Aufgespiesst: der Prinz Charles der Corona-Krise

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Kaum ein Stadtmensch hat im normalen Lebensalltag mit der Kreisverwaltung zu tun. Es sei denn Prostituierte, die zum Gesundheitsamt müssen. Oder Jäger. Wegen dem Jagdschein und der Waffenbesitzkarte. Die Corona-Krise hat den meisten erst deutlich gemacht, wie bedeutend die Behörde mit Sitz in der Salinenstrasse ist. Im Seuchen- und Katastrophenfall geht ohne den Kreis nichts. Es ist daher eine besondere Verantwortung, die in diesen Wochen auf der Kreisspitze lastet. Und in der Krise zeigt sich, dass frau dort weitaus besser auf Extremsituationen vorbereitet ist, als in der Stadt. Nicht nur, weil die erste Reaktion in der Stadt war: Dienstgebäude abschliessen und sich unter den Schreibtischen in Sicherheit bringen.

Stadtvorstand vollzählig im Büro

Während im Kreis weitergearbeitet wurde, trotzdem anfangs viele wirklich glaubten bei Covid-19 handele es sich um die elfte Plage (dabei ist die längst da: Smartphones …). Ein zweiter wesentlicher Unterschied: der Stadtvorstand ist, von gelegentlich eingestreuten Urlaubstagen abgesehen, durchgängig und vollzählig im Dienst. Da kaum miteinander geredet wird, liegt die Gefahr der Büroanwesenheit nicht in wechselseitiger Ansteckung. Sondern in den vielfältigen Infektionsmöglichkeiten, die laut Stadtverwaltung mit praktisch jedem Aufenthalt ausserhalb der eigenen Wohnung, auf dem Weg von und zur Dienststelle und im Bürgerkontakt verbunden sind. Daher ist es konkret möglich, dass alle drei Stadtvorstandsmitglieder erkranken und ausfallen. Der Hauptamtsleiter ist bereits seit letztem Dezember krankgeschrieben.

Hat sich ins Home-Office zurückgezogen, um voll da zu sein, wenn die Landrätin vom Virus befallen wird.

Die Stadt wäre dann vollkommen führungslos. Im Kreis ist das ganz anders. Dort hat Landrätin Bettina Dickes vorausschauend sichergestellt, dass die Verantwortungskette nicht reißt, wenn das Virus bei ihr zuschlägt. Und konnte das auch durchsetzen, weil im Kreisvorstand miteinander und nicht nebeneinander gewirkt wird. Um sicherzustellen, dass ein Spitzenwahlbeamter durchgängig zur Verfügung steht, hat sich Hans-Dirk Nies geopfert. Und ist aus seinem Büro im Kreishaus ins Home-Office umgezogen. Er verzichtet freiwillig auf Sozialkontakte und Teilnahme am normalen Leben, um für den Fall einer Infektion der Landrätin übernehmen zu können. Mitarbeitende und Insider sprechen bereits vom Prinz Charles der Corona-Krise. Und singen inbrünstig “God save the Queen”.