vorstehende Kommentar wäre ohne kreuznachgehoert.de nicht möglich gewesen. Denn alle vorstehend festgehaltenen Details hätte ich nicht während der laufenden Sitzung erfassen und festhalten können. Und zumindest in den letzten 42 Jahren, in denen ich das übersehen und beurteilen kann, wurde eine solche Arbeit hier in und für Bad Kreuznach – vielleicht aus diesem Grund – noch nicht erbracht. Daher auch heute noch einmal einen Dank an Marc Bremmer, Yuliyan Ilev und deren Unterstützer*Innen, die mit ihrem ehrenamtlichen Engagement das Nachhören von Stadtrats- und Ausschußsitzungen ermöglichen. Es lohnt sich immer, da mal reinzuhören: https://kreuznachgehoert.de