Untätigkeit des Ordnungsamtes verhindert Mehreinnahmen für die Stadtkasse

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Seit gestern gilt eine neue StVO-Novelle. Samt “angepasstem” Bußgeldkatalog. Focus.de schlußfolgerte: “viele klamme Gemeinden dürften sich schon über höhere Einnahmen freuen”. Andere sehen einen “Geldsegen für die Städte”. Zu recht. Denn viele Verstösse, etwa das Halten auf Rad- und Gehwegen, können nun mehr als doppelt so hoch bestraft werden. Also ausserhalb Bad Kreuznachs. In Bad Kreuznach werden nach wie vor an allen bekannten Falschparkerschwerpunkten Kontrollen vermieden.

Wir haben gestern drei Termine im Stadtgebiet wahrgenommen. Und die Zeiten für die Dokumentation der auf den dabei erforderlichen Wegen erkennbaren Parkverstössen minutengenau gestoppt. Mag sein, dass wir hier und daher weggeschaut haben. Und daher nicht alles gesehen haben. Immerhin sechs Verstösse konnten wir im Bild festhalten. Und das hat inklusive Anhalten, ordnungsgemäßém Parken, Aussteigen usw zusammen 17 Minuten gedauert (weil wir große Strecken in der Innenstadt zu Fuß unterwegs waren und so das Knipsen nicht lange aufhält).

In keinem “unserer” Fälle waren die Pkw mit einem der kleinen blauen Zettel ausgestattet. Auch wurde gestern kein Kfz im Auftrag der Stadt abgeschleppt. Fragen Sie doch gern mal bei der Stadt nach (oder in der Einwohnerfragestunde der nächsten Stadtratssitzung) wieviele Parkverstösse die “Knollenmäuschen” der Stadt am 28. April 2020 alle gemeinsam im zusammen Fünfzigfachen der Zeit geahndet haben (x 3 gerundet = 1 Stunde; zusammen 17 Arbeitsstunden auf der Strasse bei 9 Kräften, also etwa 2 Arbeitsstunden “auf Streife” am Tag).

In anderen Städten haben die Kontrollkräfte des ruhenden Verkehrs den ersten Tag des neuen Bußgeldkataloges genutzt, um flächendeckende Überwachungen durchzuführen. Deren Absicht: durch möglichst viele abgestrafte Verstösse ein Maxium an Falschparkern zu treffen. Und durch die hohen Strafen das Thema schlagartig bekannt zu machen, um Lerneffekte auszulösen. Diese Vorgehensweise erscheint nicht unplausibel. Wer etwa für den Döner beim Imbiss Gümüs 5 Euro zahlt – und für das Falschparken auf dem Gehweg 35 Euro drauflegen muß, wird spätestens nach dem zweiten oder dritten Döner dieser Art zum dem Schluß kommen:

Der Döner schmeckt genau so gut, wenn man auf dem 90 Meter entfernt gelegen Parkplatz am Kreisel Capri-Bar parkt – ist dann aber unfassbar billiger. In Bad Kreuznach wird bei weitem nicht im aufgrund der Personalausstattung möglichen und wegen des fortgesetzten rücksichtslosen Fehlverhaltens einiger Autofahrer*Innen nötigen Umfange kontrolliert. Der Stadtkasse und der Parken GmbH entgehen so hunderttausende von Euro.

Jahr für Jahr. Wenn ein Kinderspielgerät defekt ist, dass 4.000 Euro kostet, kann es nicht ersetzt werden, weil angeblich Geld fehlt. Dabei ist es da. In den Geldbeuteln und auf den Konten von Zeitgenossen, für die es ganz selbstverständlich ist, wegen einer Zeit- und /oder Fußwegersparnis für sie persönlich Leben und Gesundheit anderer Menschen zu gefährden. Den Verwaltungsleuten, die es noch immer nicht verstanden haben, sei klar gesagt:

Entweder ändert ihr jetzt etwas. Grundlegend. Oder ihr macht eure berufliche Zukunft abhängig von einem Zufall. Denn wenn an einer der Stellen, die wir seit über einem Jahr ins Bild setzen, ein Mensch zu Schaden kommt, weil ihr untätig wart, werden wir in einer Weise tätig werden, die ihr euch gar nicht vorstellen könnt. Natürlich – anders als ihr – rechtsstaatlich vollkommen korrekt.