Antonio Valentino: “ohne Öffnung im Mai werden viele nicht überleben”

Gastronomisch zu arbeiten war nicht so viel in den vergangenen Wochen. Die in seiner Trattoria gebotene gehobene Küche läßt sich nur aufwändig ausliefern. Antonio Valentino hat sich aus diesem Grund auf einen Abholservice beschränkt. Von 17 Uhr bis 20 Uhr. Es waren und sind seine treuen, teilweise jahrzehntelangen Stammkunden, die den “Lieferservice” selbst übernahmen. Und die Leckereien aus Dinos Küche nach hause schaffen. Was dem Mister vom “Ponte Vecchio” ermöglicht, sich auf seine Hauptaufgabe in der Krise zu konzentrieren: sein Team bei der Stange halten. So dient die Notöffnungszeit nicht nur der Aufrechterhaltung eines wenigstens rudimentären Kontaktes zur Kundschaft. Sondern hat eine hohe psychologische Bedeutung für die Mitarbeitenden.

“Wir arbeiten eben ein bißchen. So sieht unser Team sich regelmäßig”. Das hat allen gut getan: die Aufgaben und den darin innewohnenden Sinn durch einen totalen Shut-Down nicht ganz zu verlieren. Aber nicht nur im eigenen Haus hat Antonio Valentino viel geredet. Auch mit Berufskollegen. Und Entscheidern. Aus den Gesprächen mit anderen Gastronomen kennt er Extremsituationen. Valentinos Einschätzung: “ohne Öffnung im Mai werden viele nicht überleben”. Nicht nur aus finanziellen Gründen. Auch weil eine große Zahl seiner Berufskollegen von heute auf morgen einen wichtigen Teil ihres Lebensinhaltes verloren hat. “Es ist so, als ob man sich die Schulter bricht. Man kann nichts mehr so machen, wie zuvor.” Allerdings unter extremen Bedingungen.

Gespräche mit Entscheidern

Denn – um im Bild zu bleiben – hat sich derzeit nicht nur der Gastronom selbst eine schwere, handlungsbeschränkende Verletzung zugezogen, sondern ein Großteil der Mitmenschen im persönlichen Umfeld ebenfalls. “Jetzt muß der Blinde dem Lahmen helfen. Das stärkt den sozialen Zusammenhalt. Aber es ist hart. Und einige werden auf der Strecke bleiben”. So hat das Antonio Valentino in den vergangenen Wochen auch an Entscheider in der Politik kommuniziert, die er im Laufe der Jahrzehnte persönlich kennengelernt hat. Den gestern Abend von den Landeswirtschaftsministern abgestimmten Plan eines Zeitkorridors für eine gut beobachtete Öffnung in der Gastronomie kennt Valentino seit Tagen aus vielen Gesprächen. Und unterstützt ihn. Auch die Öffnung von Hotels für Touristen beim gleichzeitigen Verbot von Tagungen und Seminaren.

“Wieder zusammenkommen dürfen”

“Es geht nicht nur um den Unterhalt für eine Branche. Die Menschen müssen wieder zusammenkommen dürfen. Feiern, lachen, trauern, weinen. Vor allem gemeinsam”. Die in den Vorgesprächen ausgeheckte Idee eines hochprozentigen Staatszuschusses für die individuellen Fixkosten im Gegenzug für weiterhin geschlossene Restaurants, Kneipen und Cafes hat Antonio Valentino von Anfang an abgelehnt. “Wir Gastronome brauchen nicht dieses Geld. Unsere Gäste brauchen uns und unser Lokale. Und wir brauchen unsere Gäste.” Daher freut Valentino, dass sich bei den Wirtschaftsministern der Mut durchgesetzt hat. Und er fügt an: “hoffentlich bleibt das auch heute so im Gespräch der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin”. Enttäuscht ist Antonio Valentino vom Engagement der Verbände, die vorgeben die Gastronomie zu unterstützen oder gar zu vertreten. “Da wurden viele Sprüche gemacht und heiße Luft produziert, um in der Öffentlichkeit gut da zu stehen”. Wäre diese Energie in konstruktive Hintergrundgespräche investiert worden, “wäre für die Sache und die Betroffenen mehr erreicht worden”.