Elle und Rolf Schaller: Salinen sind identitätsstiftend und als Werbeträger unentbehrlich

Zum Presse-Kommentar des Kämmerers Wolfgang Heinrich (diese Seite berichtete) und zur Kritik an dessen Vorschlag, die Gradierwerke 5 und 6 verfallen zu lassen, haben die Eheleute Elle und Rolf Schaller nachstehende Erklärung abgegeben:

“Die Saline Karlshalle wurde Anfang der 1730er Jahre, die benachbarte Theodorshalle ca. 10 Jahre später errichtet. Die verbliebenen Gradierhäuser im Bad Kreuznacher Salinental sind historische Industrie-Denkmäler. Die fast 300 Jahre alte Anlage ist auch in ihrer heutigen Reduzierung weltweit einzigartig. Aber nicht nur das: Die Salinen sind für Bad Kreuznach identitätsstiftend und sowohl als Werbeträger wie auch als Bestandteil der Kur und des Tourismus für die Badestadt unentbehrlich. Nicht umsonst bewirbt die GuT das Salinental als „größtes Freiluftinhalatorium Europas.“ Gerade das Gradierwerk 6 an der Sportplatzzufahrt ist eines der schönsten überhaupt. Es befindet sich – etwas verkürzt – in weitgehend ursprünglichem Zustand und ist bereits von der B 48 aus zu sehen. Wanne und Tragekonstruktion bestehen ausschließlich aus Holz, die Bruchsteinpfeiler stammen noch aus dem 18. Jahrhundert. Erst 2012 hat man es aufwendig restauriert und dabei glücklicherweise keinen Beton eingesetzt.

Die Antwort des Kämmerers beginnt – nach einem Lobgesang auf das Salinental, den wir ihm nun wirklich nicht abnehmen können – mit der Feststellung, Bad Kreuznach habe „neun Gradierwerke“. Wir zählen allerdings nur sieben: eines bei der Karlshalle, fünf bei der Theodorshalle und das Gradierwerk West im Bad Münsterer Kurpark. Die beiden bedornten Gestelle am Zerstäuber im Bad Kreuznacher Kurpark als Gradierwerke zu bezeichnen, halten wir doch für etwas vermessen. Man erkennt die Absicht und man ist verstimmt: Damit soll der Abbruch von zwei Gradierwerken relativiert werden. Denn nichts anderes bedeutet es, wenn man die Berieselung einstellt. Der Verfall ist unumkehrbar und beginnt schon nach wenigen Monaten. Außerdem hat man bisher noch immer so argumentiert, wenn ein weiteres Gradierwerk niedergelegt wurde.

Noch mehr erstaunt uns der Hinweis auf die Budgetierung. Richtigerweise wird darauf hingewiesen, dass der Stadtrat (lobenswerterweise gegen den erklärten Willen des Kämmerers) bereits mehrfach beschlossen habe, „die Salinenanlagen im jetzigen Zustand zu erhalten“. Dann wird der Stadtratsbeschluss von 2012 angeführt, die „Kapitalzuführung an die GuT bis 2027 auf dem Niveau von 2012 einzufrieren“. Aber wer hat dieses „Strategische Gesamtkonzept zu Kernaufgaben, Aufgabenerfüllung und Zielen der GuT“ eingebracht? Niemand anderer als Kämmerer Heinrich selbst. Damals leistete sich die TuM (GuT) übrigens noch zwei Geschäftsführer. Aber wieso eine Deckelung für einen bestimmten Fachbereich über 15 Jahre (in Worten fünfzehn Jahre) rechtlich überhaupt möglich ist und jetzt zwangsläufig zum Abriss von zwei Gradierwerken führen muss, erschließt sich uns nicht. Und der schleichende Abriss hat schon begonnen: Die 2010/2011 für hunderttausende von Euro sanierten Wasserräder und Gestänge rotten bereits still vor sich hin.

Leider hat – was früher absolut tabu war (O-Ton Heinrich: „Ich bin kein Kreuznacher. Ich kenne keine Tabus“) – auch die Bebauung im Salinental erheblich zugenommen, wie z.B. durch das neu erschlossene Wohngebiet beim ehemaligen Predigerseminar. Auch die Bäder in den Stadtteilen Bosenheim und Bad Münster sind Heinrich ein Dorn im Auge, weil sich der millionenschwere Badneubau zwischen den Gradierwerken wohl sonst nicht rechnet. Noch können die Bürger ihre Schwimmbäder, die bereits überwiegend von Bürgerinitiativen getragen werden, fußläufig erreichen. Aber das wird, wenn es nach ihm geht, bald vorbei sein. Dann müssen alle mit dem Auto ins Salinental kommen. Und das bedeutet noch mehr Verkehr, noch mehr Parkplätze, noch schlechtere Luft. Zu Beginn der Schwimmbad-Planungen wurde behauptet, es sei kein zusätzlicher Parkraum notwendig. Nun steht ein Verkehrskonzept für 4,6 Millionen € zur Diskussion, mit dem u.a. das Parkplatzangebot erheblich erweitert und sogar ein Kreisel an der Schwimmbadzufahrt erforderlich sein soll. Die dafür von der Stadt zu erbringende Eigenleistung beträgt 2,25 Millionen!

Schließlich wird vorgeschlagen, für die kommenden zehn Jahre einen Vertrag zwischen wem auch immer abzuschließen, der den Abbruch weiterer Gradierwerke verhindern soll. Da eine Sanierung nach eigenem Bekunden erst „nach Ablauf von 15 Jahren erforderlich ist“, heißt das nun überhaupt nichts und was Verträge wert sind, zeigt sich beim Vertrag der Stadt mit dem Stadtteil Bosenheim bezüglich des dortigen Schwimmbads. Dieser Vertrag ist laut Herrn Heinrich „schon so alt, dass er heute keine Gültigkeit mehr hat.“

Das gesamte Salinental ist nach dem Denkmalschutz- und Denkmalpflegegesetz Rheinland-Pfalz von 1978 (DSchPflG) als „kennzeichnendes Gebiet“ und das Gradierwerk 6 als „Einzeldenkmal“ geschützt. Warum versucht man nicht, Gelder zur Denkmalpflege vom Land oder der EU zu requirieren? Dazu müsste man allerdings die Denkmäler erhalten und nicht abbrechen. Selbst beim Bau einer trivialen Fischtreppe am Ellerbach hat die EU 90 % der Kosten übernommen. Aber Kämmerer und Finanzausschuss haben den Abbruch der Salinen 5 und 6 schon längst beschlossen. Die Landesdenkmalpflege gedenkt man noch bei „der Art der Landschaftgestaltung nach dem Abbau“ einzubeziehen.

Ein weiteres wichtiges Thema ist bei den bisherigen Diskussionen völlig außer acht geblieben: Die Corona-Krise lenkt derzeit von einer gewaltigen, weiteren Krise ab, der Klima-Krise. Das Salinental ist für das Kleinklima der Stadt angesichts der zu erwartenden, immer heißer werdenden Sommer für die Bewohner geradezu lebenswichtig (siehe Klimabericht RLP 2007). Bei den im Sommer vorherrschenden Westwinden tragen die Salinen erheblich zu erträglicheren Temperaturen in der Stadt bei, und das ist, wo die Deutschen nun wieder zu Hause Urlaub machen, auch ein touristisches Pfund, mit dem es zu wuchern gilt.

Bei dem derzeitigen Zinssatz von 0 % ist die Behauptung „dafür haben wir kein Geld“ kein Argument. Vielmehr gilt es, die richtigen Prioritäten zu setzen. Soll das Geld weiterhin für die ungezählten Gutachten ausgegeben werden (siehe Alte Nahebrücke, Ost-West-Trasse, „Blaue Lagune“ am Ellerbach – dieser ist ein Mittelgebirgsbach, der zweimal im Jahr Hochwasser führt), die letztendlich alle im Papierkorb landen? Wozu haben wir eigentlich all die sachkundigen Fachleute in den Referaten? Wollen wir das Geld weiter in zusätzliche Straßen, Kreisel, Parkplätze investieren oder sollten wir uns doch nicht endlich der Nachhaltigkeit und dem Klimaschutz zuwenden? Herr Heinrich und sein Finanzausschuss können zum Glück nur Vorschläge machen, entscheiden muss allein der gewählte Stadtrat. Und von diesem, insbesondere von Ihnen, erhoffen wir uns eine Entscheidung zu Gunsten der Stadt und der Salinen.