Wertstoffhöfe ab heute mit vorheriger Terminvergabe geöffnet

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Bis heute früh galt an den vier Wertstoffhöfen das Windhundprinzip. Wer zu erst da war, kam vor den anderen dran. Das führte einerseits an den stark frequentierten Tagen zur Schlangenbildung vor den Toren. Aber im Ergebnis zu einer hohen Kundenzufriedenheit. Die Leute stellten sich immer wieder an. Was sich letztendlich in den angelieferten Mengen niederschlug. Dann brach Corona aus. Und Abfallbeigeordneter Hans-Dirk Nies (SPD) nutzte die Seuche, um unter dem Deckmänntelchen “Schutzmaßnahme für Mitarbeitende und Besucher” die Höfe zu schließen. Und damit ganz anders gelagerte Führungs- und Personalprobleme zu vertuschen. Wer schon einmal den Wertstoffhof am Kompostwerk beliefert hat weiß, wie lächerlich das Nies-Argument ist.

So leer wie in der vergangenen Woche präsentierte sich die Zufahrt zum Wertstoffhof auf dem Kompostwerk-Gelände vor der Schließung selten.

Perfekt distanziert standen die Autos da früher in einer Reihe. Die Erlaubnis zur Einfahrt wurde nicht etwa durch eine Person, sondern durch eine Ampel signalisiert. Die Kasse ist geradezu vorschriftsmäßig gegen eine Tröpfcheninfektion abgesichert. Und nicht einmal 20% der Anlieferer haben etwas zu bezahlen. Informationen gabs durch die Scheibe. Zudem die Wiederkommer fast alle eh wissen, wo was einzuwerfen ist. Und dabei hat es in der Vergangenheit kaum persönliche Kontakte mit dem Personal gegeben. Weil dies seine Anweisungen überwiegend seit jeher gern laut gerufen hat. In keinem Lebensmittelmarkt in Bad Kreuznach wurde seit Ausbruch des Virus auch nur eine einzige Sekunde so kontaktarm und mit Abstand gearbeitet, wie es auf dem Kompostwerkgelände über Jahrzehnte Praxis war.

Fernmündliche Terminvereinbarung zwingend

Trotzdem betonte Nies noch am 27. März in einer Pressekonferenz auf Frage dieser Seite, die Wertstoffhöfe würden erst wieder aufgemacht, wenn Corona im Griff ist. Kurz danach verabschiedete sich der Beigeordnete ins Home-Office. Und der Abfallwirtschaftsbetrieb tüftelte eine alternative Nutzungsordnung für die Wertstoffhöfe aus. Die wird seit heute praktiziert und sieht wie folgt aus. Zunächst darf nur Abfall angeliefert werden, der nicht gebührenpflichtig ist (um damit Kassengeschäfte und den damit verbundenen Zeitaufwand einzusparen). Der Zeitpunkt, zu dem angeliefert werden darf, muß vorab durch fernmündliche Terminvereinbarung festgelegt werden. Jedem Anlieferer stehen dann 10 Minuten fürs Abladen zur Verfügung. Je zwei werden zeitgleich auf das Gelände gelassen.

Sechs Testtermine vereinbart

Ganz egal, wie man zu dem Konzept des AWB steht: man kann effektive wie ineffiziente Lösungen gut oder schlecht umsetzen. Daher haben sechs Mitglieder der Redaktion dieser Seite für diese Woche Anliefertermine vereinbart. Elektroschrott, Plastikteile, Kleinmöbel – alles was eben derzeit entsorgt werden darf. Den Anfang macht unser Herausgeber Antonio Valentino heute Vormittag um 10.30 Uhr beim Kompostwerk mit Plastik- und Möbelteilen. Die Terminvereinbarung war zwar nicht einfach, weil in fünf von sechs Fällen mehrfach angewählt werden mußte, um eine Verbindung herzustellen. Dauerte aber auch nicht so lange, wie dies von geschäftsüblichen Hotlines leider alltäglich praktiziert wird. Die positive Überraschung dann im “Kundengespräch”. Kein genervtes Rumzicken.

673 Termine vergeben

In allen Fällen sehr sachlich vorgetragene Informationen. Insgesamt eine ruhige Gesprächsatmosphäre. Diesen Eindruck stützen auch die Erfahrungsberichte einer Reihe von Leser*Innen, die mit ihren Anrufen allesamt für diese Woche einen Termin bekamen. Und in fast allen Fällen zur Wunschzeit. Der AWB selbst stellt seine Erfahrungen in einer Presseerklärung wie folgt dar: “das Termintelefon des AWB war hierfür seit vergangenem Mittwoch „scharf“ geschaltet. Der AWB zieht für die ersten drei Terminierungstage eine positive Bilanz. 673 Termine wurden (Stand Freitag, 12.00 Uhr) vergeben. Diese verteilen sich auf die Wertstoffhöfe Bad Kreuznach (285), Bad Sobernheim (169), Waldlaubersheim (164) und Meisenheim (55).

10 bis 15% der Anrufe ohne Terminvereinbarung

Neben den Anrufen, die zu einer Terminvereinbarung führten, kam es zu rund 10 bis 15 Prozent weiterer Anrufe ohne folgende Terminvereinbarung. In der Regel handelte es sich bei den zu entsorgenden Abfällen um kostenpflichtige Güter, die – wie angekündigt – aktuell noch nicht auf den Wertstoffhöfen angenommen werden. Jedoch wurden die Anruferinnen und Anrufer über Möglichkeiten informiert, wie der Abfall entsorgt werden kann (etwa durch den Kauf der offiziellen und dafür zugelassenen Beistellsäcke für Tapetenreste oder Rasenschnitt, die neben die Rest- bzw. Biomülltonne gestellt und durch die reguläre Müllabfuhr abgeholt werden).

Wie hoch sind die Mehrkosten?

Die Resonanz der Anruferinnen und Anrufer war ebenfalls überwiegend positiv. Auch wenn derzeit eine Nutzung des Wertstoffhofs für den eigenen Abfall nicht genutzt werden konnte, stieß dies in aller Regel auf Verständnis”. Soweit die Darstellung der Kreisverwaltung. Möglich wurde die tatsächlich zügige Entgegennahme der Anrufe samt Terminereinbarung, weil der AWB zur Annahme der Anrufe unter der Rufnummer 0671/803-1980 auf bis zu neun Telefone weitergeschaltet hatte. Wie hoch der damit verbundene Personalmehraufwand sich in den Kosten niederschlägt, werden wir nach Abschluß der Corona-Sonderöffnungswochen ebenso in Erfahrung bringen, wie die Höhe der Mehrkosten durch verlängerte Öffnungszeiten. Unsere Berichte über die Erlebnisse beim Abliefern folgen.