Finanzpolitischer Amoklauf der SPD

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unseren Redakteur
Claus Jotzo

Drei Minuten stehen Holger Grumbach oder Dr. Claudia Eider heute im Stadtrat als Redezeit zum Stadthaushalt 2020 zu. Auf die möchte die sozialdemokratische Fraktions-Doppelspitze “gerne verzichten”. Denn das wäre ja nur “Schaulaufen”. Etwas ganz anders sind natürlich aus Sicht von des dynamischen Duos die Änderungsanträge zum Etat, die die SPD-Stadtratsfraktion einbringen möchte. Und deren Diskussion weitaus mehr Zeit kosten würde. Allesamt bezogen auf Punkte, für die SPD-Ausschußmitglieder in früheren Sitzungen gestimmt haben. So die 10%-Kürzung bei den Freiwilligen Leistungen. Oder die Kürzung von 500.000 Euro beim vom Stadtbauamt geführten Gebäudemanagement.

Keine Tarnung mit “Corona”

Auch bei den Einsparungen bei den Salinen innerhalb weniger Wochen eine Teilkehrtwende der SPD. Die ihrer Position beim Jugendamt treu bleibt. Ohne jede Einschränkung positiv festzuhalten ist, dass die Sozialdemokraten ihren finanzpolitischen Amoklauf nicht mit dem Wort Corona zu tarnen versuchen. Respekt dafür: die Seuche wird nicht als Grund für die Flucht aus der Verantwortung mißbraucht. Allerdings sind Insider schockiert von der Ahnungslosigkeit über die Stadtfinanzen, die in der Presseerklärung der SPD-Fraktion zum Ausdruck kommt. Von jemandem, der selbst zehn Jahre im Finanzausschuß mitgearbeitet hat, hier die Darstellung der zwei krassesten Falschbehauptungen:

14 Millionen zuviel gerechnet …

“Für 2018 steht ein satter Gewinn von € 31,7 Mio.” behaupten Dr. Eider und Grumbach. Obwohl jede des Lesens kundige Person auf der Stadtseite bad-kreuznach.de nachlesen kann, dass in dieser Summe rund 14 Millionen Euro Gewerbesteuer enthalten sind, deren Vollstreckung von der zuständigen Finanzbehörde ausgesetzt wurde. Ob davon jemals ein Cent kassenwirksam wird, ist vollkommen offen. Und dann behauptet die SPD-Fraktions-Doppelspitze: “darin enthalten sind auch noch circa € 40 Millionen Abschreibungen, die die Summe, die für Investitionen in die Stadt zur Verfügung standen, auf fast €100 Millionen wachsen lässt”.

… und dann noch einmal 20 Millionen

Eine peinliche Milchmädchenrechnung. Denn wenn investiert wird, gibt es fast immer Zuschüsse pp von Dritten. Diese sind im Gegenzug aufzulösen. Im von der SPD angegeben Zeitraum handelt es sich dabei um etwa 20 Millionen Euro. Was den von Grumbach/Dr. Eider behaupteten Saldo nahezu halbiert. Natürlich sind in dem SPD-Papier (das die SPD-Stadtratsfraktion der Redaktion dieser Seite übrigens nicht zur Verfügung gestellt hat …) weitere Fehler enthalten. Aber wer sich einfach mal so auf die Schnelle um über 34 Millionen Euro verrechnet, legt damit unfreiwillig offen, dass er von Kommunalfinanzen keinerlei Ahnung hat.

Im Wortlaut:

SPD Presseerklärung zur geplanten Verabschiedung des Haushaltsin der Stadtrats-Sitzung am 25.06.2020

Die SPD Fraktion im Stadtrat bedauert es sehr, dass die Stadt Bad Kreuznach noch immer keinen verabschiedeten Haushalt für 2020 hat und möchte noch einmal ganz deutlich darauf hinweisen, dass die SPD – und auch die Linken – im Finanzausschuss bereits gerne im November 2019 in die Beratungen gegangen wären, um den Haushalt zu verabschieden. Zudem würden wir gerne, auf die aus unserer Sicht nicht zielführenden Haushaltsreden im Stadtrat verzichten. In nur drei Minuten über einen Haushaltsplan zu reden, der in diesem Moment schon gar nicht mehr der Haushalt sein kann, den der Stadtrat am Donnerstag beschließt, kann nur ein Schaulaufen der politischen Gruppierungen im Rat sein. Keiner von uns weiß genau wie hoch die Einnahmeausfälle in den nächsten Monaten für die Stadt sein werden. Keiner weiß genau wie viel die Gemeinden als Ausgleich vom Bund bekommen werden. Aber eins wissen wir ganz genau:

Sollte der Haushalt genehmigt werden, dann brauchen wir spätestens im Herbst einen Nachtragshaushalt. Die SPD Fraktion wird diesem Haushaltsentwurf so nicht zustimmen. Eine pauschale Kürzung der freiwilligen Ausgaben um 10 %, wie vom Finanzausschuss beschlossen, bedeutet das aus für viele Errungenschaften in unserer Stadt. 800.000 € zu sparen in einem Bereich, der insgesamt nur ein Einsparpotenzial von insgesamt 2 Millionen € hat, ist unverantwortlich. Dies betrifft so wichtige Bereiche wie die gesamte kulturelle Landschaft in der Stadt, die Volkshochschule, die sozialen Verbände, das Frauenhaus, das Haus der Senioren, den öffentlichen Nahverkehr, die Kinder- und Jugendarbeit, die Mühle, den Umweltschutz und Klimaschutzaktionen, die Förderung des Radverkehrs, die Pflege unserer Park- und Gartenanlagen und noch vieles mehr. Auch die pauschalen Einsparungen im Gebäudemanagement von € 500.000 treffen nur die ungebundenen Ausgaben. Dazu gehören wichtige Reparaturmaßnahmen an unserem Feuerwehrhaus, an unseren Grundschulen, die dringend gemacht werden müssen, um die Gebäude zu erhalten.

Unsere Schulen, die Straßen und Gehwege, die Fahrradwege, vieles wird nur notdürftig geflickt und kann bei einer derartigen Kürzung nicht richtig erhalten werden. Mitten in unserer Stadt steht unser Wahrzeichen, das Brückenhaus. Es kann nicht sein, dass wir kein Geld zur Verfügung haben, um uns das Symbol unserer Stadt zurück zu kaufen, gleichzeitig kaufen wir aber ein altes Sparkassengebäude in Winzenheim, obwohl ein Verein, der tolle Nachwuchsarbeit macht, dieses Gebäude gerne kaufen würde und deshalb hier gar keine Not besteht. Auch fehlt in der Finanzplanung eine Aufstellung der Kosten für den Umbau des Gebäudes und eine zwingend notwendige Folgekostenberechnung. Zwei der sechs Gradierwerke im Salinental, einer unserer bestenTrümpfe im Bereich Touristik, sollen zurückgebaut und abgerissen werden? Das größte Freiluftinhalatorium Europas, das leider kaum einer kennt, soll zu einem Teil abgerissen werden? Bevor das passiert, müssen alle Möglichkeiten der Vermarktung ausgeschöpftund auch noch mehr Fördermöglichkeiten geprüft werden.

Ja, warum nicht die Werbetafel am Frankfurter Hauptbahnhof, die Besucher ins Salinental lockt? Eine sehr gute Jugend- und Familienpolitik, die im Kreis und in der Stadt in den letzten Jahren hervorragend geleistet wurde, soll aufs Spiel gesetzt werden. Einen wesentlichen Standortfaktor für den Zuzug junger Familien wollen wir einfach abgeben? Selbst die Fachleute warnen uns davor, weil es im Endeffekt für die Stadt und den Kreis teurer kommt. Der Kreisjugendausschuss hat hier noch einmal die Initiative ergriffen, damit sich der Kreis und die Stadt endlich zusammensetzen, um für beide Seiten eine akzeptable Lösung zu finden. Die SPD unterstützt dieses Anliegen im Sinne der Jugendlichen, der Familien und der Mitarbeiter beider Jugendämter sehr und hofft auf baldige Ergebnisse. “Geld regiert die Welt“ Diese Behauptung trifft scheinbar in den letzten Jahren insbesondere auf Bad Kreuznach zu.

Der Finanzausschuss regiert die Stadt, an der Spitze der Kämmerer Wolfgang Heinrich, der keinen Euro zu viel in diese Stadt investieren will. Liegt es vielleicht daran, dass er, wie er selbst immer betont, kein Kreuznacher ist und vielleicht nächstes Jahr schon wieder weg ist? Finanziell kann Herr Heinrich dann zwar eine tolle Bilanz vorlegen, aber die Stadt hinterlässt er dann in vielen Bereichen als Sanierungsfall. Dabei ist in den letzten Jahren doch immer genug Geld da gewesen, obwohl es immer hieß, „wir kriegen keinen Haushalt genehmigt und wir haben kein Geld“. Hier ein paar nackte Zahlen, die das Gegenteil beweisen: in den Jahren 2015-2018 hat die Stadt im Ergebnis-Haushalt folgende Gewinne erzielt: 2015 € 8,5 Mio., in 2016 sogar € 15,1 Mio., im Jahr 2017 € 4,5 Mio.und im vorläufigen Ergebnis für 2018 steht ein satter Gewinn von € 31,7 Mio..

Das macht allein in diesen vier Jahren einen Gesamtgewinn von circa € 60 Millionen! Darin enthalten sind auch noch circa € 40 Millionen Abschreibungen, die die Summe, die für Investitionen in die Stadt zur Verfügung standen, auf fast €100 Millionen wachsen lässt. Der Stadtrat darf sich nicht zur Geißel des Finanzausschusses machen lassen. Wir müssen Bad Kreuznach weiter entwickeln und gerade jetzt in der Krise heißt es antizyklisch in unsere Stadt zu investieren. Nur so können wir dann auch wieder in guten Zeiten den ein oder anderen Euro für die nächsten Generationen sparen. Für die SPD-Fraktion im Stadtrat Dr. Claudia Eider Holger Grumbach Fraktionsvorsitzende