Land bietet “Sommerschule” – Stadt und Kreis haben die Arbeit

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Der aus Städtetag, Gemeinde- und Städtebund, Landkreistag und Bildungsministerium bestehende Berg kreiste. Das Mäuschen hört auf den Namen “Sommerschule”. In wohlgesetzten, schlauen Worten lassen sich rheinland-pfälzische Spitzenfunktionäre unter der lakonischen Überschrift “Vereinbarung” am 24. Juni über “Chancengerechtigkeit”, die “Förderung junger Menschen” und die “Vermeidung von Benachteiligungen” aus. Und beschreiben die “Förderung der Kernkompetenz in Deutsch und Mathematik” und die “allgemeinen sozialen Kompetenzen der Kinder” als hehre Ziele. Für Schülerinnen und Schüler der 1. bis zur 8. Klasse.

Wie wenig ernst diese Zielbeschreibung gemeint ist, wird deutlich, wenn die dafür zur Verfügung gestellten Mittel benannt werden: “Insgesamt stehen für die Sommerschule RLP 500.000 Euro zur Verfügung” teilt das Bildungsministerium verschämt auf seiner Homepage mit. Zum besseren Verständnis: das sind rund 12 Cent je Einwohner*In. Oder umgerechnet in Unterrichtsstunden: 15. Je drei Stunden an einem Tag, fünf Tage in einer Woche. Für diese drei Stunden müssen die Eltern ihre Kinder zur jeweiligen Schule bringen. Denn die “Sommerschule” findet in den Sommerferien statt (in der letzten oder vorletzten Ferienwoche, also vom 3. bis 7. August oder vom 10. bis 14. August 2020). Da fährt der Schulbus nicht.

Die in gestelzten Worten beschriebene Sonderförderung (corona.rlp.de/fileadmin/bm/Bildung/Corona/2020-06-15_Vereinbarung_BM_KSV_unterzeichnet.pdf) wird natürlich nicht vom regulären Lehrerstamm unterrichtet. Der hat ja Urlaub, um sich von den unterrichtsfreien Wochen und Monaten während des Corona-Shut-Downs zu erholen. Ohne Schamröte im Gesicht verbreiten die Verantwortlichen, welches pädagogische Spitzenpersonal sie für die Herkulesaufgabe gewonnen haben: “Dieser wird angeleitet von Lehramtsstudierenden, Lehramtsanwärterinnen und -anwärtern, Lehrkräften und pädagogischen Personal, pensionierten Lehrkräften sowie älteren Schülerinnen und Schülern, die dafür vorher geschult werden”.

Ausreichende Getränke sind mitzubringen

Über das, was die Kinder mitzubringen haben, gibt es klare Vorstellungen: “Das Mäppchen mit Stiften und Papier zum Schreiben, am besten einen großen karierten Block. Eventuell eigene Lernmaterialien, bspw. Aufgaben, die die Lehrerinnen und Lehrer für die Ferien zusammengestellt haben, oder Arbeitshefte, an denen Ihr Kind gerne weiterarbeiten oder aus denen es etwas wiederholen möchte. Ausreichend zu trinken und ein Pausenbrot. Sonnencreme und/oder eine Kopfbedeckung für die Pausen oder falls die Sommerschule im grünen Klassenzimmer stattfindet”. Mit Verlaub gesagt: Kinder und Eltern, die all das verstehen, brauchen die “Sommerschule” nicht.

Ministerium füllt …

Aber da unter dem Begriff “Bildung” ja alles gemacht werden darf – und auch von der “Sommerschule” keines der Kinder dümmer wird – gibts eben das Angebot. Auch in Bad Kreuznach. Und gerade vor Ort wird deutlich, wie schlank der Fuß ist, den sich die “Vereinbarungs”-Schlauberger, insbesondere das Ministerium, machen. In den Erläuterungen aus Mainz heißt es: “Die Kommunen stellen dabei die Gebäude, das Ministerium für Bildung füllen sie mit Inhalten”. Mal ganz davon abgesehen, dass dieser Satz bei keinem Deutschlehrer kritiklos durch gehen dürfte. Die von den Kommunen und betroffenen Schulleitungen tatsächlich zu erbringenden Leistungen werden vom Land in einer geradezu unerträglichen Weise kleingeredet.

Schlosser dankt Schulleiterinnen

Schuldezernent Markus Schlosser ist den Schulleiterinnen der beiden teilnehmenden Grundschulen in Bad Kreuznach, dies sind Dr.-Martin-Luther-King und Hofgartenschule, “für die Mehrarbeiten ausserordentlich dankbar”. Und seinem Mitarbeiterstab um Amtsleiterin Grit Gigga. Denn der vor Ort zu erbringende Aufwand ist erheblich. In den Sommerferien sind nämlich die Schulgebäude nach der zu Beginn durchgeführten Grundreinigung verschlossen. Um die “Sommerschule” betreiben zu können, muß vom Hausmeister bis zur Zusatzreinigung danach alles organisiert werden. Genau diese Probleme müssen auch im Kreis gelöst werden.

Der bietet neben den Räumen in der Bad Kreuznacher Crucenia Realschule plus (Ringstr. 112) auch in Langenlonsheim (Sonnenberg Realschule plus), Stromberg (IGS Stromberg), Kirn (Gymnasium), Bad Sobernheim (Disibod Realschule plus) und Hargesheim (Alfred-Delp-Schule)
“Sommerschule” an. Wie “gut” das Land die Sommerschulen vorbereitet hat, können Besucher*Innen der entsprechenden Infoseite (bm.rlp.de/de/sommerschule) selbst beurteilen. Auf der Seite für Eltern wird angeboten: “Hier finden Eltern und Sorgeberechtigte Antworten auf alle Fragen rund um die Sommerschule Rheinland-Pfalz. Wichtige Dokumente. Und dann zwei Links.

Der eine lautet: “Brief an Eltern und Sorgeberechtigte / Bedarfsabfrage”, der andere “Brief an alle Eltern in anderen Sprachen”. Passend zur Bildungsmisere und schön veranschaulichend, wer für diese verantwortlich zeichnet, kann das “wichtige Dokument” auf “Albanisch, Arabisch, Englisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Kroatisch, Kurdisch, Portugiesisch, Russisch und Türkisch” nachgelesen werden. In deutscher Sprache nicht. Denn der Link dazu funzt nicht …